Die Arbeiterklasse muss wieder eine revolution�re politische F�hrung bekommen
Rede zum 1. Mai 1992
Der 1. Mai � Weltfeiertag der Arbeit, Kampftag der internationalen Arbeiterklasse und aller Entrechteten und Unterdr�ckten, hat in der Arbeiterbewegung eine doppelte Funktion: Auf Demonstrationen und in Kundgebungen fordern die arbeitenden Menschen weltweit von der Gesellschaft die Sicherung und die Ausgestaltung ihrer Lebensrechte, protestieren sie gegen Ausbeutung, Unterdr�ckung und Entrechtung, gegen imperialistische Kriegspolitik und f�r den Frieden.
In Veranstaltungen wie dieser hier versuchen wir, uns selbst Rechenschaft abzulegen �ber die Ergebnisse der Arbeit im seit dem vorigen 1. Mai abgelaufenen Jahr, versuchen wir, das Kr�fteverh�ltnis zwischen Kapital und Arbeit einzusch�tzen und � davon ausgehend � die Kampfpositionen f�r die bevorstehenden Auseinandersetzungen zu bestimmen.
Das in dieser Beziehung herausragende Ereignis war im letzten Jahr der Untergang der Sowjetunion. Mehr als 70 Jahre lang wurde der erste sozialistische Staat � hervorgegangen aus dem Feuersturm der Oktoberrevolution, gegr�ndet von Lenin, gefestigt und gegen den Faschismus verteidigt von Stalin � von fortschrittlichen Menschen in aller Welt als Hort des Friedens, Bastion gesellschaftlichen Fortschritts und feste Basis f�r den weltweiten Sieg des Sozialismus angesehen. Das war �ber Jahrzehnte hinweg selbst dann noch so, als mit der Aufgabe von Grundprinzipien des Marxismus-Leninismus auf dem XX. Parteitag der KPdSU 1956 der Erosionsprozess eingeleitet wurde, der mit unerbittlicher Konsequenz jetzt zur Liquidierung des Sowjetstaates gef�hrt hat.
Das Bekenntnis von Gorbatschow nach seinem Abgang als Generalsekret�r der KPdSU und Pr�sident der Sowjetunion: �Ich habe mein Lebenswerk vollbracht", ist entlarvendes Zeugnis der Verkommenheit der letzten F�hrungsspitze der KPdSU. Kennzeichnend f�r den Grad des politisch-moralischen Verfalls unter den leitenden Kadern der einstigen �Avantgarde des Weltproletariats" ist, dass im Aufruf der Putschisten vom August 1991 an die V�lker der Sowjetunion, dem letzten, kl�glich misslungen Versuch, das Ruder noch einmal herumzuwerfen, das Wort �Sozialismus" nicht vorkommt!
Untergang der Sowjetunion � Niederlage der internationalen Arbeiterbewegung
Konkret bedeutet der Untergang der Sowjetunion, dass die internationale Arbeiterbewegung zur�ckgeworfen ist auf den Stand von 1917 vor der Oktoberrevolution. Zwar gibt es noch das sozialistische Cuba und noch die sich selbst offiziell �sozialistisch" verstehenden asiatischen Volksrepubliken China, Korea und Vietnam, doch zu welchem Ergebnis die dort sich vollziehenden inneren Entwicklungen am Ende f�hren, bleibt abzuwarten. Nach j�ngster Erfahrung mit �Reformprozessen" in L�ndern des �real existierenden Sozialismus" ist jedenfalls �u�erste Zur�ckhaltung angebracht. Schlussfolgerung: Die revolution�ren Kr�fte in einer vom Imperialismus dominierten Welt stehen jeweils allein in ihrem Land den Ausbeutern und Unterdr�ckern gegen�ber. Und sie sind weitgehend isoliert voneinander, denn auch nur in Ans�tzen ist so etwas wie eine �Kommunistische Internationale" nicht erkennbar. �hnlich ist die Situation der Befreiungsbewegungen in der Dritten Welt, die jede f�r sich allein stehen.
Dieser deprimierende Zustand der fortschrittlichen Kr�fte in der Welt steht in krassem Gegensatz zu den Lebensnotwendigkeiten der Menschheit, f�r die es in absehbarer Zeit nicht nur ums Weiterleben, sondern ums schiere �berleben geht!
�Sinnlos treibt die Welt zum Abgrund", schreibt die f�hrende Wochenzeitschrift der Bundesrepublik, �Die Zeit", in der Ausgabe vom 13. M�rz 1992 einen langen Artikel auf der ersten Seite, in dem die Unf�higkeit der Herrschenden analysiert wird, die weltweiten �kologischen Probleme in den Griff zu bekommen. Der �K�lner Stadtanzeiger" stellt am 4. April 1992 die Frage: �Wird die Erde unbewohnbar wie der Mond? Die Frage beinhaltet eine Schreckensvision, sie ist aber mehr denn je berechtigt. Der so genannte zivilisierte Mensch zerst�rt in immer gr��erem Ma�e und immer rasanterem Tempo seine eigenen Lebensgrundlagen. In einem Bericht der UNEP, der Umweltinstitution der Vereinten Nationen, wird festgestellt, dass seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges �ber ein Zehntel der Erdoberfl�che � so viel wie China und Indien zusammen � zerst�rt worden sind und f�r die Nahrungsmittelproduktion ausfallen. In dem Report wird die Sorge dargelegt, dass mit einem Anwachsen der Weltbev�lkerung von gegenw�rtig 5,5 Milliarden Menschen auf bis zu zehn Milliarden bis zum Jahre 2050 der Mangel an landwirtschaftlich nutzbarer Fl�che zu einer weltweiten Nahrungsmittelknappheit f�hren wird."
Zus�tzlich zur �kologischen Umweltvernichtung w�chst die Kluft zwischen Armut und Reichtum
Aber nicht nur die �Grundlagen" menschlichen Lebens wie Luft, Wasser und Boden sind gef�hrdet. Das Menschengeschlecht selbst ist bereits in der eigenen Zerst�rung begriffen � von der Cholera in Latein- und Mittelamerika bis zu den Hunger- und Aids-Toten in Afrika, vom massenweisen Mord an so genannten Stra�enkindern in Brasilien bis zur weltweiten Ausbreitung der Drogenpest, der in einem so hochzivilisierten Land wie der Bundesrepublik im letzten Jahr �ber 2000 Menschen zum Opfer fielen. Die Dimension des Drogenproblems machte erst k�rzlich der bayerische Innenminister Stoiber mit seiner Aussage deutlich, der gesch�tzte Umfang des internationalen Drogenhandels mit achthundert Milliarden Dollar im Jahr �bersteige bereits den Umfang des �lgesch�fts! Im Hinblick auf den sich versch�rfenden Verelendungsprozess immer gr��erer Teile der Menschheit kommt die �Frankfurter Allgemeine Zeitung" in ihrem Leitartikel am 17. 12. 1991 zu dem Schluss: �Die Zahl der Armen auf der Welt entfernt sich immer schneller und immer weiter von der Zahl der Wenigen, die alles Lebensnotwendige haben und noch viel mehr: Das kann auf die Dauer nicht gut gehen. Immer mehr Arme werden versuchen, sich bei den Reichen notfalls mit Gewalt zu holen, was diese ihnen ihrer Meinung nach vorenthalten. Es wird ungem�tlicher auf der Erde. Die Zeichen sind �berdeutlich."
Doch, m�gen die Zeichen auch noch so deutlich sein und die Horrorvisionen noch so einpr�gsam �ber alle Bildschirme geistern, die Machthaber des Imperialismus erweisen sich aus der Profitlogik des kapitalistischen Systems heraus als unf�hig, dem Prozess menschlicher Selbstzerst�rung Einhalt zu gebieten. Der bekannte CDU-Politiker Heiner Gei�ler wies am Karfreitag dieses Jahres (gemeint ist 1992; d.Red) in seiner Gedenkrede f�r die Opfer des Nazi-Terrors im Dortmunder Rombergpark darauf hin, dass rund eine Milliarde Menschen mit weniger als einem Dollar pro Tag auskommen m�ssen und forderte zur Solidarit�t mit den Armen der Welt auf � aber die Bosse und Banker der Finanzmetropolen in den imperialistischen Zentren kassieren mittlerweile an Zinsen und R�ckzahlungen von Krediten den dreifachen Betrag, der an sogenannter �Entwicklungshilfe" von den reichen L�ndern an die Dritte Welt gegeben wird, wohl wissend, wie sehr durch solch brutale Ausbeutung das Massenelend dieser Regionen versch�rft wird. Das Profitsystem, dem sie dienen, macht die Bosse und Banker unf�hig, die ��berdeutlichen Zeichen", von denen in der FAZ die Rede war, zu verstehen.
Ein weiteres Beispiel: Um dem ��kozid" im Hinblick auf das Klima und die drohende Erw�rmung der Erdatmosph�re zu entgehen, darf unter keinen Umst�nden der Co2-Aussto� weiter steigen. Er muss sogar, trotz wachsender Weltbev�lkerung, reduziert werden. Und doch verweigert sich z.B. die imperialistische Hauptmacht, die USA, jedem Schritt in dieser Richtung. �Die Zeit" schreibt dazu in dem eingangs erw�hnten Beitrag: �Vor allem die Vereinigten Staaten blockieren im Vorfeld der Rio-Konferenz einen Kompromiss gegen den globalen Kollaps. Pr�sident Bush (Senior; d.Red.), der ansonsten gern von einer neuen Weltordnung redet, verweigert sich jeder neuen �kologischen Ordnung. Nicht einmal einer Begrenzung des Co2-Aussto�es mag er zustimmen."
Warum? Wei� man in den USA nicht um die Gefahren der �bers�ttigung der Erdatmosph�re mit Kohlendioxyd? Nat�rlich wei� man das auch dort sehr genau, aber, so urteilen die �Aachener Nachrichten" am 26. M�rz 1992 nach Bekanntwerden der US-amerikanischen Verweigerung: �Dem Wahlk�mpfer Bush steht das Wasser bis zum Hals, und das ist (noch) keine Folge schmelzender Polarkappen, sondern Ausfluss einer gr�ndlich verkorksten Wirtschaftspolitik. Aus blankem Opportunismus gegen�ber der Industrie blockiert Bush eine Konvention, deren Ansatz ja ohnehin schon bescheiden genug ist."
Im Klartext hei�t das: Im Interesse der Profitmacherei der gro�en Monopole werden systematisch Lebensgrundlagen des Menschen � Luft und Klima � zerst�rt. Zwingende Schlussfolgerung: wenn die Menschheit denn auch im n�chsten Jahrtausend eine Zukunft haben will, muss der Imperialismus gest�rzt, muss die Profitlogik als Organisationsprinzip der Wirtschaft durchbrochen werden!
Welche verheerenden Folgen die Einf�hrung der Profitlogik f�r eine Volkswirtschaft und die in ihr und von ihr lebenden Menschen mit sich bringt, das k�nnen wir in geradezu klassischer Form am Beispiel DDR studieren. Bis zum konterrevolution�ren Umsturz im Herbst 1989 nahm diese kleine DDR unbestritten den zehnten Platz in der Rangliste der Industrienationen der Welt ein.
Erich Honecker warnte vor der �Marktwirtschaft" und vor ihren Folgen
Dies wurde erreicht in jahrzehntelanger Arbeit unter in jeder Beziehung extrem schwierigen Bedingungen. In dem zum Teil kriegszerst�rten, rohstoffarmen Land, das praktisch allein die Last der Reparationen als Folge des verbrecherischen Hitler-Krieges zu tragen hatte, vollzog sich bei zun�chst offener Grenze gegen�ber einem von Anfang an feindlichen Nachbarstaat ein grundlegender, wahrhaft revolution�rer Umbruch.
Er hatte zum Ziel � und hier wiederhole ich ein Zitat aus meiner Rede zum 1. Mai im vergangenen Jahr -, was der b�rgerliche Philosoph und Soziologe Niklas Luhmann das �Jahrhundertexperiment einer ethischen Steuerung der Wirtschaft" nannte oder, wie es unser scharfer und kompromissloser ideologische Gegner, der erzreaktion�re Historiker Ernst Nolte, bezeichnete, �den gro�en und erst sehr allm�hlich in seinem Scheitern erkennbaren Versuch einer Verwirklichung des uralten Menschheitsgedankens des Sozialismus in Russland und den von Russland beherrschten und beeinflussten Gebieten der Welt". Dieser grandiose Versuch ist gescheitert. Es geht heute und hier nicht um die Ursachenforschung. Was man der ehemaligen F�hrung der DDR zu Recht oder zu Unrecht auch vorwerfen mag: Sie hat bis zuletzt, trotz der erkennbar gr��er werdenden �konomischen Zw�nge nicht versucht, Schwierigkeiten durch Abstriche am sozialen und kulturellen Standard der Werkt�tigen zu �berwinden. Es gab zahlreiche unbequeme M�ngel und Probleme im Alltag der DDR � aber dieser erste Arbeiter- und Bauernstaat auf deutschem Boden war und blieb bis zuletzt ein Sozialparadies mit hohem kulturellem Niveau f�r alle Bev�lkerungsschichten. In der Stunde der Bew�hrung reichte das Bewusstsein der Massen nicht aus, ihre ureigensten Interessen zu erkennen und zu verteidigen. Das Bewusstsein reichte nicht aus, obwohl den Menschen in der DDR damals klar und deutlich gesagt wurde, wohin das Abweichen von den Prinzipien des Sozialismus f�hrt.
So schrieb Professor Hans Luft in der DDR-Zeitschrift �Staat und Recht" in Nr. 5/87, also zu einer Zeit, da bereits Gorbatschows angeblich �Neues Denken" die Gem�ter der SED-Genossen verwirrte: �Von westlichen Ideologen wird den Menschen vorgegaukelt, dass sich hinter der Forderung nach
Erich Honecker f�hrte in seiner Rede zum 70. Jahrestag der Gr�ndung der KPD im Dezember 1988 aus: �Nein, eine Marktwirtschaft, wom�glich mit Arbeitsmarkt, wird es bei uns nicht geben, weil sie zum Privateigentum an Produktionsmitteln und damit zum Kapitalismus, zu seinem Wolfsgesetz zur�ckf�hrt."
Nun haben die Menschen seit der Annexion durch die einstige Bundesrepublik vor eineinhalb Jahren �Marktwirtschaft" � sprich Kapitalismus � und es ist alles genau das gekommen, wovor Professor Luft und Erich Honecker gewarnt hatten. Die Realit�t heute ist sogar viel schlimmer als irgend jemand sich das hat vorstellen k�nnen, wobei es mir leid tut, Erich Honecker und diesen Herrn Luft in einem Atemzug nennen zu m�ssen. Denn w�hrend Erich Honecker zu der Sache steht, die er sein Leben lang vertreten hat, hat sich der Herr Luft als ein Wendelump sondergleichen erwiesen, als einer jener intellektuellen Parasiten an der �Akademie f�r Gesellschaftswissenschaften beim ZK der SED", die heute die so genannte �soziale Marktwirtschaft" propagiert. Damit hat aber nichts zu tun, dass er 1987 in seinem Aufsatz �Staat und Recht" korrekte Ansichten vertreten hat. Die bitteren Tatsachen unserer Tage sind Beleg daf�r. Genau das ist eingetreten, was er f�r den Fall von �weniger Staat" und �mehr Markt" vorhergesagt hat. �Betriebsbankrotte"? Tausende Betriebe sind in k�rzester Zeit in den Ruin getrieben worden, einschlie�lich solcher, die unter DDR-Bedingungen rentabel gewirtschaftet haben. Das Ausma� der Katastrophe macht eine Meldung der FAZ vom 15. April 1992 deutlich, wonach die Besch�ftigung im verarbeitenden Gewerbe in Ostdeutschland im Januar mit 1,1 Millionen Mitarbeitern 47 Prozent geringer gewesen ist als 1991. Damit ist der Industriestandort �DDR" auf dem Weg in die Liquidation. �Arbeitslosigkeit?" Vierzig Jahre lang sorgte �sozialistische Misswirtschaft" daf�r, dass es dieses Erz�bel des Kapitalismus in der DDR nicht gab. Heute sind sogar der offiziellen Statistik nach 1,3 Millionen Menschen arbeitslos. Einschlie�lich der in Kurzarbeit und so genannter �Umschulung" Befindlichen sowie der in den Vorruhestand Gek�ndigten liegt die Zahl der Besch�ftigungslosen tats�chlich bei drei Millionen! Und sie w�re noch um ein paar Hunderttausend h�her, w�rden nicht so viele �Pendler" aus der DDR unter meist diskriminierenden Bedingungen in Westdeutschland und West-Berlin arbeiten.
�Die allerd�mmsten K�lber w�hlen ihre Schl�chter selber"
Arbeitslosigkeit ist entw�rdigend. Arbeitslosigkeit beraubt die Werkt�tigen des ersten Menschenrechtes, des Lebens Notdurft aus eigener Kraft zu erarbeiten � und das zu tun, ist die Voraussetzung aller anderen gesellschaftlichen Rechte! Millionenfache Arbeitslosigkeit � das war schon immer der Kn�ppel in der Faust des Kapitals, mit dem versucht wurde, die arbeitenden Menschen den Mechanismen der Ausbeutung gef�gig zu machen. Mauer, Stacheldraht und Staatssicherheit dienten auch dazu, die Menschen der DDR vor dem bitteren Schicksal der Arbeitslosigkeit zu bewahren!
Stichwort �Strukturkrisen". Nehmen wir das Beispiel Mecklenburg-Vorpommern an Hand von in der FAZ vom 9. April 1992 gemachten Angaben. Danach betr�gt die Arbeitslosenquote 17,7 Prozent. Werden aber die Arbeitslosen mit den durch die so genannten �arbeitsmarktpolitischen Ma�nahmen" Scheinbesch�ftigten, Vorruhest�ndler usw. zusammengerechnet, ergibt sich eine, wie es sch�nf�rberisch hei�t, �Unterbesch�ftigungsquote" von sage und schreibe 42 Prozent! Das hei�t, nahezu die H�lfte der erwerbsf�higen Bev�lkerung in Mecklenburg-Vorpommern lebt von �ffentlichen Hilfen, ist des Selbstwertgef�hls, das auf Einkommen aus eigener Arbeit beruht, beraubt. Allein in der Landwirtschaft, dem wichtigsten Wirtschaftszweig dieses Landes, haben 50.000 Menschen ihren Arbeitsplatz verloren. Drastisch treten die sozialen Folgen dieser Entwicklung in Erscheinung.
Die Kriminalit�t steigt steil an und es ist kein Zufall, sondern von Marxisten-Leninisten schon immer erkannte und behauptete Gesetzm��igkeit, wenn jetzt im �rmsten Land Mecklenburg-Vorpommern � bezogen auf die Einwohnerdichte � die h�chste Zahl von Straftaten von allen L�ndern im Annexionsgebiet gemeldet wird (FAZ, 15.4.92). All das zusammengenommen ist das keine �Strukturkrise" mehr � es ist eine strukturelle Katastrophe!
In dieser Situation setzen die �Volksvertreter" im Schweriner Landtag noch eins drauf und beschlie�en am 14. April die Entlassung von 4.000 Lehrern! Einen solchen Beschluss, der einem Verbrechen an der Jugend gleichkommt, fasst eine Mehrheit von Parlamentariern, die in �freien Wahlen" das �Vertrauen" ihrer W�hler erhalten hat. Wenn jemals, dann trifft hier das alte, b�se Wort zu: �Die allerd�mmsten K�lber w�hlen ihre Metzger selber". Mecklenburg-Vorpommern, das ist ein Musterbeispiel f�r den Kahlschlag-Kapitalismus der Kohl, M�llemann und der �Treuhand" im Interesse der Konzern- und Bankherren und der Junker aus der imperialistischen Bundesrepublik! Und zu dem von ihnen verursachten Elend der Menschen in der DDR f�gen sie noch den Hohn, indem sie diesen Zusammenbruch der �konomischen und sozialen Grundlagen im Annexionsgebiet in ihren Zeitungen einen �Akt der sch�pferischen Zerst�rung" nennen, nach einem Wort des �konomen Schumpeter, das von diesem in ganz anderem Zusammenhang gebraucht wurde.
Noch einmal Erich Honecker: �Nein, eine Marktwirtschaft, wom�glich mit Arbeitsmarkt, wird es bei uns nicht geben, weil sie zu Privateigentum an Produktionsmitteln und damit zum Kapitalismus, zu seinem Wolfsgesetz zur�ckf�hrt." Jetzt haben die Menschen der DDR Arbeitsmarkt, Privateigentum an Produktionsmitteln und damit Kapitalismus und es regiert dessen �Wolfsgesetz" � wobei diese Wendung eigentlich eine Beleidigung der W�lfe darstellt, denn niemals verhalten sich W�lfe untereinander so, wie die Menschen in der Ausbeutergesellschaft miteinander umgehen!
Wie sie miteinander umgehen, den �Gesetzen des Marktes" folgend, daf�r einige Selbstzeugnisse aus der b�rgerlichen Presse. So berichtet die �S�ddeutsche Zeitung", M�nchen, am 9. Januar 1990 mit der �berschrift �Vor Agrar-Kannibalismus gewarnt" �ber eine Sondersitzung des Arbeitskreises Landwirtschaft der CSU-Fraktion. Thema war der so genannte �Strukturwandel" in der Landwirtschaft, das hei�t, die Verdr�ngung kleinerer Betriebe, der seit 1949 in der BRD mehr als eine Million b�uerlicher Existenzen zum Opfer gefallen sind. Wie es in der �SZ" hei�t, warnte der Abgeordnete Martin Haushofer �vor einer Art Agrar-Kannibalismus, bei der ein Bauer den anderen auffrisst". Genau das ist seit Jahrzehnten die sozial-�konomische Realit�t in der BRD � und jetzt importieren die alten Junker und die neuen Agrarkapitalisten den �Agrar-Kannibalismus" in die DDR! Wohin das am Ende f�hrt, beschreibt der �Spiegel" in seiner Ausgabe15/92 unter der �berschrift �Ostbauern am Ende". 340.000 Besch�ftigte in landwirtschaftlichen Betrieben sind danach heute noch von einst 840.000 �briggeblieben � und mittelfristig werden, so der �Spiegel", ganze 40.000 � noch einmal, man glaubt es nicht: 40.000 - �brig bleiben!
Weiteres Beispiel: Am 10. M�rz 1990 brachte die �Frankfurter Allgemeine Zeitung" eine Reportage �ber einen mittelst�ndischen Fleischereibetrieb aus damals noch Karl-Marx-Stadt unter der �berschrift: �Die westdeutschen Konkurrenten werden wir die Rottweilerhunde sein." Diese �berschrift deshalb, weil der Meister im Hinblick auf die bevorstehende Konkurrenz aus dem Westen ge�u�ert hatte, die Fleischereibetriebe und �fabriken k�nne man nicht mit L�mmern vergleichen. W�rtlich sagte er: �Das sind Rottweiler", und charakterisierte damit treffend die im Kapitalismus �blichen Gesch�ftspraktiken, vor denen der Mittelstand der DDR dank der auf das Wohl der ganzen Gesellschaft ausgerichteten sozialistischen Wirtschaftspolitik der SED vier Jahrzehnte bewahrt geblieben war!
Drittes Beispiel: Am 31. Januar 1992 �u�erte sich in der in Berlin erscheinenden �Neuen Zeit" der Landrat des Kreises Finow zur Zukunft des Walzwerkes Niederfinow, das in seiner Existenz ebenfalls gef�hrdet ist. Er erkl�rte, die westdeutschen Unternehmer verhielten sich �wie die Haie". Sie warteten ab, bis ein Betrieb in den Bankrott gewirtschaftet ist und �schneiden dann die Filetst�cke heraus".
Am Sonntag humanistische Phrasen � wochentags das �Wolfsgesetz"
So sieht das eben in Wirklichkeit aus � unterm Glockengel�ut ihrer schw�lstigen Phraseologie ist an Sonn- und Feiertagen von Humanismus, Menschenrechten und der �Wirtschaftsethik im christlichen Abendland" die Rede! Und in der Woche, wenn es im kapitalistischen Alltag um Profite geht, dann praktizieren die gleichen Leute den �Agrar-Kannibalismus", f�hren sich als Konkurrenten auf wie �die Rottweiler" und �die Haie" � Ausdruck daf�r, dass jetzt eben das �Wolfsgesetz des Kapitalismus" herrscht, vor dem Erich Honecker warnte!
In den angef�hrten Beispielen wird die nackte, menschenfeindliche Brutalit�t der Profitgesellschaft, die jetzt �ber die DDR hereingebrochen ist, beim Namen genannt. Der von vielen ihrer B�rger tats�chlich so erlebte �Rausch der Einheit" ist verflogen � und das sogar im ganz trivialen Sinne des Wortes. Denn in den so genannten �neuen Bundesl�ndern" wurde 1991 nur noch halb so viel Bier getrunken wie 1990! (FAZ, 30.1.92). Selbst die Banane, Symbolfrucht des Kniefalls vor bundesdeutschem Konsumglanz, wird im Zeichen der EG erheblich teurer werden. Die Arbeitslosen haben jetzt zwar gen�gend Zeit, aber eben kein Geld, um auf Mallorca Urlaub zu machen � und sogar die 100 DM schmutziges �Begr��ungsgeld" sind l�ngst aufgebraucht! Was nun?
Angriff der Kapitalistenklasse auf die Werkt�tigen in Ost und West
Die Arbeiterklasse in ganz Deutschland steht mit dem R�cken zur Wand, vor sich den Abgrund einer drohenden gro�en �konomischen Krise des Kapitalismus. Durch den Zusammenbruch der DDR und des ganzen sozialistischen Lagers haben sich die Kampfbedingungen entschieden verschlechtert. Massenarbeitslosigkeit als Folge der Annexion der DDR ist ein Trumpf in der Hand der Monopolherren. Diese Trumpfkarte wird ganz gezielt ausgespielt. Im Hinblick auf die laufenden Tarifk�mpfe ist es kein Zufall, wenn j�ngsten Meldungen zufolge die BRD vor �der gr��ten Rationalisierungswelle ihrer Geschichte steht", durch die zwei bis drei Millionen Arbeitspl�tze gef�hrdet werden. Die Automobilindustrie macht bereits ganz konkret den Anfang. Am 28. 4. 1992 berichtet die �Recklingh�user Zeitung", Mercedes plane f�r die n�chsten zwei Jahre den Abbau von 20.000 Stellen. In der neuesten Ausgabe des �Manager-Magazin" hei�t es, der neue VW-Chef Pi�ch wolle 25.000 Jobs streichen. Der durch eine solche Entwicklung auf die arbeitenden Menschen ausge�bte Druck wird benutzt zu dem Versuch, die gigantischen Kosten der Annexion der DDR allein auf die werkt�tigen Massen abzuw�lzen. Die �TV-Vorsitzende Wulf-Mathies hat vorgerechnet, dass die Annahme des Schlichterspruches von 5,4 Prozent Lohn- und Gehaltserh�hung immer noch angesichts von Steuer- und Abgabenerh�hungen und einer Preissteigerungsrate von fast 5 Prozent einen Reallohnverlust bedeutet. Undenkbar - eine solche Kapitulation der Gewerkschaften zu Zeiten, als sich die BRD noch in der Systemkonkurrenz mit der DDR befand. Undenkbar - zu Zeiten des Bestehens der DDR, dass sich Bundeskanzler Kohl f�r eine Verl�ngerung der Lebensarbeitszeit auszusprechen gewagt h�tte! Und ebenso undenkbar, dass Vertreter der Unternehmerverb�nde wie Weiss oder Murmann einer Verl�ngerung der Wochenarbeitszeit �ber vierzig Stunden hinaus das Wort geredet h�tten oder der Notwendigkeit der Reallohnsenkung � denn nichts anderes bedeutet es, wenn Lohnerh�hungen lediglich an der Produktivit�tssteigerung orientiert werden sollen ohne Ber�cksichtigung der Inflationsrate. Und noch undenkbarer bei Weiterexistenz des Sozialstaates DDR die j�ngste Provokation von Regierung und Kapital � die Forderung nach Einf�hrung von Karenztagen bei der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall!
Ermutigt durch den Sieg �ber die als Staat �Deutsche Demokratische Republik" organisierten Arbeiter und Bauern, gehen die Monopolherren und die in ihrem Auftrag handelnde Kohl-Regierung jetzt zum Gro�angriff auf den Lebensstandard der Werkt�tigen und ihre schwer erk�mpften sozialen Rechte �ber. Von einer �Null-Runde" bei Lohn- und Gehaltserh�hungen reichen die unversch�mten Vorschl�ge bis zu einer Beteiligung mit einem Prozent vom Bruttoverdienst an den Krankheitskosten und der Wiedereinf�hrung von Karenztagen. Die uralte Klamotte vom �Investiv-Lohn" wird wieder ausgegraben, um den ohnehin Ausgebeuteten auch noch das Geld f�r �Investitionen in den neuen Bundesl�ndern" aus der Tasche zu holen.
Die ganze Unversch�mtheit solcher Ideen wird deutlich, wenn man wei�, dass laut Bundesbankbericht die westdeutschen Unternehmen nach fast zehn Jahren wirtschaftlichen Wachstums mehr als etwa 670 Milliarden DM liquide Mittel, d.h. frei verf�gbare Kapitalien angesammelt haben. Beispiel daf�r etwa der Siemens-Elektro-Konzern, der laut �S�ddeutsche Zeitung" vom 17. 1. 1992 bei einem Umsatz von rund 74 Milliarden DM so genannte �liquide Mittel" von �ber 18 Milliarden DM in seiner Bilanz ausweist! Allein die Finanzanlagen des Konzerns erbrachten daraus einen Ertrag von zwei Milliarden DM = 60 Prozent des Gesamtgewinns und damit mehr, als im Elektrogesch�ft verdient wurde!
Konzerne akkumulieren Kapital � Arbeiter sollen Investitionen durch Lohnverzicht bezahlen
Nat�rlich ist es nicht Siemens allein, wo das Geld auf solche f�r ein produzierendes Unternehmen parasit�re Weise verdient wird. Beim Stromlieferanten Bayernwerk AG M�nchen sind die liquiden Mittel im Verlauf eines Jahres sogar um eine Milliarde von 2,6 auf 3,6 Milliarden DM gestiegen � und das bei einem Umsatz von gut sechs Milliarden DM (FAZ, 23.4.1992). Geradezu �aus den Ohren" l�uft das Geld bei den �gro�en Drei" der Bankenbranche � Deutsche Bank, Dresdner Bank, Commerzbank -, die f�r das vergangene Jahr Rekord-Abschl�ssen meldeten. W�hrend Wirtschaft und Privatverbraucher �ber hohe Zinsen st�hnen, steigerte die Commerzbank z.B. ihren Gewinn um drei�ig Prozent, erh�hte die Deutsche Bank ihren Profit auf mehr als sechs Milliarden DM. Angesichts dieser Superprofite nehmen sich die Investitionen westdeutscher Unternehmen im Annexionsgebiet im letzten Jahr geradezu l�cherlich gering aus. Sie werden auf nicht mehr als 13 Milliarden DM gesch�tzt (Presseclub, WDR 5, 26.4.1992). �Rekordinvestitionen von deutschen Unternehmen im Ausland" meldet dagegen die FAZ am 13.4.1991. Das Kapital geht wie immer dahin, wo es sich �lohnt" � die gro�z�gig angek�ndigten Investitionen in der DDR sollen aus unserem Lohnverzicht finanziert werden.
Schon l�ngst im Gange ist ja die Auspl�nderung der Taschen der Werkt�tigen durch die gigantisch steigende �ffentliche Verschuldung. Laut Bericht der Bundesbank halten sich mittlerweile Bund, L�nder und Gemeinden mit von ihnen geliehenem Geld in H�he von 1,3 Billionen Mark � das sind eintausenddreihundert Milliarden DM! � finanziell �ber Wasser. Das ist ein Betrag, der nahezu der H�lfte des Sozialprodukts, ausgedr�ckt in Geld, entspricht. F�r diesen erdr�ckenden Schuldenberg m�ssen j�hrlich einhundert Milliarden DM an Zinsen aufgebracht werden � letzten Endes auf unsere Kosten! Deshalb predigen uns die Vertreter von Regierung und Kapital �Ma�halten" bei Tarifabschl�ssen, und �Konsumverzicht" muten sie den Rentnern - mit einer l�cherlichen Erh�hung ihrer Bez�ge von 2,7 Prozent bei einer Inflationsrate von fast 5 Prozent eine definitive Einkommensminderung � zu.
Doch, wie schon Heinrich Heine das nannte, die Damen und Herren predigen �ffentlich Wasser und heimlich saufen sie Wein! Denn, wie das �Deutsche Allgemeine Sonntagsblatt" k�rzlich berichtete, haben sich die Unternehmensvorst�nde der gro�en Konzerne im letzten Jahr Gehaltserh�hungen von rund zehn Prozent von ihren Aufsichtsr�ten genehmigen lassen! W�hrend Finanzminister Waigel st�ndig von �strengster Sparsamkeit" bei den Staatsausgaben spricht, wird so ganz nebenbei laut Meldung vom 16. April (�Bild") f�r Bundeskanzler Kohl ein neuer Dienstwagen in Betrieb genommen. Kostenpunkt 420.000,- DM, fast eine halbe Million!
Und wenn im Bundeskabinett jetzt das B��erhemd �bergestreift wird mit einem f�nfprozentigen Gehaltsverzicht, dann ist das billige Augenwischerei, denn jedermann wei�, dass bei einem Ministereinkommen f�nf Prozent weniger nicht weh tut. Ein Alarmsignal aber ist es f�r uns, wenn diese Leute �freiwillig" auf das liebste, was sie haben, verzichten wollen, auf Geld. Denn das bedeutet unter Garantie am Ende f�r den �kleinen Mann" noch viel mehr Verzicht � wenn wir es uns gefallen lassen.
Wie knapp es jetzt schon bei der Masse der Lohn- und Gehaltsempf�nger zugeht, daf�r ist ausnahmsweise mal die BILD-Zeitung unverd�chtiger Zeuge. Am 16. April 1992 ist auf der Frontseite zu lesen: �Immer mehr Frauen best�rmen ihre M�nner", und darunter in bekannten Gro�buchstaben als Blickfang: �Vati, bitte mehr Haushaltsgeld." Im Text ist dann von �Horrorpreisen", zunehmender Familienzerr�ttung wegen des t�glichen Streits um das Geld und daraus folgend �steigenden Scheidungsraten" die Rede.
Das ist der Hintergrund, vor dem Heiner Gei�ler, Pr�sidiumsmitglied der CDU, auch mit Blick auf die Wahlergebnisse in Baden-W�rttemberg und Schleswig-Holstein, am 12. April in der �Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" schrieb, in der Stimmung der Bev�lkerung bilde sich ein �explosives Gemisch". Massenarbeitslosigkeit, sinkender Lebensstandard, r�ckl�ufiges Wirtschaftswachstum, katastrophale Wohnungsnot � aus all dem resultierende weitverbreitete Unzufriedenheit in der Bev�lkerung, die in schweren Stimmverlusten der gro�en Parteien, Rechtsradikalisierung und hoher Wahlenthaltung ihren Ausdruck findet � das sind in der Tat die Voraussetzungen f�r das Entstehen eines �explosiven Gemischs" in der Stimmung der Bev�lkerung. Wir n�hern uns einer Situation, in der das eintritt, was Marxisten-Leninisten immer vorhergesehen haben:
Popper: �Wir d�rfen nicht davor zur�ckschrecken, f�r den Frieden Krieg zu f�hren."
Auf Dauer erweist sich der Imperialismus als unf�hig, die Existenzprobleme der Gesellschaft zu l�sen. �Sinnlos treibt die Welt dem Abgrund zu" � ich zitiere noch einmal die verzweifelte �berschrift aus �Die Zeit", die sich auf die globale Umweltproblematik bezog. Und auch wir treiben mit der innenpolitischen Entwicklung auf einen Abgrund zu, weil sich der Staat Bundesrepublik wegen seines imperialistischen Charakters mehr und mehr als unf�hig erweist, die sich h�ufenden Probleme im Interesse der Menschen zu l�sen. Die gro�en, daraus entstehenden Gefahren sind ein Anwachsen rechtsradikaler, neofaschistischer Kr�fte und der Versuch der Machthaber in Bonn, der gesellschaftlichen Probleme Herr zu werden durch eine aggressive Politik nach au�en. Und das hei�t: Versch�rfung des Kriegsgefahr!
Die Ideologen des Imperialismus wie z.B. Karl R. Popper, Hausphilosoph des einstigen sozialdemokratischen Bundeskanzlers Helmut Schmidt, sind schon eifrig dabei, auf eine neue Kriegspolitik einzustimmen. So wagte Popper in einem Interview im �Spiegel" zu �u�ern: �Wir d�rfen nicht davor zur�ckschrecken, f�r den Frieden Krieg zu f�hren. Das ist unter den gegenw�rtigen Umst�nden unvermeidbar. Es ist traurig, aber wir m�ssen es tun, wenn wir unsere Welt retten wollen." (�Spiegel", 13/1992) Der s�chsische CDU-Ministerpr�sident Kurt Biedenkopf vertritt angesichts der hohen Kosten der �deutschen Einheit", wie er die Annexion der DDR nennt, die nur noch verbrecherisch zu nennende Ansicht, der Frieden erweise sich als kostspieliger als der Krieg. (FAZ, 28.4.1992)
Jeder irrt, der solche Art ideologischer Kriegsvorbereitung als nicht ernst zu nehmendes Geschw�tz von ewiggestrigen Philosophen und Politikern abtut � Generalstabsoffiziere der F�hrungsakademie der Bundeswehr im Hamburg haben im Auftrag von Bundeswehr-Generalinspekteur Klaus Naumann in Zusammenarbeit mit dem Bundesverteidigungs-ministerium eine Studie ausgearbeitet f�r die Vorbereitung eines weltweiten Einsatzes der Bundeswehr. Ein neuer Generalstab soll gebildet werden und es m�ssten �etwa 100.000 Soldaten" f�r Eins�tze wie im Golfkrieg Gewehr bei Fu� stehen (�Spiegel", 6.4.1992). Schon zweimal in diesem Jahrhundert hat der deutsche Imperialismus, unf�hig, die durch das Profitsystem selbst geschaffenen inneren Probleme zu l�sen, den Weg der Aggression nach au�en gesucht und damit uns�gliches Leid �ber viele V�lker der Welt und das eigene Volk gebracht. Ein neuerlicher Sturz in solches Verderben kann nur durch den Widerstand der Volksmassen, deren st�rkste antiimperialistische Macht die Arbeiterbewegung ist, verhindert werden.
In den augenblicklichen Tarifauseinandersetzungen und Streikk�mpfen wird sich die Arbeiterbewegung erneut der Kampflosung bewusst: �Wenn Dein starker Arm es will, stehen alle R�der still". Aber dieser heute um �konomische Forderungen im Rahmen der jetzigen Gesellschaftsordnung gef�hrte Kampf wird letztlich doch erfolglos bleiben, wenn es nicht endlich gelingt, diesem Kampf eine revolution�re politische F�hrung zu geben durch die Herausbildung einer starken, marxistisch-leninistischen, einer kommunistischen Partei.
Aktionseinheit der marxistisch-leninistischen Organisationen gegen Kapital und Staat ist das Gebot der Stunde
Die gesellschaftlichen Auseinandersetzungen k�nnen sich unter Umst�nden sehr schnell dramatisch zuspitzen � denken wir an �Rheinhausen!" � und wir befinden uns in der widernat�rlichen, besch�menden Situation, dass wir im Lande von Karl Marx und Friedrich Engels, August Bebel, Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg, von Ernst Th�lmann und Wilhelm Pieck keine starke, ideologisch wie politisch-organisatorisch zur F�hrung der Arbeiterklasse und des antiimperialistischen Kampfes f�hige Partei haben. Alle Anstrengung muss jetzt darauf gerichtet sein, diesen Zustand zu �berwinden. Jede weitere Zuspitzung der Klassenkonflikte wird mehr und mehr zeigen, dass entgegen dem jetzigen Anschein von Interesselosigkeit und Apathie nach der Niederlage des real existierenden Sozialismus ein starkes revolution�res Potential in der Arbeiterklasse, in den fortschrittlichen Teilen der Intelligenz und vor allem in der Jugend, um deren Zukunft es geht, vorhanden ist. Dieses Potential gilt es zu mobilisieren.
Die zwischen den bestehenden Gruppierungen DKP, MLPD, KPD/Roter Morgen, FAUP, Arbeiterbund f�r den Wiederaufbau der KPD, Kommunistische Plattform der PDS, KPD der DDR existierenden mehr oder weniger gro�en ideologischen Meinungsverschiedenheiten machen zur Zeit jeden Gedanken an den eigentlich erforderlichen organisatorischen Zusammenschluss dieser Organisationen oder von Teilen von ihnen illusorisch. Dieser objektiv absolut notwendige Prozess des Zusammenwachsens kann nur zustande kommen in gemeinsamen Kampfaktionen gegen den gemeinsamen Feind.
Die Praxis des Klassenkampfes ist der wahre Pr�fstand f�r die heute noch so unterschiedlichen Positionen. Kameradschaftlicher ideologischer Dialog, der scharfe Auseinandersetzungen einschlie�t, muss diesen Prozess begleiten. Erste Schritte auf diesem Weg sind sofort m�glich. Uns alle eint z.B. das Gedenken an Philipp M�ller, den jungen Friedensk�mpfer und Kommunisten, der vor 40 Jahren, am 11. Mai 1952, als Teilnehmer der �Friedenskarawane gegen die Remilitarisierung" in Essen von der Adenauer-Polizei hinterr�cks erschossen wurde. Aus Anlass dieses Jahrestages findet in Essen am 9. Mai (1992, d.Red.) eine Demonstration statt. DKP, MLPD und der �Arbeiterbund" werden dort vertreten sein. Diese Demonstration sollte auch von allen revolution�ren und fortschrittlichen Kr�ften in Berlin unterst�tzt werden, allen voran nat�rlich die KPD/Roter Morgen. Dort k�nnte erstmals bundesweit gemeinsam gegen den gemeinsamen Feind demonstriert werden, und das sollte man auch versuchen, zum Ausdruck zu bringen.
In der Perspektive bietet es sich dann an, die allj�hrlich stattfindende Liebknecht-Luxemburg-Demonstration hier in Berlin zu einem Kristallisationspunkt aller revolution�ren antifaschistischen antiimperialistischen Kr�fte in Deutschland zu machen. Diese Demonstration ist die letzte uns verbliebene gro�e Manifestation in der revolution�ren deutschen Arbeiterbewegung. Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg geh�ren � �ber alle ideologischen Meinungsverschiedenheiten hinweg, die uns sonst trennen m�gen � uns allen, die wir uns als Revolution�re verstehen. Der Januar ist keine g�nstige Jahreszeit f�r ein solches bundesweites Massentreffen. Aber angesichts heutiger M�glichkeiten der Mobilit�t d�rfte darin kein Hindernis liegen. Als ich Anfang der 50er Jahre ins Ruhrgebiet kam, erz�hlten mir Genossen der alten KPD, wie sie 1926 zum Reichstreffen des �Rotfrontk�mpferbundes" mit dem Fahrrad nach Berlin gefahren sind!
In diesem Zusammenhang der Vorschlag an die Versammlung, sich mit einem Aufruf zu wenden an die genannten Organisationen und andere Gruppen und Einzelpersonen, sich zu kameradschaftlicher Diskussion der bestehenden Meinungsverschiedenheiten und gemeinsamem Handeln gegen den gemeinsamen Feind zusammenzufinden. Das ist das Gebot der Stunde revolution�ren Handelns an diesem 1. Mai 1992.
Rolf Vellay, 1. Mai 1992
"�Ohne Kenntnis der SED-F�hrung�"!
Diskussionsbeitrag von Rolf Vellay zum �Dialogpapier" SED � SPD, gehalten beim Symposion �Deutsch-deutsche Beziehungen auf dem Pr�fstand der Geschichte" der Arbeitsgemeinschaft Geschichtsforschung der Marx-Engels-Stiftung am 11./12. Dezember 1993 in Wuppertal.
Bei einer Veranstaltung des IMSF in Frankfurt im Herbst 1987 referierte der damalige erste Mann der Akademie f�r Gesellschaftswissenschaften beim ZK der SED, Prof. Otto Reinold, das kurz zuvor ver�ffentlichte so genannte �Dialogpapier" zwischen SED und SPD. In einer Pause brachte ich gegen�ber Prof. Reinold meine Bedenken zu solcher Art ideologischer Gemeinsamkeit mit der SPD vor. Er tat sie ab mit der Bemerkung" �Wir m�ssen es versuchen, vielleicht lohnt es sich". Ich nahm es zur Kenntnis, ohne �berzeugt zu sein � aber wie kam unsereiner als Basiskommunist dazu, die bei den besten K�pfen unserer Ideologie-Arbeit konzentrierte Weisheit in der Konkretisierung marxistisch-leninistischer Politik in Frage zu stellen?
Heute wissen wir: �Es hat sich gelohnt!" � aber f�r die Sozialdemokratie, die heute wie eh und je in ihrer F�hrung nichts anderes ist als die, wie Lenin sie zu seiner Zeit apostrophierte, �sozialchauvinistische" Fraktion des deutschen Imperialismus. Heute stellt sich die �bereinkunft zum �Dialogpapier" dar geradezu als Kr�nung der einst von Egon Bahr in die Wege geleiteten Politik des �Wandels durch Ann�herung". Der damalige Au�enminister der DDR, Otto Winzer, hatte noch gen�gend Scharfblick, um diese Politik als Konterrevolution auf Filzlatschen" treffend zu charakterisieren. Das war die Aktualisierung und konkrete Nutzanwendung in der Tagespolitik der Aussage Lenins in �Staat und Revolution", die F�hrer der Zweiten Internationale seien �Agenten der Bourgeoisie in der Arbeiterbewegung".
Noch in den 70er Jahren war diese Einsicht in der kommunistischen Weltbewegung und insbesondere in der gerade wieder legal gewordenen kommunistischen Partei der Bundesrepublik Deutschland lebendig � wie anders sonst h�tte der unvergessene Max Sch�fer, zu der Zeit Chefredakteur der �Marxistischen Bl�tter", in der Ausgabe 8/73 von �Probleme des Friedens und des Sozialismus" als Resum�e einer kritischen Auseinandersetzung mit der damals von der SPD als Gegenpol zu unserer Ideologie vertretenen These vom �demokratischen Sozialismus", folgendes schreiben k�nnen: �Eine Untersuchung der Konzeption des �demokratischen Sozialismus" f�hrt zu dem Ergebnis, das in den Thesen des D�sseldorfer Parteitages der DKP mit folgenden Worten festgehalten wird:
Noch im Jahr 1977 hei�t es in der Unterrichtsvorlage des �MSB Spartakus" zum ersten Ausbildungsthema �Kautsky � ein Vorl�ufer des demokratischen Sozialismus" �ber selbigen: �Er (der demokratische Sozialismus, d. Verf.) dient der Reformierung des imperialistischen Systems und der Integration der Arbeiterbewegung und der Linkskr�fte". An anderer Stelle wird festgehalten, �dass der demokratische Sozialismus nicht wesensverschieden ist von der herrschenden Klasse" und schlie�lich: �Der demokratische Sozialismus fungiert als Konjunktursozialismus und als Integrationsideologie gegen�ber der linken Basis der Sozialdemokratie".
Wer heute unter der Flagge des demokratischen Sozialismus segelt, ist ja landl�ufig bekannt, und dass es dieses Ph�nomen gibt, beweist, als wie tauglich sich der demokratische Sozialismus als �Integrationsideologie" gegen�ber bestimmten Kr�ften in der Akademie f�r Gesellschaftswissenschaften beim ZK der SED und dar�ber hinaus bis hin zu mindestens einem Bezirkssekret�r der SED und sogar bis ins Politb�ro hinein erwiesen hat.
Denn inzwischen hatte reichlicher Genuss der bekannten Wodka-Marke �Gorbatschow" und der triviale �Friedensfusel" der achtziger Jahre die Verstandeskr�fte verantwortlicher Leute offenbar so weit beeintr�chtigt, dass man dem Imperialismus �Friedensf�higkeit" zusprach. Dazu muss man fragen: �Warum dem Imperialismus etwas zusprechen, wessen er offenbar nicht entbehrt?" Denn, w�ren die imperialistischen M�chte nicht auch �friedensf�hig", w�rden sie ja nicht nur von Zeit zu Zeit, sondern ununterbrochen Krieg f�hren! Was die Autoren des den Bef�rwortern eines �Eia-Popeia-Friedens" so verf�hrerisch in den Ohren klingenden Begriffes wirklich meinten, war, den Imperialismus �kriegsunf�hig" zu machen � was allerdings nicht anders m�glich ist, als ihm seine Herrschaftsgrundlage revolution�r zu entziehen. Und um eben von dieser unausweichlichen Notwendigkeit - wenn man denn der Menschheit den Frieden dauerhaft sichern will � nicht reden zu m�ssen, wurde die Basis unter Missbrauch des ehrlichen Friedenswillens der einfachen Menschen mit dem Scheinbegriff der �Friedensf�higkeit" des Imperialismus ideologisch entwaffnet.
Hans Peter Brenner hat dankenswerter Weise in einem Beitrag in der UZ vom 10. April 1992 dargelegt, dass eben diese ideologische Entwaffnung der Kommunisten sorgf�ltig geplanter Teil der Langzeitstrategie des US-Imperialismus war. Er weist ferner darauf hin, welche Rolle die Sozialdemokratie bei der ideologischen Unterwanderung gespielt hat und dass dieses obskure so genannte �Ideologie"-Papier von Anfang an nichts anderes als Teil dieser Unterwanderungs-strategie war und der ideologischen Aush�hlung des real existierenden Sozialismus diente � wozu sich inzwischen explizit ja auch die damaligen SPD-Protagonisten Eppler, Bahr und Vogel offen bekennen � so noch j�ngst in der Enquete-Kommission des Bundestages zur Erforschung der DDR-Geschichte.
Wie aber war es denn m�glich, dass trotz der vorhergehend zitierten Einsch�tzungen der Sozialdemokratie und des �demokratischen Sozialismus" durch Lenin, Otto Winzer, Max Sch�fer usw. diese Politik Erfolg haben konnte? Heute kann man sagen, dass das nur m�glich war, weil die Sozialdemokraten auf der anderen Seite Partner hatten, die mit gezinkten Karten spielten. Den authentischen Beweis daf�r, dass dem so ist, liefert ein Interview mit Prof. Rolf Reissig, ehemals f�hrendes Mitglied der ZK-Akademie, das er dem Deutschlandfunk am 8. August 1992 aus Anlass des 5. Jahrestages der Ver�ffentlichung des �Ideologiepapiers" gab. Eingangs des Interviews f�hrte Reissig zu der Frage, welche Bedeutung das Papier f�r die SED-F�hrung hatte, aus: �Hier ist etwas ganz Eigenartiges geschehen. Dieses Papier ist eben nicht von der SED-F�hrung initiiert worden, ist nicht von ihr ausgearbeitet worden, auch nicht in ihrem Auftrag, nicht von ihr kontrolliert. Das mag viele �berraschen, aber es ist so. Es ist von uns im ganz kleinen Kreis erarbeitet worden, ohne Kenntnis der SED-F�hrung, weil wir immer der Meinung waren, das Papier wird so nicht durchgehen, das wird abgelehnt werden, wir warten bis zuletzt, bis eine g�nstige Gelegenheit entsteht, um dann in einem �berraschungsmoment dies uns best�tigen zu lassen. Das ist gelungen."
Was Reissig hier erkl�rt, hei�t nichts anderes, als dass im ideologischen Zentrum der Partei hinter dem R�cken der F�hrung unter Verschweigen der wahren Absichten gearbeitet wurde. Es ist dies � aus meiner vielleicht als �orthodox" empfundenen Sicht � das Schlimmste, was ein Kommunist parteiintern tun kann! Reissig weiter, befragt nach der Wirkung des Papiers in der SED: �In der SED-Basis hat es wie eine Lawine gewirkt, darf man sagen. Es hat eine Diskussion ausgel�st, zumindest wie ich sie seit dem Prager Fr�hling 68 nicht mehr gekannt habe. Es war ein Aufruf im Grunde genommen nach einem Einstieg in eine DDR-spezifische Perestroika- und Glasnostpolitik, es war ja doch ein Bruch mit der Realit�t der DDR und mit der Politik der SED, mit der Informationspolitik, mit der Medienpolitik, mit der Verweigerung des Dialogs, mit der Propagierung der Feindbilder, einem �berlebten, aggressiven Imperialismusbild, einer Konzeption von revolution�ren Weltprozessen � das alles wurde dort in Frage gestellt."
Ganz genau so, denke ich, haben sich die Planer der ideologischen Diversion auf der Gegenseite die Wirkung der T�tigkeit derjenigen, die objektiv die Rolle ihrer Handlanger im Innern der Partei spielten, vorgestellt. Schwerpunkt: �Bruch mit einem �berlebten, aggressiven Imperialismusbild" � statt dessen Ronald Reagen mit der Friedenspfeife, Helmut Kohl mit Appetit h�chstens auf Pf�lzer Saumagen statt auf die DDR � und die Bundeswehr als die �gr��te deutsche Friedensbewegung" im Rahmen des �friedensf�higen Imperialismus"!
Schlie�lich bekennt sich Reissig zur unmittelbar konterrevolution�ren Zielsetzung des Papiers � oder wie anders soll man folgende Passage aus dem Reissig-Interview verstehen? Auf die Frage, welche Bedeutung das Papier damals denn f�r die oppositionellen Gruppen in der DDR gehabt habe, antwortete Reissig: �Als wir das Papier ausarbeiteten, spielte das eine gro�e Rolle. Nat�rlich war zun�chst ein Papier gedacht zwischen der Staatspartei SED und der SPD zur Entwicklung des Aussen- und des Innendialogs. Gleichzeitig war in diesem Papier der Gedanke, die Opposition � dort formuliert als Individuen, B�rger, Gruppen aller Art � soll in den Dialog einbezogen werden."
Was hei�t das, �die Opposition einbeziehen"? Das hei�t nichts anderes, als Hilfestellung leisten f�r die Mobilisierung der Konterrevolution aus der Partei heraus! Wenn man ein solches Eingest�ndnis heute liest, versteht man den November 89 und begreift jetzt, warum die Partei kampflos vor B�rbel Boley und Pfarrer Eppelmann mit Kerzchen in der Hand und der Forderung nach �Freiheit f�r Andersdenkende" auf den Lippen kapitulierte!
Schlie�lich best�tigt Reissig genau die Einsch�tzung der sogenannten �Entspannungspolitik" durch Otto Winzel als �Konterrevolution auf Filzlatschen". Gefragt zu dem im Zusammenhang mit dem Papier der SPD gegen�ber erhobenen Vorwurf, sie �biedere sich der SED an", erkl�rte Reissig: �Ich fand das nicht. Ich glaube, es war die Fortsetzung, allerdings in neuer Form, der SPD-Entspannungspolitik, die nun erweitert werden sollte um eine Dimension, die man bisher ausgeklammert hatte, die Dimension des Ideologischen..."
Abschlie�end nach seiner jetzigen Einsch�tzung des �Dialog"-Papiers befragt, bewertete es Reissig auch heute noch (8. August 1992; Red. Offensiv) als f�r die damalige Situation positiv. Angesichts der seither eingetretenen Entwicklung mit ihren katastrophalen Folgen sprich eine solche �u�erung f�r sich selbst und bedarf aus meiner Sicht keines weiteren Kommentars.
Rolf Vellay, 12. Dezember 1993
Der wiedererstandene deutsche Imperialismus gef�hrdet Stabilit�t und Frieden in Europa
Brosch�re, herausgegeben als �Nicht Konform - Dokument" 1997
Der Sieg der Konterrevolution in den einst sozialistischen L�ndern Osteuropas und schlie�lich auch in der Sowjetunion selbst hat zu einer grundlegenden Ver�nderung der Machtverh�ltnisse in Europa gef�hrt. Der auf diesem Kontinent seit der Niederlage des durch den Hitlerfaschismus repr�sentierten deutschen Imperialismus 1945 gesicherte Friedenszustand beruhte auf einem klassischen ,,Gleichgewicht" der Kr�fte, einer ,,balance of power" zwischen den kapitalistischen M�chten des Westens mit der Supermacht USA im R�cken und den zum Sozialismus hin sich entwickelnden L�ndern Osteuropas mit der sozialistischen Sowjetunion als Schutzmacht. Die M�glichkeit der gegenseitigen atomaren Vernichtung machte eine bewaffnete Auseinandersetzung h�chst unwahrscheinlich. Gleichzeitig bedeutete das Bestehen zweier deutscher Staaten politisch eine Stabilisierung des Friedenszustandes. Denn zweimal in diesem Jahrhundert hatte der Vorherrschaftsanspruch des deutschen Imperialismus, gest�tzt auf die gro�e Volkszahl und die geballte �konomische Kraft des seit der Reichsgr�ndung 1871 im wesentlichen staatlich geeinten deutschen Volkes, zu gro�en Kriegskatastrophen gef�hrt. Allein schon das Bestehen der DDR als selbst�ndiger Staat mit milit�risch gesicherten Grenzen bedeutete eine Fu�fessel f�r den in der Bundesrepublik schon bald nach 1945 revitalisierten deutschen Imperialismus. Genau diese friedenssichernde Funktion der Deutschen Demokratischen Republik hob Genosse Stalin hervor, als er 1949 in seinem Gl�ckwunsch-telegramm zur Gr�ndung der DDR betonte, durch die Existenz der DDR k�nne der Frieden in Europa als gesichert angesehen werden.
Wie wichtig, �ber die gesellschaftlichen Ver�nderungen im Osten Deutschlands hinaus, gerade die Frage der Friedenssicherung f�r die Sowjetunion war, machte die sogenannte ,Stalin-Note� 1952 deutlich mit dem Vorschlag, eine Vereinigung Deutschlands vorzunehmen � was nat�rlich auch die Aufgabe der DDR bedeutet h�tte � unter der Bedingung einer Neutralit�tsgarantie f�r dieses Gesamtdeutschland. Jedenfalls war � egal auf welchem Wege auch immer � die dauerhafte Ausschaltung des deutschen Imperialismus als Machtfaktor existentiell wichtig f�r die Erhaltung des Friedens in Europa. Die weitgehende Untersch�tzung der Regenerationsf�higkeit des deutschen Imperialismus im Westen kritisierte schon 1960 die US-amerikanische Zeitschrift ,,Prevent World War III"(1), in der man lesen konnte:
�Als die deutsche Milit�rmaschine im Fr�hjahr 1945 auseinander fiel, hegten die meisten westlichen F�hrer die Illusion, die deutsche Macht sei ein f�r allemal gebrochen und das Reich f�r die n�chsten hundert Jahre erledigt. Heute aber wissen wir aus den beschlagnahmten deutschen Dokumenten, da� Hitlers Oberkommando langfristige Vorbereitung f�r die �berwindung der Katastrophe getroffen hatte."
Obwohl derlei Geheimdokumente sicher auch Stalin zur Verf�gung gestanden haben, bef�higte ihn seine marxistisch-leninistische Analyse des Imperialismus schon 1952 in seiner Arbeit ,,�konomische Probleme des Sozialismus in der UdSSR"(2) zu der Voraussage, da� Deutschland und Japan aus der der Niederlage im Krieg folgenden ,,amerikanischen Knechtschaft" ausbrechen und ,,wieder auf die Beine kommen" w�rden.
Genau das ist geschehen � mit der Annexion der DDR stand der deutsche Imperialismus, der ,,Fu�fessel" des anderen, sozialistischen deutschen Staates ledig, wieder ,,auf eigenen Beinen", und zwar in einer geostrategisch so g�nstigen Lage wie nie zuvor! Die Folgen waren absolut verderblich: Der nahezu vierj�hrige Krieg in Jugoslawien kann nur verstanden werden als Folge der den anderen europ�ischen M�chten durch das wiedererstarkte Deutschland aufgezwungenen Anerkennung von Slowenien und Kroatien. Der bekannte deutsche Publizist Dr. Rupert Neudeck dr�ckte das am 16. Mai 1995 in einem Kommentar im ,,Deutschlandfunk" so aus: (3)
�...denn wir Deutschen haben in der Geschichte der Bundesrepublik vielleicht viele Torheiten, aber nur einen Fehler gemacht: Wir haben die europ�ischen Partner in der EU gezwungen, Slowenien und Kroatien anzuerkennen � und als die Anerkennung durch war und Allgemeingut, haben wir es uns nicht nehmen lassen, die Anerkennung vorzuziehen wie um einen billigen publizistischen Werbetrumpf zu ergattern. Diese Aktion hat die europ�ische Politik um eine Generation zur�ckgeworfen. Frankreich und Britannien fingen an, wieder Balkan-Koalitionen gegen die zu m�chtig werdende Bundesrepublik zu schmieden. Die getr�umte Vorstellung einer gemeinsamen Diplomatie und Au�enpolitik war erst einmal zu Ende."
In einem Korrespondentenbericht der ,,S�ddeutschen Zeitung" vom 1. 12. 1994 wurde klargestellt, wen man in der franz�sischen Hauptstadt wirklich f�r verantwortlich h�lt f�r das Blutvergie�en in Jugoslawien:
�Ungeachtet der Chronologie des Konflikts gilt es inzwischen bei franz�sischen Meinungsf�hrern als ausgemacht, da� die blutigen Konflikte in Jugoslawien die Folge der �bereilten Anerkennung Sloweniens und Kroatiens sind, zu der Bonn die europ�ischen Partner im Bewusstsein seiner neugewonnenen Macht gedr�ngt hatte.(4)
Johann Georg Rei�m�ller, einer der Herausgeber der ,,Frankfurter Allgemeinen Zeitung", des wichtigsten Organs der deutschen Monopolbourgeoisie, merkte in einem Leitartikel zu Jugoslawien einmal an, in der Anerkennungsfrage sei es das erste Mal gewesen, da� sich die anderen M�chte ,,nach Deutschland h�tten richten m�ssen"! Angesichts der Folgen kann man dazu nur sagen: ,,Wehe Europa, wenn es eines Tages ganz unter deutschem Kommando stehen sollte"!
Noch ist es nicht so weit, aber wie konnte es �berhaupt dazu kommen, da� auch nur in einem Teilproblem europ�ischer Politik der deutsche Imperialismus mehr als vierzig Jahre nach seiner scheinbar vernichtenden Niederlage dem �brigen Europa seinen Willen aufzwingen konnte?
Das Jahr 1989 mit der faktischen Kapitulation der DDR brachte diesem deutschen Imperialismus unverhofften doppelten Gewinn: Durch den nachfolgenden Zerfall der Sowjetunion befand sich der deutsche Imperialismus zum ersten Mal seit 1871 f�r den Fall einer machtpolitischen Auseinandersetzung nicht mehr in der Gefahr eines ,Zweifrontenkrieges� � der war Bismarcks Alptraum gewesen! Die Hegemonialpolitiker in Bonn konnten von nun an davon ausgehen, da� sie f�r eine absehbare Zukunft im Osten den R�cken frei haben! Einen weiteren Gewinn stellte der Bev�lkerungszuwachs auf �ber 80 Millionen dar. Dadurch wurde das vereinte Deutschland in Verbindung mit seinem �konomischen Potential, repr�sentiert durch die �berragende Stellung der Bundesbank im europ�ischen W�hrungssystem, wie von selbst zum dominierenden Faktor gegen�ber dem �brigen Europa. Vom 3. Oktober 1990 an, also dem offiziellen Datum der ,,Wiedervereinigung", konnte man sagen: ,,Es geht in Europa noch nicht alles nach dem Willen der deutschen Gro�macht � aber es geht ganz sicher nichts mehr gegen dieses �berm�chtige Deutschland!"
Das aber ist eine unheilvolle Konstellation, vor der von einsichtigen Kennern deutscher Geschichte und Politik auch aus dem b�rgerlichen Lager durch die Jahrzehnte seit 1945 immer wieder gewarnt worden ist. Selbst in den Kreisen der sogenannten �B�rgerrechtler" in der DDR, die auf ihre Art alles taten, um den Sozialismus in der DDR zu sabotieren, ging die Furcht um, ein Gesamtdeutschland als Folge einer Paralyse der DDR werde zu einer Destabilisierung in Europa f�hren. Pfarrer Schorlemmer aus Wittenberg, einer der theologischen Agenten des BRDImperialismus im schwarzen Gewand des ,,Gottesdieners", forderte angesichts hochkommender nationaler Emotionen am 14. 11. 1989 in einem in der Berliner Zeitung ,,taz" ver�ffentlichten Interview zur ,,Vernunft" auf und erkl�rte:
Vernunft hei�t, da� es f�r die europ�ische Stabilit�t nicht w�nschenswert ist, jetzt von Vereinigungsgedanken das weitere politische Handeln bestimmen zu lassen. ,,(5)
Ein anderer �Oppositioneller", der Dokumentarfilmer Konrad Wei�, sprach sich am 6. Oktober 1989, ebenfalls in der ,,taz", f�r ,,ein Deutschland" aus, ,,in dem es keine Soldaten gibt, weder fremde noch eigene".(6) Heute ist die Bundesrepublik nicht nur die konventionell am st�rksten ger�stete Milit�rmacht West- und Mitteleuropas, heute stehen deutsche Soldaten sogar �ber NATO-Gebiet hinaus mit einem Kampfauftrag in einem anderen Land!
Aufs h�chste von der Entwicklung zur deutschen Einheit hin alarmiert, reiste der franz�sische Staatspr�sident Mitterand im Dezember 1989 zum DDR-Ministerpr�sidenten Modrow und im Januar 1990 zu SU-Pr�sident Gorbatschow, um einen letzten Versuch zu machen, die deutsche Zweistaatlichkeit als entscheidende Komponente franz�sischer Sicherheitspolitik zu erhalten. Hatte er vielleicht im Kopf, was die Londoner ,,Sunday Times� in d�sterer Vorahnung bereits am 12. Februar 1989 �ber eine zuk�nftige beherrschende Rolle der Bundesrepublik in Europa geschrieben hatte:
,,Es k�nnte ein sehr m�chtiges wirtschaftliches Gebilde entstehen, das vom Rhein bis zum Ural reicht und dessen Gewicht in Europa so �berw�ltigend w�re, da� Frankreich und England zu zweitklassigen M�chten w�rden.(7)
Aber es war schon zu sp�t. Die Westm�chte sa�en in der Falle ihrer eigenen Versprechungen: In stillschweigendem Vertrauen auf die Stabilit�t des sozialistischen Systems, das die Existenz der DDR und damit geopolitisch die Fesselung des deutschen Imperialismus garantierte, hatten England und Frankreich immer wieder lauthals f�r die �ffentlichkeit ihr Versprechen erneuert, die ,,Wiederherstellung der deutschen Einheit" zu unterst�tzen �jetzt konnten sie nicht mehr zur�ck, als ,,die Mauer" gefallen war! Und doch wussten alle, da� die Grenzsicherungsanlagen der DDR eine der Bedingungen der Friedensicherung im Nachkriegseuropa war.
Als Modrow in Januar 1990 von seinem Besuch bei Gorbatschow in Moskau zur�ckkehrte mit dem makaberen Ruf ,,Deutschland, einig Vaterland", war jedermann klar, da� das Wiedererstehen eines vereinten, m�chtigen deutschen Staates in der Mitte Europas nicht mehr zu verhindern war. Mitterand konnte nun nur noch auf die ,,Force de frappe" als letzten Garanten franz�sischer Sicherheit gegen�ber einem �berm�chtig zu werden drohenden Deutschland setzen. So stand Maggie Thatcher, entschiedene Gegnerin der deutschen Einheit, allein, denn die USA f�hlten sich angesichts des Niedergangs der SU so m�chtig, da� sie nicht zu bef�rchten brauchten, mit einem geeinten Deutschland Probleme zu bekommen, Und Gorbatschow, diese verworfenste Kreatur der Menschheit seit Judas Ischariot und Hitler, verkaufte schlicht und einfach die DDR gegen einen leeren Scheck! Auf geradezu unglaubliche Weise wiederholten 45 Jahre nach Ende des Krieges die Siegerm�chte �ber Hitlerdeutschland den Fehler der Westm�chte nach dem Versailler Vertrag. Damals halfen sie aus Furcht vor der erstarkenden Sowjetunion dem deutschen Imperialismus wieder auf die Beine.
Denn selbstverst�ndlich hatte deutsche Politik nach 1919 kein anderes Ziel, als die Wiedergewinnung der Machtstellung des Deutschen Reiches, um einen neuen Anlauf zu nehmen f�r die Erreichung der Hegemonie in Europa als notwendige Ausgangsbasis f�r den Anspruch auf den Rang einer Weltmacht. Pr�gnanter Ausdruck dieser Politik war der ber�chtigte Brief des damaligen Au�enministers Stresemann an den abgedankten deutschen Kronprinzen vom 7. September 1925. Zur letzten von drei Hauptaufgaben deutscher Politik hei�t es im Brief Stresemanns, eines auch im Ausland als ,,b�rgerlich-demokratisch" anerkannten Politikers:
,,Die dritte gro�e Aufgabe ist die Korrektur der Ostgrenzen. Die Wiedergewinnung Danzigs, des polnischen Korridors und eine Korrektur der Grenze in Oberschlesien. Im Hintergrund steht der Anschluss von Deutsch-�sterreich, obwohl ich mir sehr klar dar�ber hin, da� dieser Anschluss nicht nur Vorteile f�r Deutschland bringt, sondern das Problem des Deutschen Reiches sehr kompliziert. Wollen wir diese Ziele erreichen, so m�ssen wir uns aber auch auf diese Aufgaben konzentrieren. Daher der Sicherheitspakt, der uns einmal den Frieden garantieren und England sowie � wenn Mussolini mitmacht � Italien als Garanten der deutschen Westgrenze festlegen soll. Der Sicherheitspakt birgt andererseits in sich den Verzicht auf eine kriegerische Auseinandersetzung mit Frankreich wegen der R�ckgewinnung Elsa�-Lothringens, einen deutschen Verzicht, der aber nur insoweit theoretischen Charakter hat, als keine M�glichkeit eines Krieges gegen Frankreich besteht."(8)
Der weitere Verlauf der Geschichte hat gezeigt, da� Hitler kein ,,Ph�nomen von einem anderen Stern" war, der mit seinen Eroberungspl�nen das deutsche Volk unversehens ins Ungl�ck st�rzte, sondern Hitler f�hrte nur konsequent das aus, was in der Au�enpolitik der Weimarer Republik im Interesse der Expansionsbestrebungen des deutschen Monopolkapitals bereits angelegt war. Revision der Ostgrenze, Anschluss �sterreichs bei � zun�chst noch �theoretischem" Verzicht auf Elsa�-Lothringen. Wie sehr die Au�enpolitik Hitlers den bereits in der Weimarer Republik vorgegebenen Weichenstellungen entsprach, beweist die einm�tige Zustimmung der sozialdemokratischen Reichstagsfraktion zum au�enpolitischen Programm Hitlers 1933. Gemeinsam mit den Nazis sangen die Sozialdemokraten zum Schlu� der Sitzung ,,Deutschland, Deutschland, �ber alles..."! Es entsprach das genau sozialdemokratischer Tradition, die Aggressionspolitik des deutschen Imperialismus r�ckhaltlos zu unterst�tzen seit der Zustimmung zu den Kriegskrediten 1914. Bei Hitler schl�pfte nur der Kriegsgeier aus dem Ei, das schon in der angeblich friedfertigen demokratischen Weimarer Republik gelegt worden war. Am Ende dieser gro�deutschen Katastrophenpolitik stand 1945 die totale Kapitulation, und es ist heute belegt, da� schon zu einer Zeit, als die Niederlage zwar absehbar, aber noch nicht Tatsache war, erneut F�hrungskr�fte des deutschen Monopolkapitals den Wiederaufstieg zur Hegemonialmacht in Europa vorbereiteten. Erneut, wie nach 1918, machte man sich dabei das Dilemma des Westens und insbesondere Frankreichs zunutze, denen das westliche Deutschland als unverzichtbar erschien in der Abwehr des ,,Bolschewismus�, andererseits aber eine �bermacht Deutschlands nach den bitteren Erfahrungen von 1914 und 1940 unter allen Umst�nden verhindert werden sollte. Frankreich vor allem suchte das zu erreichen durch die sogenannte Einbindung der Bundesrepublik in die EG und die NATO.
Politisch dadurch, wie allenthalben nahezu sp�ttisch gesagt wurde, ein ,,Zwerg", wuchs die BRD im Schutz der Westbindung zu einen �konomischen Riesen heran, wof�r sich der Terminus vom ,,Wirtschaftswunder" in Westdeutschland einb�rgerte. Den wahren Charakter des ,,Wirtschaftswunders" machte der f�hrende franz�sische Historiker Raymond Poidevin in seinem 1985 in deutscher �bersetzung erschienen Buch ,,Die unruhige Gro�macht" Untertitel �Deutschland und die Welt im 20. Jahrhundert" deutlich. Laut Rezension in der ,,Frankfurter Allgemeinen" vom 28.11.97 sieht Poidevin seit 1896 den Expansionsdrang als durchgehend bestimmendes Moment deutscher Politik. Aus dieser durch die Fakten eindrucksvoll best�tigten Sicht wertet er den wirtschaftlichen Aufschwung der BRD nach 1949 schlicht und einfach als die den neuen Gegebenheiten angepa�te Variante konsequenter Fortsetzung der Politik der Wirtschaftsgro�macht. Mit unbestechlichem Scharfblick erkennt der franz�sische Historiker auch den wahren Gehalt der 1969 insbesondere von dem Sozialdemokraten Willy Brandt im Namen von �V�lkerverst�ndigung" und ,,Auss�hnung der Kriegsgegner" kreierten sogenannten ,,Neuen Ostpolitik". Konzeption und Realisierung dieser Politik seien ein deutlicher Indikator f�r ,,die weltweiten Ambitionen einer Mittelmacht"(9), die letztlich einen Gro�machtanspruch stelle. Ganz im Sinne dieser Einsch�tzung habe ich bei fr�herer Gelegenheit den zum Medienereignis hochstilisierten ,,Kniefall" Willy Brandts am Warschauer Denkmal f�r den Ghetto-Aufstand ,,den ersten Schritt des deutschen Imperialismus nach Osten" genannt.
Der Rezensent in der �Frankfurter Allgemeinen" freilich h�lt die Meinung von Poidevin real f�r substanziell unbegr�ndet und f�hrt sie auf die traditionelle Furcht weiter Kreise in Frankreich vor einem wiedererstarkenden und vor allem wiedervereinigten Deutschland zur�ck. Inzwischen hat der Gang der Geschichte gezeigt, wie treffend die Analyse Poidevins gerade auch hinsichtlich der wahren Zielsetzung der ,,Neuen Ostpolitik" war. Denn ihre Durchsetzung trug entscheidend zum Zerfall des sozialistischen Lagers und damit zur Liquidierung der DDR als Fu�fessel des BRD-Imperialismus bei.
Und da� dies das tats�chliche und wirkliche Ziel im Dienste der von Poidevin konstatierten ,,traditionellen Expansionsbestrebungen" deutscher Gro�machtpolitik war, das wurde in der westdeutschen �ffentlichkeit ja damals auch ganz offen diskutiert. Als ein Beispiel daf�r steht ein langer Artikel in der ,,Frankfurter Allgemeinen" vom 5. Juni 1984, �berschrieben ,,Der ,deutsche Faktor� kehrt mehr und mehr in die Politik zur�ck". (10) Der Autor, Prof. Wolfgang Seiffert, mu� als wirklich sachkundig angesehen werden. Als junger Kommunist in den 50er Jahren vom Adenauer-Regime in der BRD verfolgt ging er in die DDR, studierte Jura und stieg zum absolut anerkannten Experten f�r Internationales Wirtschaftsrecht und V�lkerrecht auf. So vertrat er die DDR beim COMECON und war pers�nlicher Berater von Erich Honecker. In der DDR hochdekoriert, wechselte er zur gr��ten �berraschung der �ffentlichkeit 1978 die Fronten und wurde Professor an der Universit�t Kiel in der Bundesrepublik. Als intimer Kenner der �konomischen und politischen Verh�ltnisse im sozialistischen Lager erkannte er die dort auf der wirtschaftlichen Ineffizienz beruhende Schw�che, und so entwickelte der zum Klassenfeind �bergelaufene einstige Kommunist nunmehr Strategiekonzepte f�r den deutschen Imperialismus mit der Zielsetzung der Vereinigung der beiden deutschen Staaten. Ausgehend von der sicherlich auch 1984 schon richtigen Feststellung ,,wie ein Magnet Eisensp�ne, so zieht die bundesdeutsche Wirtschaftskraft die europ�ischen Mitgliedstaaten des COMECON in ihren Bann"(11), entwirft er darin angesichts �berf�llter M�rkte im Westen diese Perspektive einer Ost-Expansion.
,,So, wie etwa die Bedingungen der industriellen Produktion der Nachkriegszeit die Bundesrepublik auf die Bildung des Gemeinsamen Marktes in der EWG orientierten und sie heute und in Zukunft an den Europ�ischen Gemeinschaften trotz aller R�ckschl�ge und Schwierigkeiten der Integration festhalten lassen, so sind in der Zeit der Roboter, Computer und Mikroprozessoren Bedingungen entstanden, die dazu zwingen, der westdeutschen Wirtschafts- und Finanzwelt neue, zus�tzliche und �ber den Gemeinsamen Markt hinausgehende Absatzm�rkte und T�tigkeitsfelder zu erschlie�en, wenn sie ihren Platz unter den f�hrenden Industrienationen behaupten will. Wo aber sollten diese M�rkte und T�tigkeitsfelder angesichts der beherrschenden Positionen Japans in Asien und der verst�rkten Dominanz Amerikas im Pazifik liegen, wenn nicht in der Region des COMECON und in einem Engagement in der Wirtschaft der DDR. Und wo bietet sich hier eine zukunftstr�chtigere Perspektive als in einem Ausgleich der Interessen der Sowjetunion und denen der Deutschen."(12)
Alles das ist wenige Jahre sp�ter eingetreten (nur die Paralyse der Sowjetunion hat, so wenig wie wir alle, auch dieser Experte nicht vorhergesehen!). Unbeschadet aller zur Zeit noch gro�en Probleme bei der �konomischen Integration der DDR � Deutschland ist heute gr��ter Westhandelspartner aller osteurop�ischen L�nder. Ganze Industriezweige in diesen Staaten unterliegen heute schon der Kontrolle deutschen Kapitals. In der Tschechischen Republik z. B. entf�llt ein F�nftel des gesamten Exports auf das Autowerk Skoda, das bekanntlich zum deutschen Volkswagen-Konzern geh�rt. Etwa 50 Prozent der Auflage der tschechischen Provinzpresse kommt aus Zeitungsverlagen, die sich in deutscher Hand befinden. Ein �hnlicher Proze� ist in Hinblick auf die Printmedien in Polen im Gange. W�hrend nach einer Meldung der �Frankfurter Allgemeinen" vom 11. April 1996 der deutsche Au�enhandel 1995 um vier Prozent wuchs, stieg im gleichen Jahr der Handel mit Osteuropa um 15 Prozent! Mit einem Volumen von 120 Mrd. DM �bertrifft er damit bereits den deutschen Handel mit den USA! Angesichts der �konomischen Niveauunterschiede ist es v�llig klar, da� die ,,terms of trade" des Handels mit Osteuropa von den Profiteuren aus der BRD dominiert werden. Wie Mittel- und Lateinamerika weitgehend der �konomischen Vorherrschaft und damit nat�rlich der Ausbeutung durch die USA unterworfen sind, so droht Osteuropa zum ,,Hinterhof" der BRD zu werden mit der D-Mark als herrschender W�hrung. Woran Hitler als Exponent des deutschen Imperialismus scheiterte, n�mlich Europa durch die Gewalt der Panzer zu unterwerfen, das verwirklicht heute das ,,demokratische" Deutschland auf dem �friedlichen Wege" �konomischer Durchdringung. Wie sehr sich die Konzepte � das Endziel � gleichen, macht das folgende Zitat deutlich. Es ist entnommen einer Denkschrift von Werner Daitz, Chemie-Industrieller und Leiter der Au�enhandelsabteilung der NSDAP und stammt aus dem Kriegsjahr 1940:
,,Eine kontinentaleurop�ische Gro�raumwirtschaft unter deutscher F�hrung mu� in ihrem letzten Friedensziel s�mtliche V�lker des Festlandes von Gibraltar bis zum Ural und vom Nordkap bis zur Insel Zypern umfassen, mit ihren nat�rlichen Ausstrahlungen in den sibirischen Raum und �ber das Mittelmeer nach Afrika hinein.
...Wenn wir den europ�ischen Kontinent wirtschaftlich f�hren wollen, wie dies aus Gr�nden der wirtschaftlichen St�rkung des europ�ischen Kontinents als Kernraum der wei�en Rasse unbedingt erforderlich ist, so d�rfen wir diese aus verst�ndlichen Gr�nden nicht als eine deutsche Gro�raumwirtschaft �ffentlich deklarieren. Wir m�ssen grunds�tzlich immer nur von Europa sprechen, denn die deutsche F�hrung ergibt sich ganz von selbst aus dem politischen, wirtschaftlichen, kulturellen, technischen Schwergewicht Deutschlands und seiner geographischen Lage. Ebenso wird mit Hilfe unseres deutschen Wirtschaftssystems, wie es durch die nationalsozialistische Revolution geschaffen wurde, sich die Mark bei einer geschickten handelspolitischen F�hrung ganz von selbst als Standard-W�hrung durch-setzen.��(13)
Erg�nzend dazu ,,Punkt 1" einer streng vertraulichen, ,,Probleme der �u�eren W�hrungspolitik nach Beendigung des Krieges" �berschriebenen Denkschrift der Reichsbank, der Vorl�uferin der Deutschen Bundesbank:
�1. Die Reichsmark wird die f�hrende W�hrung in einem deutschen Gro�wirtschaftsraum, der mit fremden Gro�wirtschaftsr�umen in Handelsbeziehungen steht."(14)
Gibt es heute noch irgend einen Zweifel daran, da� die angestrebte Euro-W�hrung etwas anderes sein kann als die D-Mark in europ�ischer Verkleidung? Kann es irgend einen Zweifel daran gehen, da� die Bundesbank als ,,Schatzh�terin" der D-Mark in erster Linie die Interessen des deutschen Monopolkapitals im Gro�wirtschaftsraum Europa von Gibraltar und Zypern bis zum Nordkap und zum Ural durchsetzen wird? Finanzminister Waigel war sehr stolz darauf, da� er als Sitz der �EuroBank" bei seinen europ�ischen Partnern Frankfurt/Main durchgesetzt hat. Gibt es irgend einen Zweifel daran, da� die europ�ische Zentralbank keine wichtige Entscheidung wird treffen k�nnen, ohne vorher das Placet der benachbarten Deutschen Bundesbank eingeholt zu haben?
Der politischen Absicherung dieses �konomischen Vorherrschaftsstrebens dienen die Pl�ne zur Osterweiterung der Europ�ischen Union in Verbindung mit dem Bem�hen, das Einstimmigkeitsprinzip bei wichtigen Beschl�ssen der Europ�ischen Union abzuschaffen. Es ist v�llig klar, da� die �konomische Abh�ngigkeit vor allem der osteurop�ischen L�nder, wenn sie einmal Stimmrecht in der EU haben, der Bundesregierung immer die M�glichkeit gibt, diese L�nder durch gewisse wirtschaftliche Zugest�ndnisse oder versteckte Sanktionen in ihrem Sinne zu erpressen. Damit w�re dann die deutsche Dominanz in Europa auf ganz �legalem" Wege gesichert
Ein Beispiel f�r das, was den V�lkern Europas droht, wenn diese deutsche Dominanz erst einmal fest installiert ist, stellt die in j�ngster Zeit eskalierende Auseinandersetzung zwischen der Prager Regierung einerseits und Bonn und der sogenannten �Sudetendeutschen Landsmann-schaft" andererseits dar. Im Triumphgef�hl des ,,Sieges �ber den Kommunismus" fordern die revanchistischen F�hrer der ,,Sudetendeutschen Landsmannschaft" mit offener R�ckendeckung der reaktion�ren M�nchener Landesregierung und versteckter Hilfe aus Bonn von der tschechischen Regierung, die Aussiedlung der Sudetendeutschen 1945/46 als �Unrecht" zu verurteilen, ein ,,Heimatrecht" f�r die Sudetendeutschen auf tschechischem Staatsgebiet anzuerkennen und diesen Besitzanspr�che zuzuerkennen. Der Weg zur Aufnahme in die EU f�hre f�r Prag nur �ber die Erf�llung dieser Anspr�che, lassen die Vertreter chauvinistischer deutscher Gro�machtpolitik verlauten. Und wenn sich die tschechische Regierung hinsichtlich der Rechtm��igkeit der Aussiedlung auf das Potsdamer Abkommen beruft, dann f�hlt sich Au�enminister Kinkel heute bereits stark genug, in arroganter Art und Weise die Verbindlichkeit des Potsdamer Abkommens als Grundlage der Nachkriegsordnung f�r Deutschland und seine �stlichen Nachbarn �berhaupt in Frage zu stellen. Eine solche �u�erung Kinkels mu� nicht nur vom tschechischen Volk, sondern von allen V�lkern Europas als Alarmsignal verstanden werden. Insbesondere aber in Polen, das ja gleichfalls in der Hoffnung auf wirtschaftliche Vorteile die Mitgliedschaft in der EU anstrebt und damit durch die BRD erpre�bar wird. Denn das ist doch nach aller geschichtlichen Erfahrung v�llig klar: Wenn Prag dem Druck aus M�nchen und Bonn nachgibt und den Sudetendeutschen Konzessionen macht, werden die aus den einstigen Ostprovinzen des Deutschen Reiches ausgesiedelten Schlesier, Pommern, Ost- und Westpreu�en gegen�ber Polen die gleichen Forderungen erheben, wie die Sudetendeutschen gegen�ber der Tschechischen Republik, und damit steht in letzter Konsequenz die Oder-Nei�e-Grenze zur Disposition! Zwar mu�te nach jahrzehntelanger Verweigerung durch Bonn die Oder-Nei�e-Grenze im ,,2+4-Vertrag" von Kohl formell und endg�ltig v�lkerrechtlich anerkannt werden, weil sonst die Zustimmung der Alliierten zur Angliederung der DDR nicht zu erlangen gewesen w�re. Aber wir wissen doch aus der Geschichte, da� die deutschen Imperialisten Vertr�ge nur schlie�en, um sie entweder zu umgehen oder, wenn sie sich stark genug f�hlen, zu brechen! Da� auch die offiziell endg�ltige Anerkennung der Oder-Nei�e-Grenze ,,interpretationsf�hig" ist, belegt ein Interview von Bundeskanzler Kohl in diesem Zusammenhang. Wie beil�ufig wies er darauf hin, da� selbstverst�ndlich das Helsinki-Abkommen von 1975 zwar die bestehenden Grenzen in Europa festschreibe, Grenzver�nderungen ,,im gegenseitigen Einvernehmen" jedoch zulasse! Zumindest langfristig wird damit eine Option f�r die Zukunft offen gelassen. Eine solche Haltung entspricht dem, was Stresemann in seinem bereits zitierten Brief an den Kronprinzen hinsichtlich Elsaߗ Lothringen in der Formulierung zum Ausdruck brachte: ,,Der Sicherheitspakt birgt andererseits in sich den Verzicht auf eine kriegerische Auseinandersetzung mit Frankreich wegen der R�ckgewinnung Elsa�-Lothringens, einen deutschen Verzicht, der insoweit aber nur theoretischen Charakter hat, als keine M�glichkeit eines Krieges gegen Frankreich besteht."
1940 war es mit der ,,Theorie" vorbei und Hitler und die Nazi-Wehrmacht holten Elsa�-Lothringen ganz �praktisch" und gewaltsam ,,heim ins Reich". Auch die Oder-Nei�e-Grenze beruht auf dem Potsdamer Abkommen, dessen Verbindlichkeit f�r Deutschlands Au�enminister Kinkel jetzt in Frage stellt. Wird sich nicht vielleicht eines Tages zeigen, da� der Verzicht Kohls auf die ,,deutschen Ostgebiete" nur �theoretisch" stattgefunden hat, so wie Stresemann dem Verzicht auf Elsa�-Lothringen nur ,,theoretischen Charakter" beima�, weil ,,keine M�glichkeit eines Krieges gegen Frankreich" bestand?
Bundeskanzler Kohl fasst offenbar durchaus die M�glichkeit eines neuen europ�ischen Krieges ins Auge. Er wird wissen warum, schlie�lich ist er gelernter Historiker! Im letzten halben Jahr hat er u. a. im belgischen L�wen dreimal davon gesprochen, die Frage der europ�ischen Einigung k�nne im n�chsten Jahrtausend zu �einer Frage von Krieg und Frieden werden". Eine solche schwerwiegende �u�erung wiederholt man als verantwortlicher Staatsmann nicht mehrfach, wenn es nicht wirklich ernst gemeint ist. Was steckt dahinten? Nichts anderes, als da� die ,,Einigung Europas" im Wege der Institutionalisierung deutscher Dominanz als unabdingbare Voraussetzung weiterer Expansion des deutschen Monopolkapitals auf der weltweiten Jagd nach Maximalprofiten notfalls auch mit Gewalt durchgesetzt werden wird!
Doch Bundeskanzler Kohl ist nicht der Einzige, der kriegerisches Unheil im Zusammenhang mit der sogenannten europ�ischen Einigung heraufziehen sieht. Im vergangenen Jahr ver�ffentlichte der Brite Bernhard Conolly das Buch ,,The Rotten Heart of Europe", Untertitel ,,Der dreckige Krieg um Europas W�hrung". Sachkompetenz kann dem Autor sicher nicht abgesprochen werden, da er in verantwortungsvoller Position in der Br�sseler Kommission f�r die W�hrungsunion gearbeitet habe, wie in der Rezension der ,,Frankfurter Allgemeinen" vom 2. Oktober 1995 vermerkt wird. Immerhin hat die Londoner �Times" das Buch von Conolly in Ausz�gen abgedruckt. Conolly ist der Meinung, ,,der stille Machtkampf zwischen Deutschland und Frankreich werde langfristig den Frieden in Europa gef�hrden" so die ,,Frankfurter Allgemeine". (15)
Doch auch Conolly steht mit seiner d�steren Perspektive nicht allein. In der Sendung ,,Hintergrund Wirtschaft" des K�lner ,,Deutschlandfunks" am 10. Dezember 1995 kam der belgische Staatssekret�r Olivier Lefebre, der ein Bef�rworter der W�hrungsunion ist, mit der wahrhaft alarmierenden �u�erung zu Wort: ,,Sowohl eine Verschiebung als � schlimmer noch � auch ein Scheitern der W�hrungsunion w�rde in einem Blutbad enden. So ist das von einigen internationalen Finanzfirmen in einer Vorausschau auf die M�rkte in Europa k�rzlich ausgedr�ckt worden,"(16)
Schlie�lich sei ein weiterer Mahner im Hinblick auf die Kriegsgefahr im Falle des Scheiterns des �Projektes Europa" zitiert. In einem ,,Vertrauensverlust und Angst" �berschriebenen Beitrag berichtet die ,,Frankfurter Allgemeine" am 3. Januar 1996 von einem Besuch im deutsch-franz�sischen Grenzland aus der els�ssischen Gemeinde Hanskirchen. Dort residiert seit 42 Jahren als ,,maire", also B�rgermeister, Louis Jung, der neben der Wahrnehmung einer Vielzahl anderer Funktionen bis Ende der 80er Jahre auch Pr�sident der Parlamentarischen Versammlung des Europarates war. Durch sein pers�nliches und famili�res Schicksal aufs engste ber�hrt durch die blutigen Perioden deutsch-franz�sischer Geschichte in diesem Jahrhundert, vielleicht gerade deshalb �berzeugter Europ�er, wird er in der ,,Frankfurter Allgemeinen" mit dem Satz zitiert: �Wenn wir das politische Europa nicht schaffen, werden wir wieder Krieg haben,"(17)
F�r diesen Fall der nicht friedlichen Entwicklung des europ�ischen Einigungsprozesses ist die Bundesrepublik aber durchaus vorbereitet. Im November erlie� Kriegsminister Volker R�he f�r die Bundeswehr ,,Verteidigungspolitische Richtlinien". Sie sind ,,verbindliche Grundlage f�r die Arbeit in den Organisationsbereichen des Ministeriums sowie f�r die deutsche milit�rische Interessenvertretung nach au�en". In den ,,Richtlinien" wird ein umfassendes Szenario der ver�nderten politischen Weltlage nach dem Zusammenbruch der sozialistischen Staaten Europas entworfen und werden die ,,Interessen der Bundesrepublik", so wie sie die Herrschenden in Bonn verstehen, definiert. Danach geh�rt zum Beispiel zu den ,,vitalen Sicherheitsinteressen", auf deren Durchsetzung die Bundeswehr ausgerichtet wird, die ,,Aufrechterhaltung des freien Welthandels und der ungehinderte Zugang zu M�rkten und Rohstoffen in aller Welt." Klar, f�r den ,,Export-Weltmeister Deutschland." ist es lebenswichtig da� die Bundeswehr Profit-interessen der deutschen Monopole gegebenenfalls auch weltweit zu sch�tzen in der Lage ist!
Ganz spezielle Interessen aber haben die Monopolherren des gr��er gewordenen Deutschlands nat�rlich in Europa, wozu in den ,,Richtlinien" richtig festgestellt wird: ,,Unser Land besitzt aufgrund seiner politischen und wirtschaftlichen Potenz eine Schl�sselrolle f�r die Fortentwicklung der europ�ischen Strukturen". Weitere, unbestreitbar richtige Feststellung in den Richtlinien: �Jeder Krieg oder B�rgerkrieg in Europa hat unakzeptable Folgen f�r die betroffenen Menschen und gef�hrdet das stabile und friedliche Zusammenwachsen Europas. Dies zu verhindern, erfordert neben politischen Ma�nahmen zur F�rderung der Nachbarschaftsstabilit�t und zur Verhinderung neuer regionaler R�stungswettl�ufe vor allem eine ausgepr�gte F�higkeit zum europ�ischen Krisen- und Konfliktmanagement. Dazu geh�rt auch das Bereitstellen entsprechender milit�rischer Potentiale."(18)
Das h�rt sich alles ganz folgerichtig an � und was kann das in Zukunft unter Umst�nden bedeuten, zum Beispiel angesichts einer Krisensituation wie w�hrend der Streiks im �ffentlichen Dienst im November/Dezember letzten Jahres in Frankreich oder im Hinblick auf den Streik der belgischen Eisenbahner? Was ist, wenn bei einer durchaus m�glichen Versch�rfung der sozialen Auseinandersetzung zum Beispiel in Frankreich b�rgerkriegs�hnliche Zust�nde entstehen? Wird dann die Bundesregierung entsprechend den ,,Verteidigungs-politischen Richtlinien" f�r den Einsatz im Nachbarland �milit�rische Potentiale" bereitstellen? Schlie�lich ist Frankreich der weitaus gr��te Handelspartner der Bundesrepublik und zum Beispiel steht die �Aufrechterhaltung des freien Welthandels und der ungehinderte Zugang zu Rohstoffen in aller Welt" durchaus in Frage, wenn wie j�ngst die Eisenbahnen in Frankreich mehrere Wochen blockiert sind! ,,Auch Deutschland leidet unter den Streiks", so eine �berschrift in der ,,Frankfurter Allgemeinen" vom 2. Dezember 1955 und das Blatt berichtet �ber Produktionsausf�lle bei Autoherstellern. Gesetzt den Fall, die Regierung in Paris wird eines Tages einer Krise wie im letzten November/Dezember aus eigener Kraft nicht mehr Herr, muss dann die Bundesregierung entsprechend den ,,Verteidigungspolitischen Richtlinien" und analog zum jetzigen Einsatz der Bundeswehr in Jugoslawien nicht ,,Krisenreaktionskr�fte" nach Frankreich entsenden, um ,,unakzeptable Folgen f�r die betroffenen Menschen" im Falle eines B�rgerkrieges und eine ,,Gef�hrdung f�r das stabile und friedliche Zusammenwachsen Europas" zu vermeiden? Nach der in den ,,Verteidigungspolitischen Richtlinien" formulierten Bundeswehrdoktrin ist das jedenfalls m�glich � die V�lker Europas sind gewarnt!�
Und als ganz, ganz ernste Warnung sollte verstanden werden, wenn in der ,,Frankfurter Allgemeinen" vom 11. April 1996 ein ganzseitiger Artikel ver�ffentlicht wurde unter der �berschrift: ,,Kein Kult der Zur�ckhaltung mehr". Publiziert wurden da die Ergebnisse einer im Auftrag der ,,Friedrich-Naumann-Stiftung" (Freie Demokratische Partei) durchgef�hrten Befragung f�hrender Angeh�riger verschiedener gesellschaftlicher Bereiche, einer Elite aus Politik, Justiz und Wirtschaft, den Kirchen, der Bundeswehr, der Medien und der Wissenschaft. Es ging darum, wie diese Elite die ,,vitalen Interessen" Deutschlands versteht und unter welchen Bedingungen und wo es f�r richtig gehalten wird, die Bundeswehr einzusetzen. Das Ergebnis ist wahrhaft alarmierend. In seiner Kampagne f�r den Einsatz der Bundeswehr in Jugoslawien hatte Kriegsminister Volker R�he die Deutschen aufgefordert, endlich sich der ihnen zukommenden ,,internationalen Verantwortung" zu stellen und nach erfolgter Wiedervereinigung die so lange Jahrzehnte gepflegt Kultur der Zur�ckhaltung aufzugeben. Offenbar sind die deutschen ,,Eliten" voll auf diesen Kurs eingeschwenkt, wie man der Bewertung der Umfrageergebnisse in der ,,Frankfurter Allgemeinen" entnehmen kann. Es hei�t da:
,,Aber wer h�tte es vor nur sieben Jahren vorauszusagen gewagt, da� die politische Elite und die Repr�sentanten anderer f�r die Formulierung der Au�en- und Sicherheitspolitik zentraler Gruppen derart umstrittene Schritte wie eine NATO-Erweiterung oder Out-of-area-Eins�tze der Bundeswehr mit �berw�ltigender Mehrheit unterst�tzen w�rden? Die deutsche F�hrungselite hat anscheinend gleich mehrere wichtige Schritte unternommen, um die, wie es Volker R�he einmal ausdr�ckte, Kultur der Zur�ckhaltung abzulegen und die �berholte Beschr�nkung Deutschlands als reine Zivilmacht aufzugeben. Deutschland ist offenkundig dabei, nach Beendigung des Kalten Krieges zu einem ,,normalen" Akteur in Europa zu werden... Die deutsche Elite hat zumindest gedanklich den Sprung in eine NATO geschafft. Sie wird geopolitisch reifer Sie ist auf dem Weg, die deutsche Au�en- und Sicherheitspolitik zu normalisieren"(19)
Im Hinblick auf diesen Sinneswandel der deutschen Eliten kann einen nur das blanke Entsetzen packen angesichts deutscher Geschichte seit 1870! Deutsche ,,Normalit�t" hat seither zu zwei Weltkriegen gef�hrt und wenn jetzt die �R�ckkehr zu Normalit�t" im Denken der Eliten gefeiert wird � hei�t das, da� f�nfzig Jahre Frieden seit 1945 f�r Deutschland nicht ,,normal" waren? Beruhigen kann auch nicht, wenn in der gleichen Umfrage ermittelt wurde, da� nur 22 Prozent der allgemeinen Bev�lkerung Kampfeins�tzen der Bundeswehr im Rahmen der UNO zustimmen. Da die traurige historische Erfahrung zeigt: Wenn es ernst wurde, ist das deutsche Volk in seiner �bergro�en Mehrheit seinen jeweiligen ,,Eliten" immer noch auf dem Weg der Gewaltpolitik gefolgt. Trotz aller vorher bekundeten Friedensbereitschaft. Leider mu� ich daher an dieser Stelle sagen, da� ich f�rchte, das deutsche Volk wird auch diesmal nicht in der Lage sein, der von seinem Staat mehr und mehr ausgehenden Bedrohung aus eigener Kraft Herr zu werden. Dieser Pessimismus gr�ndet sich unter anderem darauf, da� die kommunistischen Parteien in der Bundesrepublik als die naturgem�� konsequentesten Kr�fte in Kampf gegen die friedensgef�hrdende und volksfeindliche Politik des neuen deutschen Imperialismus gespalten sind. Die Spaltung in dieser Frage kam zustande durch den abrupten Kurswechsel der ,,Marxistisch�Leninistischen Partei Deutschlands" auf ihrem IV.Parteitag 1994. Noch im Oktober l990 hatte die MLPD in ihrer Brosch�re ,,DDR aktuell 3" eine �Wiedervereinigung" unter dem Vorzeichen des deutschen Imperialismus strikt abgelehnt und auf die durch die Annexion der DDR bedrohlich wachsende Macht dieses deutschen Imperialismus warnend hingewiesen.
�Die Verteidigung der staatlichen Souver�nit�t der DDR liegt im gemeinsamen Interesse aller antiimperialistischen und demokratischen Kr�fte in Ost und West",(20) hatte es noch in einer Erkl�rung des ZK der MLPD vom Januar 1990 gehei�en. Auf ihrem IV. Parteitag 1994 brach nun die MLPD � die, wenn auch zahlenm��ig klein, so doch die geschlossenste und am st�rksten organisierte Kraft unter den deutschen Kommunisten darstellt � mit dieser Haltung.. Es wurde beschlossen, in der ,,Wiedervereinigung" die ,,L�sung der Nationalen Frage" zu sehen, wodurch der nunmehr in ganz Deutschland vereint f�r ihre Forderungen auftretenden Arbeiterklasse bessere Kampfbedingungen entstanden seien. Diese Einsch�tzung habe ich von Anfang an f�r falsch und sch�dlich gehalten. Nun bin ich durchaus bereit, eigene Auffassungen zu korrigieren, wenn mich die Tatsachen eines Besseren belehren � aus meiner Sicht aber hat die seitherige Entwicklung nicht die geringste Best�tigung f�r die Auffassung der MLPD erbracht. Ganz im Gegenteil sehe ich die Arbeiterklasse heute in einer so schwachen Position wie seit 1945 nicht mehr. Tatsache bleibt aber eben leider, da� die revolution�ren Kr�fte in der BRD zum gemeinsamen Auftreten gegen den neuen deutschen Imperialismus zur Zeit nicht in der Lage sind. So bleibt mir nur die Hoffnung, da� die V�lker Europas rechtzeitig die Gefahr erkennen und sich zu gemeinsamer Kampffront gegen den Hauptfeind in unserer Mitte, den wiedererstanden deutschen Imperialismus, zusammenschlie�en.
So, wie nach dem Machtantritt der Faschisten 1933 in Deutschland von Jahr zu Jahr die Zahl der Warner vor den von dem braunen Deutschland ausgehenden Gefahren wuchs, so mu� heute die Aufkl�rung und der Widerstand gegen den Bonner D-Mark-lmperialismus europaweit organisiert werden. Einen ersten H�hepunkt in diesem gemeinsam in ganz Europa zu organisierenden Kampf k�nnte der Jahrestag der Bombardierung von Guernica durch die faschistische ,,Legion Condor" im April 1937 darstellen. Die Zerst�rung von Guernica, der heiligen Stadt der Basken, war der Auftakt f�r die barbarischen Kriegsverbrechen der Nazi-Wehrmacht und der Waffen-SS im Zweiten Weltkrieg. Mit dem Massaker aus der Luft an der friedlichen Bev�lkerung von Guernica erprobten Hitler und G�ring, was sie wenige Jahre sp�ter an Rotterdam, Coventry und Belgrad exekutierten. Dar�ber hinaus steht ,,Guernica" als erstes Massenverbrechen der Nazi-Kriegf�hrung symbolisch f�r das, was in der Folge durch die Schrecken von Lidice und Oradour, von Baby Jar in der Ukraine und Kalavrita in Griechenland und den Adreatinischen H�hlen bei Rom und schlie�lich ,,Auschwitz� in ewiger Schande mit dem deutschen Namen verbunden bleibt. Ein Sternmarsch von allen diesen und noch vielen anderen St�tten faschistischen Grauens in den einst okkupierten L�ndern Europas mit einer abschlie�enden Gedenkkundgebung in Guernica am April 1997 k�nnte �ber parteipolitische, nationale, religi�se und ideologische Grenzen hinweg alle antiimperialistischen Kr�fte zusammenf�hren und ein Aufbruchsignal sein f�r die V�lker Europas, den Widerstand gegen eine neuerliche, drohende Vergewaltigung durch den deutschen Imperialismus zu organisieren.
Rolf Vellay, Brosch�re gleichen Titels, 1997
Anmerkungen:
-
Periodikum f�r wissenschaftlichen Sozialismus", Nr. 20. M�rz 1961, S. 114, Universum-Verlag, M�nchen.
-
J, W. Stalin, ,,�konomische Probleme des Sozialismus in der UdSSR", S. 41, Verlag f�r fremd-sprachige Literatur, Peking 1972.
-
,,Deutschlandfunk", K�ln, Kommentar Dr. Rupert Neudeck, 16. Mai 1993.
-
�S�ddeutsche Zeitung", ,,Frankreichs deutsche Gespenster", 1. Dezember 1994.
-
,,taz", Berlin, zitiert nach ,,DDR-journal zur Novemberrevolution", S. 133. Verlag ,,Tageszeitungs-gesellschaft".
-
a. a.0. S.33.
-
,,Recklingh�user Zeitung�, 13. Februar 1989.
-
Rheinhard Opitz, �Europastrategien des deutschen Kapitals, 1900�1945", S. 307, Verlag Pahl-Rugenstein.
-
,,FrankfurterAllgemeine", 23. November 1985.
-
�Frankfurter Allgemeine�, 5. Juni 1984.
-
ebenda.
-
ebenda.
-
Stefan Engel, ,,Europa auf dem Weg zur Supermacht", ,,Im gro�deutschen Fadenkreuz"� S. 180/81. Verlag ,,Neuer Weg", Essen.
-
a.a.O.,S. 101.
-
,,Frankfurter Allgemeine", 2. Oktober 1995.
-
,,Deutschlandfunk" K�ln, 10. Dezember 1995, �Hintergrund Wirtschaft".
-
,,Frankfurter Allgemeine", 3. Januar 1995.
-
,,Frankfurter Rundschau", 22. M�rz 1993.
-
�Frankfurter Allgemeine", 11. April 1996.
-
�Wiedervereinigung oder friedliche Annexion?", ,,DDR aktuell 3" S .12 ZK der Marxistisch-Leninistischen Partei Deutschlands, Verlag ,,Neuer Weg", Essen 1990.
Artikel zum in der UZ vom 20.6.1997 erschienenen Artikel von Manfred Sohn: �Das Subjekt der gegenw�rtigen Wendung", von Rolf Vellay bezeichnet als Beispiel f�r eine Tendenz im Umfeld und bei der DKP; Rolfs Artikel erschien in der UZ stark gek�rzt (drei-viertel UZ-Seite) am 5. September 1997. Hier Rolfs ungek�rzte Arbeit:
Der Blick in die Zukunft ist, das lehren uns 150 Jahre Geschichte der marxistischen Arbeiterbewegung, ein schwieriges Gesch�ft. Gleichwohl ist politisches Handeln nicht m�glich ohne Gedanken �ber die Zukunft anzustellen, unter Einbeziehung gemachter Erfahrungen zu erw�gen, welche Entwicklung gesellschaftlicher Kr�fte am ehesten wahrscheinlich ist, die Durchsetzbarkeit eigener politischer Zielsetzungen unter den vermutlichen zuk�nftigen Bedingungen bei realistischer Einsch�tzung des vorhandenen Potentials zu pr�fen und am Ergebnis die eigene Strategie und Taktik in der Gegenwart zu orientieren. Wenn wir n�chtern unsere politische Vergangenheit selbstkritisch ansehen, lernen wir daraus, dass dieser �Blick in die Zukunft" ein hochspekulatives Unterfangen ist. Die Fehlerquote ist offensichtlich gewaltig neben den Volltreffern, die wir auch gelandet haben und aus denen die revolution�re Bewegung bis heute wesentlich Motivation gewinnt.
Die gr�sste Gefahr, der wir nun wirklich vielfach erlegen sind und die zu bitteren, blutigen Niederlagen gef�hrt hat, ist das Sch�nf�rben der Perspektiven. Dabei gilt es zu unterscheiden zwischen verbrecherischer Absicht der T�uschung - SPD 1918/19 ,,Der Sozialismus marschiert", Kurt Schumacher 1945: ,,Der Sozialismus steht auf der Tagesordnung" - , und der Fehleinsch�tzung aus voluntaristischem, revolution�rem Enthusiasmus, beruhend auf - in manchen F�llen fahrl�ssiger, unverantwortlich leichtsinniger - Missachtung der Gegebenheiten.
Der konkrete Fall
Unter dem immerhin anspruchsvollen Titel �Das Subjekt der gegenw�rtigen Wendung" stellt Manfred Sohn in der UZ vom 20. Juni 1997 aufgrund der Wahlergebnisse aus j�ngster Zeit in einigen wichtigen L�ndern ,,�ber1egungen zum Tr�ger eines neuen sozialistischen Anlaufs" in einem ganzseitigen Artikel an. ,,Die kapitalistischen Hochburgen selbst geraten in Bewegung� beginnt der Vorspann meinem Textes und der Autor st�tzt diese Feststellung auf den Stimmengewinn der japanischen Kommunisten bei des Parlamentswahlen im Oktober 1996, auf die Einsch�tzung, Labour habe bei den k�rzlichen Wahlen in Gro�britannien die Tories ,,hinweggefegt", ferner, in Frankreich seien nun die Kommunisten ebenso wie in Italien f�r die Regierungsbildung �unentbehrlich" und schlie�lich seien in Russland die Kommunisten die ,,st�rkste Partei".
Diese Fakten veranlassen ihn dann zu der Frage: ,,Welche M�glichkeiten er�ffnet dieser Aufbruch f�r einen neuen sozialistischen Anlauf, der diesmal sich m�glicherweise nicht am Rande, sondern im Herzen des imperialistischen Systems selbst entfaltet?"
Interessant ist so schon mal die Formulierung der gestellten Trage. H�tte sie gelautet: ,,Er�ffnet dieser Aufbruch neue M�glichkeiten....", lie�e das ja zun�chst einmal die Antwort offen. Mit der Wendung ,,Welche M�glichkeiten er�ffnet dieser Aufbruch .., gibt der Autor eindeutig seine verinnerlichte Fixierung auf die Bedeutung von Wahlergebnissen als entscheidenden Hebel f�r die Ver�nderung politischer Machtverh�ltnisse zu erkennen. Vollends deutlich wird das an der Verwendung des in diesem Zusammenhang euphorisch klingenden Wortes ,,Aufbruch" f�r das Zustandekommen linker Mehrheiten in Parlamenten. Und schlie�lich, neuer ,,sozialistischer Anlauf" im ,,Herzen des imperialistischen Systems". Ja, da sieht wohl einer schon wieder konkret die revolution�r-sozialistische Morgenr�te am kapitalistischen Endzeithorizont heraufd�mmern - wie gehabt! Wie oft schon gehabt?
USA - Fehlanzeige !
Was ist davon zu halten? Beginnen wir bei der Analyse mit der Lokalisierung der nach Manfred Sohn sich anbahnenden revolution�ren Ver�nderungen ,,in Herzen des imperialistischen Systems". Im Gegensatz zum menschlichen Herzen, um bei der anatomischen Metaphorik zu bleiben, weist der Imperialismus offensichtlich mehr als zwei ,,Herzkammern" auf. Die wichtigste und in jeder Beziehung st�rkste sind eindeutig die USA. Sohn zitiert mehrfach die FAZ, also darf ich das auch. Zum Beispiel FAZ, 2. 5. 97 unter der �berschrift: �Amerikas Wirtschaft weiter stark in Schwung?":
�Mit einem starken Wachstum von real 5,6 Prozent (auf das Jahr hochgerechnet) im ersten Quartal hat die amerikanische...Wirtschaft alle Erwartungen weit �bertroffen..." Schon im vierten Quartal 1996 habe das Wachstum mit 3,9 Prozent deutlich �ber den offiziell prognostizierten 2,3 Prozent gelegen, hei�t es weiter. Mit diesen Zahlen wiesen die USA das h�chste reale Wachstum seit zehn Jahren aus.
Passend dazu die FAZ am 5. Juni 1997: ,,Die Zahl der Arbeitslosen in den Vereinigten Staaten ist im April auf den niedrigsten Stand seit 24 Jahren gesunken. Die Quote habe bei 4,9 Prozent gelegen, teilte das Arbeitsministerium in Washington mit. Das sei der niedrigste Stand seit 1973. Gleichzeitig sank auch der w�chentliche Durchschnittsverdienst im Vergleich zum M�rz um knapp ein Prozent auf 420 Dollar. Im Vergleich zum April vorigen Jahres verdienten die Amerikaner jetzt aber durchschnittlich 3,6 Prozent mehr."
Diese Zahlen erkl�ren auch die ,,st�rmische Zunahme des privaten Verbrauchs (plus 9,9 Prozent)" FAZ, 2. 5. 97. Am 16. Juni meldet das gleiche Blatt aus Washington, die erh�hten Steuerzufl�sse aufgrund des starken Wirtschaftswachstums lie�en wahrscheinlich das Haushaltsdefizit auf 40 Mrd. Dollar schrumpfen - im Haushaltsansatz war mit einem Defizit von 148 Mrd. Dollar gerechnet worden. Sollte wie bisher die Konjunktur anhalten, k�nne der Haushalt im n�chsten Jahr sogar ohne Defizit abschlie�en!
St�rkstes Wachstum seit zehn Jahren, niedrigste Arbeitslosigkeit seit 24 Jahren, Lohnzuwachs. bei niedriger Inflation und niedrigen Zinsen, starke Zunahme des Konsums, sinkende Staatsverschuldung - das alles spricht f�r sich, unbeschadet der se1bstverst�ndlich nach wie vor gegebenen Krisenanf�lligkeit jeder kapitalistischen Wirtschaft und unbeschadet der Skepsis hinsichtlich der Arbeitslosenzahlen. Nach 0ECD-Kriterien z.B. liegt die Arbeitslosigkeit in den USA bei 17 Prozent. Zur Zeit jedenfalls bleibt festzuhalten: Die USA - Herzkammer des Weltimperialismus pumpt entgegen allen unseren Erwartungen �beraus kr�ftig � und das trotz aller katastrophalen sozialen Missst�nde in ,,Gottes eigenem Land"! Das T�pfelchen auf den ,,i": Absoluter H�chstkurs des Dow-Jones-Aktienindex mit �ber 8ooo Punkten - gleichzeitig radikale Streichung von Leistungen in der Wohlfahrtsgesetzgebung, ohne dass sich irgendwie soziales Aufbegehren erkennen l�sst. Manfred Sohns ,,Subjekt der gegenw�rtigem Wendung" nimmt in den USA die Dinge offenbar hin, wie sie sind. Spricht er in Europa von einigen kommunistischen ,,Baby-Parteien", so befindet sich Vergleichbares in den USA, wie seit l�ngerem schon, in embryonalem Stagnationsstadium.
Die etwas ausf�hrlicherere Befassung mit der Situation in den USA ist deshalb notwendig, weil Manfred Sohn bei seiner schlie�lich weltumspannenden Betrachtung �ber die Lage im weitaus wichtigsten imperialistischen Staat kein Wort verliert. Aber ohne dass sich auch da etwas �ndert, wird aus der von ihm gesichteten sozialistischen Morgenr�te wohl kein strahlender revolution�rer Sonnenaufgang weltweit werden, Klar, USA passt derzeit nicht ins Bild, wird ausgeblendet - wie gehabt!
Geht in Japan die sozialistische Sonne auf?
Nicht ausgeblendet dagegen wird bei Manfred Sohn Japan, bei uns f�r gew�hnlich ,,Land der aufgehenden Sonne" genannt. F�r ihn geht dort offenbar nicht nur die planetarische Sonne auf, sondern auch eine fiktiv-revolution�r-sozialistische, in deren Strahlen er sich sichtbarlich w�rmt. Sind f�r ihn doch die Kommunisten die eigentlichen ,,Sieger der Parlamentswahlen in Oktober 1996". Die Ergebnisse dieser Wahlen sind mir nicht pr�sent, aber ich lese in der FAZ vom 8.7.�97 die �berschrift �Erfolg der Kommunisten in Tokio", In Text hei�t es: ,,Die Kommunistische Partei wird k�nftig 26 Abgeordnete im Stadtrat stellen, sie konnte die Zahl ihrer Sitze seit den Wahlen des Jahres 1993 verdoppeln. Es ist das beste Ergebnis der Kommunisten in einer Kommunalwahl in Tokio und. macht die Partei zur zweitst�rksten Kraft im Stadtparlament." So weit, so gut und ganz hervorragend, m�chte man meinen und es liest sich wie eine Best�tigung der Einsch�tzung von Manfred Sohn, die eigentlichen Gewinner der letztj�hrigen Parlamentswahlen seien die Kommunisten. Trotzdem ist bei der Einsch�tzung Zur�ckhaltung angesagt: Einmal, weil keine absoluten Stimmzahlen genannt werden. Die Wahlbeteiligung betrug nur 40,8 Prozent gegen�ber 52 Prozent bei der vorhergehenden Wahl. Selbst ein nur moderater absoluter Stimmanstieg der Kommunisten kann dann schon zu einer �berproportionalen Erh�hung der Zahl der Mandate f�hren und die alleinige Orientierung an dieser f�hrt dann zu der bei uns in solchen F�llen �blichen �bersch�tzung des Masseneinflusses der Partei.
Zum anderen, und das ist der f�r mich bei weiten gewichtigerer Grund zur Zur�ckhaltung: Ich wei� nichts N�heres �ber die heutigen ideologischen Positionen der KP Japans. Ich erinnere mich aber an die gro�e Marx-Konferenz 1978 in Berlin. Und was die japanischen Genossen damals vorgetragen haben, war aus meiner Sicht so katastrophal, dass ich mich nur gewundert habe, wie SED und KPdSU das zulassen konnten. Angesichts der sp�teren Entwicklung der beiden Parteien erscheint mir die damalige Toleranz heute einleuchtend. Wenn die Japanischen Genossen aber immer noch in dem gleichen ideologischen Sumpf waten wie damals, dann sind ihre Stimmengewinne f�r die revolution�re Bewegung nicht mehr wert, als wenn einstmals die KP Italiens jahrzehntelang die Rath�user wichtiger Gro�st�dte beherrschte. Was hat es uns gebracht angesichts des ideologischen F�ulnisprozesses in der Partei, der am Ende auch hinsichtlich des Namens zur Liquidierung f�hrte? In der FAZ wurden damals die kommunalpolitischen Leistungen der Kommunisten gelegentlich durchaus anerkannt - sie ,,m�ssten halt nur vom Leninismus lassen", seufzte der Leitartikler der FAZ einmal. Sie taten�s, die "Genossen" in Italien � das Ende ist bekannt
Soviel zum wahlpolitischen ,,neuen sozialistischen Anlauf" in der japanischen Herzkammer des Weltimperialismus.
Auf dem Kreml blinkt immer noch der Rote Stern....
..... und Lenin ruht nach immer im Mausoleum auf dem Roten Platz und Stalins Grab an der Kremlmauer ist geschm�ckt mit Blumen wie eh und je und noch ist Russland keine ,,Herzkammer" des Weltimperialismus - eher jetzt der Abort des Systems. Vierzig Jahre lang hat unsereins die Menschen dort gegen alle Angriffe und Beleidigungen verteidigt, - der heute alle gesellschaftlichen Ebenen durchdringende fl�chendeckende moralisch-politische Niedergang und Verfall zeigt, dass die Massen dort eines Lenin und Stalin bedurften, um Weltgeschichte zu schmieden. Diese Sicht �ndert nichts daran, dass ich nach wie vor die Volksmassen f�r die Sch�pfer und Gestalter der Geschichte halte � nur, mit 18 Millionen ,,Bolschewiken", die wir in der KPdSU vereinigt sahen, war nichts mehr los, als es darauf ankam. So wenig wie mit der SED im entscheidenden Moment. Was soll heute wohl los sein mit einer ,,Kommunistischen Partei Russlands" nach deren Wahlsieg das US-Au�enministerium die �ffentlichkeit wissen lie�: ,,Kein Grund zur Beunruhigung!" Nein, der besteht auch wirklich nicht und f�r mich ist der Grund nicht ersichtlich, der Manfred Sohn veranlasst hat, diese Partei den Faktoren mit der Potenz zur Weltver�nderung zuzurechnen. Aber es gibt ja bei uns auch an sich kluge Leute, die trotzdem immer noch Hoffnung auf die PDS setzen....
Bringt es vielleicht ,,New Labour"?
Manfred Sohn schlie�t das jedenfalls nicht aus mit der Bemerkung, die Labour Party sei nach wie vor ,,mehr als durchgeblairter Neoliberalismus". In der Tat stimmt das seit alters her so in allen reformistischen Parteien, dass man sich dort der Attraktivit�t f�r ein bestimmtes W�hlerpotential wegen wohldosiert ein paar ,,linke Spinner" h�lt, die man sich ganz gern auch wegen des Anscheines innerparteilicher Demokratie leistet. Sollten in gesellschaftlichen Krisensituationen diese Gruppierungen Zulauf erhalten und zur Gefahr zu werden drohen, sorgt man schon f�r �Regulierung" - siehe den Ausschluss des SDS aus der SPD. Dass das gegebenenfalls auch bei ,,New Labour" so sein wird, daf�r steht der Medien-Strahlemann Tony Blair, �ber den man in der FAZ am 3.5.�97 folgende Einsch�tzung lesen konnte: ,,Und auch seine innerparteilichen Widersacher mussten rasch erkennen, dass sich hinter Blairs L�cheln ein fester Wille zur Macht verbirgt. Dass er, der einst als �Bambi" verspottete Vater dreier Kinder, bei der Vers�hnung der Partei mit der Marktwirtschaft, mit den Erfordernissen einer modernen Verteidigung und. dem Prinzip individueller Verantwortung eine kompromisslose H�rte zeigte, hat ihm den Vorwurf eines autorit�ren, gar `stalinistischen� F�hrungsstils eingetragen".
Danach scheint auf Tony Blair wirklich ,,Verlass" zu sein, den - so die FAZ im gleichen Beitrag � Sch�ler ,,einer der nobelsten Privatschulen Schottlands" und Jura-Absolventen des St. John-College in Oxford, wo bekanntlich nicht gerade die Nachwuchskader der revolution�ren Arbeiterbewegung ausgebildet werden. Was er da gelernt hat, hat er dann - immer der FAZ zufolge � nach seiner Wahl zum Vorsitzenden der Labour-Party umgesetzt, indem er die Partei einer ,,beispiellosen ideologischen Reinigung" unterzog. �Er hat sie auf eine Politik der Mitte ausgerichtet, den ehemals erdr�ckenden Einfluss der Gewerkschaften auf die Politik der Partei zur�ckgedr�ngt. Er hat sich dabei nicht von den damals keineswegs schwachen traditionalistisch-sozialistischen Kr�ften der Beharrung beirren lassen".
Eben. Und deshalb konnte die FAZ am 3. Mai, zwei Tage nach der Wahl, mit dreispaltiger �berschrift im Wirtschaftsteil aus London vermelden: ,,B�rse reagiert gelassen auf Labours Wahlsieg." Im Weltfinanzzentrum London wei� man offenbar seine Angelegenheiten in vertrauensw�rdigen H�nden! Nicht ganz so einverstanden waren offenbar mit ,,New Labour" Teile der bisherigen linken W�hlerschaft. Oder wie erkl�rt es sich, dass ausgerechnet bei dieser Wahlschlacht gegen die verhassten Tories in einer Reihe traditioneller Hochburgen von Labour - bei Gewinn der Sitze f�r die Partei - der prozentuale Anteil der Labour-Stimmen zur�ckging, wie aus der ausgezeichneten Wahlanalyse der ,,Arbeiterstimme" zu entnehmen ist. Aber nicht nur an der Basis gibt es Skepsis. So hei�t es in der FAZ vom 3.5.�97 unter der bezeichnenden �berschrift ,,Untergang im Sieg?", Untertitel ,,Die linken Intellektuellen Gro�britanniens sind nun heimatlos": ,,Die Bereitschaft, es allen recht zu machen, und dabei die alten Grunds�tze der Arbeiterbewegung �ber Bord zu werfen, hat Blair auch Mitgliedern der linken Intelligenz entfremdet, die sich seit der Thatcher-�ra entm�ndigt f�hlt und nichts so sehr herbeisehnte wie einen Labour-Sieg. ... Sie fragen, wie Ben Pimlott, Professor an der Londoner Universit�t und Autor einer Harold-Wilson-Biographie, 'ob eine Partei ihr historisches Zielbewusstsein wie eine Schlangenhaut abwerfen kann, ohne sich eine neue zuzulegen, die nicht blo� eine hochempfindliche Membran f�r die Bed�rfnisse der Verbraucher ist'. Der Publizist Martin Jaques, Herausgeber der inzwischen eingestellten Zeitschrift 'Marxism Today', hatte Biairs Wahl zum Parteif�hrer zun�chst begr��t. Inzwischen sieht er in New Labour jedoch eine �historische Niederlage f�r die britische Linke'"
Lohnt es noch- um in der Metaphorik von Manfred Sohn zu bleiben - sozusagen �Herzrhythmusst�rungen" in der britischen Herzkammer des Weltimperialismus zu diagnostizieren, wenn der progressive englische Dichter Harold Pintcr schon vor der Wahl New Labour �Arschleckerei gegen�ber dem Big Business (Literaten d�rfen sich so ausdr�cken!) als eine Schande vorwarf und selbst das �Neue Deutschland" am 5. Mai. 1997 meint (ich bitte zu registrieren, was es hei�t, wenn ich das �ND" zitiere!): Inhaltlich setzt Blair durch moderate und in sofern modernisierte Fortschreibung dem Thatcherismus letztlich die Krone auf.
In dem bereits zitierten FAZ- Beitrag �Untergang im Sieg" hei�t es - und ich meine zutreffend - zum Schluss: �Tony Blairs Kritiker in der eigenen Partei haben ihm vorgeworfen, er b�te nichts als den Thatcherismus mit menschlichen Antlitz. Anders als Margaret Thatcher, die das ganze Land umkrempeln wollte, hatte Labour zun�chst nur ein Ziel: Labour um jeden Preis wieder w�hlbar zu machen, indem er dem linken Fl�gel einen Maulkorb anlegte. Neben New Labour gibt es einen anderen Sieger der Wahl vom l. Mai, Margaret Thatcher".
Noch Fragen? Man sollt meinen - nein. Manfred Sohn aber schreibt: �Labour ...hat die Konservativen nicht von der Macht verdr�ngt, sondern weggefegt". H�rt sich gut an f�r uns und die Mandatszahlen belegen es: Labour 419 Sitze, - die h�chste jemals erreichte Zahl und damit eine wirklich haushohe Mehrheit im Unterhaus. F�r die Tories 165 Sitze, das schlechteste Ergebnis seit 1832, f�r die Liberalen 46 Sitze, femer noch ein paar Sitze f�r Schotten, Waliser usw. F�r Manfred Sohn langt die Sitzverteilung f�r das Diktum �weggefegt". Das passt ins Bild, kommt in Grossaufnahme in den Vorspann seines Artikels, eignet sich gut f�r die Motivierung der nach linken Erfolgserlebnissen d�rstenden Leserschaft - weitere Analyse wird ausgeblendet, ist nichts f�rs Parteivolk. Dabei relativieren die Stimmzahlen sowie die Wahlbeteiligung bei genauerer Betrachtung den ,, Erdrutschsieg" von Labour. Die Tories erhielten 31,4 Prozent der Stimmen, Labour 44,4 Prozent. Nach den Stimmen ist das knapp die H�lfte mehr als die Tories, brachte aber zweieinhalbmal soviel Sitze im Unterhaus ein, als die Tories bekamen. So etwas kommt zustande aufgrund des britischen Mehrheitswahlrechts in den einzelnen Wahlkreisen, das Maggie Thatcher z.B. einmal die Mehrheit im Unterhaus einbrachte mit 37 Prozent der Stimmen gegen�ber einer Stimmenmehrheit von Labour von 44 Prozent! Der �Times" vom 3.5.'97 zufolge lag das prozentuale Stimmergebnis f�r Labour bei dem jetzigen triumphalen Erfolg nur wenig �ber dem der Wahlen von 1959 und 1970, als Labour jeweils schwer geschlagen wurde. Die Arbeiterstimme in ihrer Analyse:
�Blairs Erdrutschsieg r�hrt her vom Zusammenbruch der Tories, deren Unbeliebtheit seit 1992 kontinuierlich angewachsen ist. Die niedrigen Ergebnisse (f�r Labour, d.Verf.) in den st�dtischen Zentren k�nnten so zu verstehen sein, `dass es sich hier weniger um eine positive Unterst�tzung von New Labour als eine begeisterungslose Abstimmung gegen die Tories handelt� (Independent, 5.5.�97). Genauso ist es.�
Diesem �Genau so ist es� der �Arbeiterstimme� kann ich mich nur anschlie�en, wenn ich ansonsten auch mit deren politischer Orientierung nichts an Hut habe. Daf�r, dass es sich nicht in erster Linie um �enthusiastische Zustimmung� f�r Labour handelte, sondern um die ,,begeisterungslose Ablehnung der Tories�, spricht auch die Wahlbeteiligung von nur 71 Prozent, sieben Prozent weniger als 1992 und die niedrigste seit 1945! Auch das ein Detail, das bei Manfred Sohn offenbar nicht ins Bild passt � wie k�nnte er sonst im Hinblick auf die von ihm gesehene zunehmende Politisierung der Menschen pauschal urteilend schreiben: ,,Dieser Umschwung schwappt bis in die Wahlurnen - ablesbar an den gestiegenen Wahlbeteiligungen�.
Wohl zutreffend f�r Frankreich, aber eben nicht f�r Gro�britannien. Zur realistischen Bewertung des linken Wahlsieges in der britischen ,,Herzkammer des Weltimperialismus� noch dieses: Labour 44,4 Prozent, Tories 31,4 Prozent, Liberal-Demokraten 17,2 Prozent. Da man sicherlich auch bei weitestgehender Auslegung des Begriffs ,,antikapitalistische Kr�fte� die W�hler der Liberal-Demokraten nicht wird zu den Antikapitalisten z�hlen k�nnen, hat Labour: trotz �berw�ltigender Mehrheit im Unterhaus keine Mehrheit im Volke, denn Tories und Liberal-Demokraten haben zusammen 48,6 Prozent der Stimmen gegen�ber 44,4 Prozent f�r Labour - wohlgemerkt der Wahlberechtigten, die auch zur Wahl gegangen sind. Macht man nun f�r Labour die Rechnung auf, die Fritz Noll in der ,,UZ� vom 4.Juli (1997, Red. Offensiv) auf der ersten Seite unter der �berschrift ,,Sozialdarwinismus in den USA kein Vorbild f�r die Welt� den Herrschenden in den Vereinigten Staaten vorh�lt, n�mlich dass sie aufgrund der dort �blichen geringen Wahlbeteiligung im Durchschnitt nur von 25 Prozent der Bev�lkerung in ihre �mter gew�hlt werden, dann kann sich Labour gerade mal so auf 30,8 Prozent der gesamten wahlberechtigten Bev�lkerung st�tzen - auch nicht gerade �berw�ltigend und vermutlich etwas mager, um daraus M�glichkeiten ,,f�r einen neuen sozialistischen Anlauf� unter Umst�nden sogar ,,im Kerzen des imperialistischen Systems� abzuleiten.
Der Ordnung halber sei schlie�lich noch erw�hnt, dass hier von der KP Gro�britanniens deshalb nicht die Rede war, weil sie bei Parlamentswahlen keine Rolle spielt. Es ist lange her, dass die Partei zwei Abgeordnete ins Unterhaus entsenden konnte, Das war 1945 - in der Stalinepoche und die ist ja zur Zufriedenheit so vieler Linker gl�cklich vorbei!
Frankreich - Keine linke Mehrheit in Volk!
Vorbei auch in Frankreich, wo die Kommunistische Partei 1946 fast 30 Prozent der Stimmen erhielt! Jahrzehntelang hielt sich die KPF dann noch bei gut �ber 20 Prozent, auch noch, nachdem die Genossen sich 1968 das patriotische Verdienst erworben hatten, einen entscheidenden Beitrag zu leisten beim Abw�rgen des revolution�ren Aufbegehrens erst der Studenten und dann auch der Arbeiter im legend�ren Mai �68. Damit retteten sie de Gaulle vor dem Verlust der Macht und bewahrten � vielleicht � Frankreich vor dem B�rgerkrieg.
Chruschtschows verderbliche These von der M�glichkeit des parlamentarischen Weges zum Sozialismus in hochentwickelten L�ndern trug 12 Jahre nach dem XX. Parteitag Fr�chte! Damit aber war der Keim gelegt f�r den beginnenden inneren Zerfall der Partei. Es wurde die Entwicklung eingeleitet, die nach dem Harakiri der Regierungsbeteiligung unter Mitterand 1981 die Kommunisten weitgehend ihren Masseneinfluss kostete und schlie�lich auf dem letzten Parteitag im Dezember 1996 in den offenen Reformismus m�ndete, Dass das so ist, belegt eindeutig der Bericht der beiden DKP-Vertreter auf dem Parteitag, Heinz Stehr und Georg Polikeit, ver�ffentlicht in der ,,UZ� vom 10.1.�97:
�Zugleich aber kn�pft sich daran (an die Kritik des Kapitalismus; d. Verf.) die Vorstellung, dass die ,soziale Transformation� bereits heute mit der Durchsetzung einzelner Reformschritte gegen die `Logik des Geldes� beginnt und in einem l�nger anhaltenden Prozess schrittweise zur Herausbildung der neuen kommunistischen Gesellschaft f�hren wird, deren �konomische und politische Grundlagen ohne deutliche Aussage zur Macht- und Eigentumsfrage nur reichlich vage definiert werden. Eingeordnet in dieses Konzept ist auch der auf dem Parteitag nunmehr offiziell verk�ndete Verzicht auf das Ziel ,Sozialismus� als Vor- und �bergangsstufe zum Kommunismus�.
Mit solchen programmatischen Aussagen tilgt die KP Frankreichs endg�ltig die letzten �berbleibsel revolution�rer Ideologie, nachdem sie ihren Charakter als revolution�re Partei schon l�ngst verloren hatte durch Verzicht auf die Forderung nach Errichtung der ,,Diktatur des Proletariats� und schlie�lich auch der Aufgabe des ,,demokratischen Zentralismus� als Organisationsprinzip. Da ist es nur konsequent, wenn seitens der F�hrung auf dem Parteitag die Rede davon war, man wolle weg von einer ,,kommunistischen Partei vom Typ der III. Internationale�, hin zu einem ,,franz�sischen Kommunismus�. Dementsprechend hei�t das bisherige Zentralkomitee jetzt ,,Nationalkomitee� und das ehemalige Politb�ro wird in ,,Nationalb�ro� umbenannt. Dementsprechend wird jetzt, dem Beispiel anderer ehemals kommunistischer Parteien folgend, �die Vergangenheit aufgearbeitet�. Laut FAZ vom 24.6.�97 sprach der Parteivorsitzende Hue auf einer der Rehabilitierung des einst prominenten Genossen Kriegel-Valrimont gewidmeten Veranstaltung im lothringischen Longlaville sein Bedauern �ber in der Vergangenheit ,,in der KPF begangenes Unrecht aus�. ,,Ja, die Kommunistische Partei ist zutiefst und f�r lange Zeit vom Stalinismus gepr�gt gewesen�. Bezeichnend, dass die FAZ dazu vermerkt: ,,Kriegel-Valrimont geh�rte zu denen, die die vom den sowjetischen Parteichef Chruschtschov begonnene Entstalinisierung unterst�tzten�. 1961 hatte er seinen Sitz im Zentralkomitee verloren.
Der Lohn f�r derlei opportunistische Bu�ebekenntnisse wie das von Hue blieb nicht aus. Fix entdeckten franz�sische Intellektuelle ihre linksradikalen Sympathien wieder. Der Filmregisseur Gerard Blain sah auf einmal f�r die Partei die �wunderbare Gelegenheit, wieder revolution�r zu werden� und forderte die Rehabilitierung Trotzkis, �um Stalin endg�ltig zu begraben� ( FAZ, 3.6.�97) An gleicher Stelle hei�t es weiter, den ,,vom Totalitarismus gel�uterten Kommunisten� h�tten ,,ein paar prominente Intellektuelle - von Emanuel Todd bis Julia Kristeva - ...einen antistalinistischen Persilschein� ausgestellt. Todd in einem Rundfunkinterview lt. FAZ von 30. 4.�97: ,,Ich kehre mit gro�em Vergn�gen zu den Kommunisten zur�ck. Sie sind entstalinisiert und verf�gen �ber menschliche und ideologische Qualit�ten - zum Beispiel den Glauben an die Gleichheit, - die in der politischen Landschaft selten geworden sind�.
Die volle W�rze erh�lt eine solche �u�erung dadurch, dass Todd Wahlkampfberater von Chirac bei der Pr�sidentenwahl vor zwei Jahren war!
Mit solch qualifizierter Unterst�tzung kann ja nichts mehr schief gehen � und es ging auch nichts schief bei den j�ngsten Wahlen. Ist es doch ein durchschlagender Erfolg, wenn sich die Zahl der Abgeordneten der Partei von 23 auf 38 um mehr als die H�lfte erh�ht! Diesen Sprung vor Augen, h�rt bei Manfred Sohn offenbar auch schon die Wahlanalyse auf und er sieht Anlass f�r die stolze Feststellung: ,,Die Kommunisten sind in Frankreich zur Regierungsbildung unentbehrlich�. Ausgeblendet wird dabei, dass der prozentuale Stimmanteil der Kommunisten beim ersten Wahlgang 1995 gerade mal von 9,1 auf 9,4 gestiegen ist. F�r noch nicht einmal ein Prozent mehr Stimmen �ber 50 Prozent mehr Abgeordnetenmandate - das ist doch wohl ein gl�nzendes politisches Gesch�ft! Grundlage f�r den deal: Das bereits vor den Wahlen geschlossene B�ndnis mit den Sozialisten - und das w�re vermutlich nicht zustande gekommen ohne den ,,Entstalinisierungsparteitag� der KPF vom Dezember 1996. Aus einer auf solche Art und Weise erlangten Schl�sselstellung f�r eine linke Regierungsbildung bei kaum gestiegenem Masseneinfluss der Partei leitet Manfred Sohn M�glichkeiten ,,f�r einen neue sozialistischen Anlauf ...... im Herzen des imperialistischen Systems� ab!
Wie wackelig tats�chlich die linke Mehrheit in Frankreich ist, auf die nicht nur Manfred Sohn gro�e Hoffnungen setzt, zeigt ein weiteres Zahlenparadoxon dieser Wahlen. Als Folge des franz�sischen Wahlrechts blieb den ,,Ecologiste�, den dortigen ,,Gr�nen�, trotz eines Stimmanteils vom 11,1 Prozent 1993 ein Sitz im Parlament versagt. Ihr Stimmanteil beim ersten Wahlgang jetzt ging auf 6,81 Prozent zur�ck � aber durch das B�ndnis mit den Sozialisten k�nnen sie jetzt stolze sieben Abgeordnetenmandate aufweisen! Demgegen�ber konnte die rechtsradikale Nationale Front Ihren Stimmenanteil gegen�ber 1993 von 12,7 auf jetzt 14,94 Prozent steigern, was aber gerade mal f�r ein Abgeordnetenmandat reichte.
Im Hinblick auf die Zusammensetzung des Parlaments verzerrt das Wahlrecht einfach das wahre Stimmungsbild in der Bev�lkerung. Das verleitet zu dem gef�hrlichen Fehlschluss, in Frankreich, einer der ,,Herzkammern des Weltimperialismus�, h�tten wir nach den letzten Wahlen eine ,,linke Mehrheit�. Z�hlt man die f�r die vereinigte Rechte und die Front National abgegebenen Stimmen zusammen, dann ergibt sich f�r die gesamte Rechte ein Stimmanteil von 51,46 Prozent - die Linke in Frankreich hat also ebenso wenig eine Mehrheit im Volk wie Labour in Gro�britannien. Aber, derlei diffizile Erw�gungen liegen nat�rlich dem ,,UZ�-Redakteur Manfred Sohn fern, man muss vielmehr - nach langj�hrig bew�hrtem Vorbild - das ,,Positive aufgreifen�, allem andere wird, ebenfalls nach langj�hrig bew�hrtem Vorbild, ausgeblendet. Wozu die Basis mit solchen �berlegungen belasten, da ist es doch viel sch�ner und einfacher, mit rosa parlamentarischer Himbeersauce revolution�r-sozialistischen Schaum zu schlagen.
Wollen wir sehen, wie die Regierung Jospin mit dem Problem zurecht kommt, die Wahlversprechungen zu erf�llen, den Maastricht-Kriterien gerecht zu werden und auch noch den Interessen des gro�en Kapitals Rechnung zu tragen, womit die Banker und die �patrons� der gro�en Konzerne offenbar fest rechnen � dreispaltige �berschrift im Wirtschaftsteil der FAZ vom 3.6.�97, zwei Tage nach der Wahl: ,,Die Pariser B�rse f�rchtet die Sozialisten nicht�. Warum sollte sie auch?, kann ich da nur nach aller historischen Erfahrung fragen. Wollen wir mal sehen, wie sich ein kommunistischer Transportminister aus der Aff�re zieht, wenn es � was ganz schnell passieren kann � auch unter einer linken Regierung zu Streiks im Verkehrswesen kommt, die das Land lahm zu legen drohen und die f�r die multinationalen Konzerne in Zeiten der Just-In-Time-Produktion lebenswichtigen interkontinentalen Verbindungen unterbrechen! 1984 war eine linke Regierung nicht gef�hrdet durch das Ausscheiden der Kommunisten, die Sozialisten hatten ohnehin die absolute Mehrheit. Anders heute, da belastete ein Ausstieg der Kommunisten sie mit der Verantwortung f�r das Scheitern des linken Projekts �berhaupt.
Andererseits hat Chirac f�r die Rechte durchaus noch einen Joker im �rmel, falls Jospin Probleme bekommt, seine Wahlversprechungen einzul�sen und die Stimmung im Land umschl�gt: Die Verfassung erlaubt ihm, in einem Jahr erneut die Nationalversammlung aufzul�sen und bei nochmaligen Wahlen kann es im Parlament am Ende wieder ganz anders aussehen. Immerhin ist seit 1981 jede amtierende Regierung, ob linker oder rechter Couleur, abgew�hlt worden. Der bekannte konservative Politiker Alain Peyrefitte, Senator und Leitartikelschreiber in ,,Figaro�, bastelt nach verschiedenen Meldungen bereits eifrig an einem Modell, das Stimmpotential der Front National f�r die Rechte nutzbar zu machen.
Wie wenig auch lange die Macht aus�bende linke Parlamentsmehrheiten unter den Bedingungen des b�rgerlichen Parlamentarismus Aussicht auf gesellschaftsver�ndernde Best�ndigkeit haben, bewies uns da gerade letztes Jahr erst Spanien. Nach 13 1/2 Jahren Regierungsverantwortung wurden die Sozialisten unter Felipe Gonzales - �brigens bevorzugter politischer Partner von Helmut Kohl - unter dem Druck bis in h�chste Regierungskreise reichenden Korruptionsskandal und wegen des Verdachtes des Staatsterrorismus - Bildung von ,,Todesschwadronen� im Kampf gegen die ETA � abgew�hlt. Aber das Negativbeispiel ,,Spanien� kommt im hoffnungsvollen Zukunftsgem�lde von Manfred Sohn nicht vor, es liegt halt nicht in dem von ihm ausgemachten Trend. Nicht kleinlich in der Wortwahl, schweigt er lieber in der Hoffnung auf ,,titanenhafte� Auswirkungen, wenn erst die durch den Kapitalismus arbeitslos gemachten Menschen ihre bisherige Resignation �berw�nden und dann nat�rlich an den Wahlurnen, so meint er wohl, die ,,richtige� Entscheidung tr�fen. Das befl�gelt ihn dann zu dem Satz: ,,Denn wir sind Zeugen einer Entwicklung, f�r die das oft �berzogen gebrauchte Wort `historisch` tats�chlich zutrifft. Sein Wort in das Ohr unserer Klassiker � nur h�tten die bei einer Analyse wahrscheinlich nicht �bersehen, dass einer Statistik aus ,,Le Monde� zufolge, in Frankreich 49 Prozent der abstimmenden Arbeitslosen das Rechtsb�ndnis und die Nationale Front gew�hlt haben - die NF sogar weit �berproportional! Und in Spanien haben sogar 23 Prozent Arbeitslose die Sozialisten nicht vor der Abwahl gerettet!
Linker Hoffnungsschimmer f�r die BRD?
Nur gut, dass wir in der Bundesrepublik erst im n�chsten Jahr gro�e Wahlen haben. G�be es schon jetzt, wie die Umfragen ausweisen, .einen Wahlsieg der Schr�der-Lafontaine-SPD und der Fischer-Gr�nen, die Euphorie von Manfred Sohn w�rde wohl �berborden. Aber, so weit ist es noch nicht und so beschr�nkt er sich denn auf die immerhin hoffnungmachende Bemerkung, auch Kohl und Konsorten d�mmere es, ,,dass die Entwicklung um dieses Land keinen Bogen macht�. Also, irgendwie kam mir diese Floskel bekannt vor. Ach ja, �Freud l�sst gr��en�, das Unterbewusstsein hat da wohl Manfred Sohn die Feder gef�hrt. Erich Honecker war es, der in seiner bekannten Geraer Rede davon sprach, auch um die Bundesrepublik ,,werde der Sozialismus keinen Bogen machen.� Diene sprachliche Nettigkeit bei Sohn gibt mir doch Gelegenheit, auch mal etwas Positives �ber den Autor zu sagen. Sie verr�t, in welchem politischen Umfeld er seine Pr�gung erfahren hat und das ehrt ihn.
,,6.500 in der DKP organisierte KommunistInnen�
Dagegen ehrt ihn nicht eine andere Aussage in seinen Text, die ebenfalls eindeutig durch seine politische Pr�gung vorgegeben ist, n�mlich die von den ,,6.500 in der DKP organisierten Kommunistlnnen�. Was soll diese Karteizahl ohne irgendwelche n�heren Angaben in einem Text, der Ermutigung f�r einen neuen revolutin�ren Aufbruch vermitteln will? Die Zahl soll, nach dem, was hinter den Kommunisten liegt, ein Bild wiedergewonnener St�rke aufbauen. Tats�chlich l�uft es aber auf eine Wiederholung der eiligst betriebenen politischen Falschm�nzerei hinaus, als bei der DKP von �fast 60.000 Mitgliedern" die Rede warf l).Heute wissen wir, dass es de facto niemals mehr als 30.000 waren! Die Karteizahl von 6.500 mag ihre Richtigkeit haben, aber sie sagt nichts �ber wirkliche politische Effizienz aus. Laut Mitteilung des PDS-Gesch�ftsf�hrers Bartsch sind 67 Prozent der PDS-Mitglieder �lter als 60 Jahre, lediglich 10 Prozent unter 40 Jahren und nur ganze zwei Prozent J�nger als 30 Jahre! (FA/,, 26.5.'97). Man darf vermuten und der Augenschein best�tigt es, wenn man mal auf DKP-Veranstaltungen ist, dass die Altersstruktur der DKP �hnlich sein wird. Es halten offenbar am ehesten noch die zur Sache, die wir immer noch �f�r die beste der Welt" halten, die ihre politische Sozialisation in der gl�cklich und endlich �berwundenen Stalin-Epoche erfahren haben. Als fast Siebzigj�hriger liegt es mir nat�rlich fern, uns �ltere abzuschreiben. Aber es bedarf doch keiner Erl�uterung, dass die Zukunft nur hei den anderen Altersgruppen liegen kann, und da d�rfte es bei der DKP so betr�blich aussehen wie aus den obigen Angaben f�r die PDS ersichtlich. Da ist es kein Trost, dass es auch im b�rgerliche� Spektrum nicht hesser steht. Nach einer k�rzlich im Deutschlandfunk gemachten Angabe sind nur 2 Prozent der CDU-Mitglieder unter 25 Jahre alt, die Nachwuchsprobleme der SPD sind ebenfalls bekannt. Aber im Hinblick auf die DKP das wirklich existenzbedrohende Problem der v�llig unbefriedigenden Allersstruklur durch platte Nennung der Karteizahl zu ignorieren, das ist nichts anderes als die Sch�nf�rberei alten Stils.
Entspricht aber voll und ganz dem sonstigen Tenor des Textes von Manfred Sohn, der -sicherlich in bester Absicht, das ist ihm nat�rlich zugebilligt, - auf der Grundlage einiger Wahlergebnisse im Rahmen des b�rgerlichen Parlamentarismus gleich in System ver�ndernde sozialistische Zukunftsphantasien verf�llt und dabei genau die Fehler wiederholt, die wir fr�her gemacht haben. Nur die Grundlage dieses Fehlers ist heute eine andere, fr�her war das Vertrauen in die St�rke des sozialistisches Lagers und die Unumkehrbarkeit eingetretener gesellschaftlicher Ver�nderungen die Basis f�r, wie sich herausgestellt hat. v�llige Fehleinsch�tzungen der revolution�ren Perspektive.
Welche seltsamen Bl�ten diese geradezu bizarre Verleugnung der Realit�ten aus Parteitreue trieb, macht eine �u�erung des Parteivorstandes der DKP, abgedruckt in der �UZ� vom 21.12.1988 deutlich: ,,Wir verfolgen die Prozesse in der Sowjetunion, aber auch die Ver�nderungen in den anderen sozialistischen L�ndern mit Begeisterung�, lie� Rolf Priemer im Namen des Parteivorstandes der DKP in Vorbereitung des Parteitages verlauten. Heute ist Rolf Priemer Chefredakteur der �UZ�, in der der Wunschdenken verbreitende und Illusionsmacherei darstellende Text von Manfred Sohn ver�ffentlicht wurde.
Die Fixierung von Manfred Sohn auf einige nat�rlich bemerkenswerte Wahlergebnisse belegt, dass heutige Grundlage f�r revolution�res Wunschdenken und politische Illusionsmacherei die aus dem seinerzeitigen Konzept der ,,Antimonopolistischen Demokratie� erwachsene Vorstellung ist, das System mit im Rahmen des Systems liegenden Mitteln zu �berwinden.
�Verzweifelte Gro�kapitalisten�!
Nun ist die Illusionsmacherei von Manfred Sohn in der ,,ZU� in der DKP kein Einzelfall und. dieser Umstand ist der eigentliche Anlass f�r mich, diesen Aufsatz so ausf�hrlich zu behandeln. Wie anders denn als �Illusionsmacherei� soll man es bezeichnen, wenn die ,,UZ� in ihrer Ausgabe vom 6.6.�97 eine Wirtschaftskolumne von Prof. J�rgen Kucszynski ver�ffentlicht unter der �berschrift ,,Verzeifeltes Gro�kapital�. Realiter, f�rchte ich, ist es dem Gro�kapital weltweit wirklich noch nie so gl�nzend gegangen wie gegenw�rtig. Nun bezog sich Kuczynski - dessen Leistung als Wirtschaftshistoriker in der DDR v�llig au�er Frage steht - auf das deutsche Gro�kapital. Als Kuczynski diese famose �berschrift formulierte, stand der deutsche Aktienindex bei 3.000 Punkten, sechs Wochen sp�ter hatte der ,,Dax� die Marke von 4.200 �bersprungen, eine - wenn zun�chst auch spekulative - Wertsteigerung �ber 30 Prozent! Sollen wir das als sichtbares Zeichen f�r die Verzweiflung unserer Gro�kapitalisten sehen, die offenbar nicht mehr woanders hin wissen mit Ihrem sauer verdienten Geld, als an der B�rse wertlose Aktien zu kaufen? Kommentar �berfl�ssig!
,,Gibt es Kapitalismus ohne Ausbeutung?�
Nicht �berfl�ssig zu kommentieren ist es, wenn Ellen Weber, Mitglied des Parteivorstandes der DKP, auf einer Veranstaltung des Parteivorstandes zur Erinnerung an den Stuttgarter Kongress der Internationale 1907 per Anzeige in der ,,UZ� angek�ndigt wird mit einem Referat: ,,Nach dem Sieg im Kalten Krieg: Ist der Kapitalismus friedensf�hig?�(2). Diese Frage kann ernsthaft doch nur jemand stellen, der nach M�glichkeiten friedlicher Systemver�nderung sucht. Vielleicht sollte man Ellen Weber bei ihren weiteren Kapitalismus-Forschungen zu der Fragestellung raten, ob ,,Kapitalismus ohne Ausbeutung� m�glich ist. Wenn ja, dann br�uchte man schlie�lich den Kapitalismus gar nicht mehr abzuschaffen, an welcher Aufgabe wir uns seit 150 Jahren die Z�hne ausbei�en. Dann gen�gte es doch, in Kapitalismus die Ausbeutung abzuschaffen - fertig ist die sozialistische Schrebergartenlaube als Heimstatt einer gl�cklichen Menschheit!
�Vorw�rts zum Sozialismus� �mit dem Grundgesetz unter dem Arm!
Wo man auch hinschaut - �berall lugt bei der DKP und in ihrem Umfeld die Suche nach einem gewaltsame Konflikte vermeidenden Weg zum Sozialismus hervor.
Auf den Beitrag von Hans Wunderlich in den ,,Marxistischen Bl�ttern� 6/96, in dem er als einen Weg, ,,revolution�re Ver�nderungen� zu realisieren, sich auf die Artikel 14 und 15 des Grundgesetzes bezieht, hatte ich schon bei fr�herer Gelegenheit hingewiesen. Immerhin hatte er aber doch einschr�nkend noch vermerkt, diese revolution�ren Ver�nderungen seien ,,auf verschiedene Art und Weise denkbar und nicht vorauszusagen�.
V�llig eindeutig hinsichtlich der Ausschlie�lichkeit des ,,parlamentarischen Weges� dagegen �u�ert sich dann in ,,Marxistische Bl�tter� 3/97 der Historiker Prof. Dr. Heinz Karl in dem ,,Linke Widerst�nde gegen die Volksfront� �berschriebenen Artikel. Hei�t es doch da: ,,�berhaupt ist festzustellen, dass in allen diesen Polemiken gegen die Volksfrontpolitik das Problem einer m�glichen Entwicklung der Demokratie �ber den b�rgerlichen, kapitalistischen Horizont hinaus v�llig ignoriert wird. Aber gerade dies ist doch einer der wichtigsten Aspekte des Kampfes um Demokratie in der kapitalistischen Gesellschaft, heute wohl der entscheidende - oder sogar der allein gangbare - Weg des �bergangs von der kapitalistischen in eine sozialistische Gesellschaft. Die Aktualit�t dieses Problems liegt nicht zuletzt darin, dass die optimale Aussch�pfung der M�glichkeiten des Grundgesetzes und der parlamentarischen Demokratie f�r eine gesellschaftliche Weiterentwicklung gerade in diesem Kontext zu sehen ist�.
Leider, leider verbietet es die vom Umfang her notwendige Beschr�nkung, das Zitat weiter fortzuf�hren. Jedenfalls sind diese Passagen des in anderer Beziehung durchaus akzeptablen Artikels sozialdemokratisches Gedankengut in Reinkultur. Bei der Gelegenheit: Weil gerade von Heft 4/97 der ,,MBl� die Rede ist - auf welches Niveau die Debatte mittlerweile gesunken ist, macht der Artikel von Manfred Sohn ,,Imperialismus und/oder Neoliberalismus?� deutlich, im dem er sich - wof�r ihm nat�rlich zu danken ist - veranlasst sieht, sogar in der Diskussion mit ,,Marxisten� den Begriff ,,Imperialismus� zu verteidigen. Aber das nur nebenbei.
Sozialismus: �Sowjetmacht plus Internet und Love Parade�?
Immerhin noch beim Namen genannt wird das Problem m�glicher Gewaltanwendung im Klassenkampf in dem programmatischen Entwurf �ber die Sozialismusvorstellungen der DKP vom Dezember �96: ,,Sozialismus � die historische Alternative zum Imperialismus�. Zitat: �Die Erfahrungen des Klassenkampfes lehren, dass die Monopolbourgeoisie, wenn sie ihre Macht und Privilegien bedroht sah, stets versucht hat, den gesellschaftlichen Fortschritt mit allen ihr zu Gebote stehenden Mitteln bis hin zur Errichtung faschistischer Diktaturen und zur Entfesselung von B�rgerkriegen zu verhindern. Im harten Kampf muss ihr unvermeidlicher Widerstand �berwunden und ein solches �bergewicht der zum Sozialismus strebenden Kr�fte erreicht werden, dass es erm�glicht, die Reaktion an der Anwendung blutiger, konterrevolution�rer Gewalt zu hindern und den f�r das arbeitende Volk g�nstigsten Weg zum Sozialismus durchzusetzen.�
Problem erkannt � aber nicht gel�st! Mein Artikel beginnt mit dem Satz: �Der Blick in die Zukunft ist, das lehren uns 150 Jahre Geschichte der marxistischen Arbeiterbewegung, ein schwieriges Gesch�ft.� Er ist nicht m�glich ohne den Blick in die Vergangenheit und wenn diese Vergangenheit etwas lehrt, das doch dieses, dass die imperialistischen Ausbeuter noch nie und nirgendwo abgetreten sind, ohne gewaltsamen, blutigen, konter-revolution�ren Widerstand zu leisten. Das wird in dem Entwurf auch anerkannt. Die angebotene L�sung des Problems aber ist konkret betrachtet und rein gedanklich ein Unding. Unter den bis zum Zeitpunkt der Entscheidung ja immer noch fortbestehenden imperialistischen Machtstrukturen ,,ein solches �bergewicht der zum Sozialismus strebenden Kr�fte� zu erreichen, ,,das es erm�glicht, die Reaktion an der Anwendung blutiger, konterrevolution�rer Gewalt zu hindern�, wie es in dem Entwurf hei�t, bedeutet, die Sache auf den Tag des J�ngsten Gerichts zu verschieben. Es bedeutet, um es bildhaft zu machen, �berschwemmungen verhindern zu wollen, indem man daf�r sorgt, dass es nicht zu viel regnet!
Ich erspare mir hier die sattsam und allseits bekannten Zitate unserer Klassiker zum Problem der revolution�ren Gewalt. Es ist doch gerade der Kerngehalt des Leninismus als der Konkretisierung des Marxismus f�r die Epoche des Imperialismus, dass eben diese die Anwendung von Gewalt verhindernde Z�gelung der konterrevolution�ren Kr�fte n i c h t m � g l i c h ist! Ich bin ganz sicher, dieser K�se, dass man so stark werden muss, um die Bourgeoisie an der Aus�bung von Gewalt hindern zu k�nnen, steht schon irgendwo bei Bernstein oder Kautsky. Die Experten werden wissen, wo, die Diskussion zu dem Thema ist ja uralt.
Rein gedanklich ist dieser Versuch der L�sung des Problems so ein Unding wie damals in der uns�glichen Debatte �ber die ,,Friedensf�higkeit des Imperialismus� die von den Anh�ngern dieser These den Kritikern gegebene, wahrhaft entwaffnende Antwort ,,Man muss die Imperialisten eben zum Frieden zwingen!� Was sollte man da noch sagen gegen�ber solcher Naivit�t? Wenn wir so stark sind, den Imperialismus �zum Frieden zwingen� zu k�nnen bzw. den inneren Klassenfeind an der Aus�bung konterrevolution�rer Gewalt zu hindern � warum machen wir dann nicht gleich Schluss mit dem imperialistischen System weltweit und dem Klassenfeind im Inneren?
Contradictio in adjecto � ein Widerspruch in sich! ,,Illusionsmacherei� - aus meiner Sicht - auf h�chster Ebene! Dass das da m�glich ist, darin sehe ich die Ursache f�r die anderen Erscheinungen dieser Art, die ich registriert habe.
Dass das so ist, daf�r spricht der Umstand, dass Meinungs�u�erungen, die unsere traditionellen Auffassungen als Marxisten-Leninisten beinhalten, praktisch keine Aussicht auf Publizierung haben. Die Verantwortung daf�r liegt bei den zust�ndigen Institutionen und Redaktionen.
Nun kann ich nat�rlich so wenig in. die Zukunft sehen wie andere Leute und am Ende beh�lt vielleicht doch Manfred Sohn recht, wenn er die sicherlich griffige Formel der Schicki-Micki-Sozialisten aufnimmt ,,Sozialismus ist Sowjetmacht plus Internet�.
Man stelle sich vor, die bald vielleicht schon Billionen Computer-Besch�ftigten auf Heimarbeitspl�tzen legen die betrieblichen �connections� lahm und im Internet erscheinen statt Werbespots nur noch revolution�re Losungen! ,,Computerfreaks aller L�nder, vereinigt Euch!�
Wenn diese Parole dann die Millionenmasse auf der Love-Parade ergreift und so die ,,Idee zur materiellen Gewalt wird� dann behalten am Ende doch Marx und Manfred Sohn recht und wir sind stark genug, die Konterrevolution von der Anwendung blutiger Gewalt abzuhalten.
,,Lasst sozialistische Sonne gewaltfrei in Eure Herzen scheinen� schl�gt vor
Rolf Vellay, 5. September 1997
Anmerkungen:
-
Hubert Reichel, langj�hriger ,,uz�Redakteur, schw�rmte in seiner Zeitung noch am 28. Oktober 1994 von einstmals ,,fast 60 000 DKP-Mitgliedern�.
-
Vielleicht hat ja Ellen Weber ihr Referat gar nicht gehalten. Jedenfalls fand ich in der ,,uz� bislang �ber diese Veranstaltung immerhin des Parteivorstandes keinen Bericht - falls ich nicht etwas �bersehen habe. Wir wissen alle, wie schnell das geht.
Quo vadis Deutschland?
Diskussionsbeitrag gehalten auf der Konferenz �Wider den Zeitgeist�, 30./31.1.1999
Wertes Auditorium, die Frage �Quo vadis Deutschland?� stellte sich mir schon am Nachmittag des 4. November 1989, nachdem ich Zeuge geworden war der Zusammenrottung von hunderttausenden DDR-B�rgern auf dem Alexanderplatz in Berlin, Hauptstadt der DDR. Einige der Drahtzieher dieser dubiosen Veranstaltung waren vermutlich aktiv in engem Kontakt zu interessierten Kreisen in der BRD. Au�er ihnen d�rften sich nur ganz wenige der Teilnehmenden dar�ber klar gewesen sein, dass das Ende der DDR schon zu diesem Zeitpunkt und mit dieser Kundgebung unabwendbar war, wenngleich die Masse der Demonstrierenden sicher den tr�gerischen Parolen zum Opfer gefallen war, es gehe um �eine andere, bessere DDR�.
An der Nahtstelle der beiden Weltsysteme, die sich trotz aller sogenannter �Entspannungsbem�hungen� immer noch hoch ger�stet gegen�ber standen, brachten es die Redner fertig, nicht ein Wort zu verlieren �ber die im Falle einer Destabilisierung der DDR durch den Imperialismus drohenden Gefahren f�r den Frieden. Garant zu sein f�r die Sicherung des Friedens in Europa aber war von ihrem Bestehen an die Hauptfunktion der Existenz der DDR als Konsequenz der Schrecken des Zweiten Weltkrieges. Stalin hat ihr diese Aufgabe in die Wiege gelegt, wenn es in seinem Gru�telegramm zur Gr�ndung der DDR vor nunmehr fast 50 Jahren hei�t, mit der Entstehung der DDR k�nne der Frieden in Europa als gesichert betrachtet werden. Wenn es 1945 eine Lehre aus der Geschichte gab, dann die, dass der deutsche Imperialismus stets die Hauptgefahr f�r den Frieden darstellte � und nachdem als Folge der Sabotage der Westalliierten die durch die Bestimmungen des Potsdamer Abkommens beabsichtigt gewesene Neutralisierung dieser Gefahr vereitelt worden war, stellte allein die Existenz einer am gesellschaftlichen Fortschritt orientierten DDR eine �Fu�fessel des deutschen Imperialismus� dar, wie ich das sp�ter in meinen Publikationen genannt habe.
Die Ereignisse seit 1989 best�tigen die weise Voraussicht Stalins. So lange es die DDR gab, gab es keine kriegerische Auseinandersetzung in Europa! Wohl wuchs die BRD zum ��konomischen Riesen� heran, blieb aber letztlich, wie vielfach von den Repr�sentanten des BRD-Imperialismus beklagt, politisch, �berspitzt ausgedr�ckt, ein �Zwerg�. Das �nderte sich schlagartig mit der Annexion der DDR, die Francois Mitterand und Frau Thatcher aus guten historischen Gr�nden � leider vergeblich � zu verhindern gesucht hatten. Vor der Welt�ffentlichkeit getarnt mit der wohlklingend-harmlosen Formulierung von der �gewachsenen deutschen Verantwortung� begann der deutsche Imperialismus unverz�glich mit der Durchsetzung seiner machtpolitischen Ziele. Mit einem gro� angelegten Betrugsman�ver gelang es dem Duo Kohl-Genscher gegen lediglich zum Schein gemachte Zugest�ndnisse bei den Maastricht-Verhandlungen, die anderen EU-Staaten auf die von Deutschland bereits vollzogene Anerkennung Sloweniens und Kroatiens festzulegen. Damit aber war der Ausbruch der bewaffneten Auseinandersetzungen im zerfallenden Jugoslawien vorprogrammiert. Zwar musst Herr Genscher, als �der Westen� schon kurze Zeit sp�ter durchschaute, zur�cktreten � aber das hinderte den Oberscharfmacher und Kriegstreiber in der �Frankfurter Allgemeinen Zeitung�, Herrn Rei�m�ller, nicht an der Feststellung in einem seiner Leitartikel, in der Anerkennungsfrage habe sich der Westen �zum ersten Mal nach Deutschland richten m�ssen�. Das Ergebnis ist bekannt � Krieg in Europa in einem Land, in dem der deutsche Imperialismus nach vierj�hriger Besatzung im Zweiten Weltkrieg 1,7 Millionen Tote und riesige materielle Zerst�rungen hinterlassen hatte. Der jetzige Jugoslawienkrieg, in dem zur Zeit nur Waffenstillstand herrscht, und noch nicht einmal der im Kosovo, ist aus meiner Sicht eine direkte Folge des Endes der DDR.
Und deshalb musste, um der Sicherung des Friedens willen, die DDR unter allen Umst�nden in ihrer staatlichen Existenz verteidigt werden, unbeschadet aller inneren M�ngel � aber in welchem Staatswesen gibt es die nicht? �Der hat gut reden�, denkt die eine oder der andere vielleicht jetzt, �der hat ja hier nicht gelebt!� Aber um die Dinge so zu sehen, bedarf es nicht des Lebens in der BRD oder in der DDR, andern bedarf es des Verst�ndnisses, was Imperialismus ist.
Dieses Verst�ndnis ist seit dem XX. Parteitag, beginnend mit Chruschtschows Interpretation von �friedlicher Koexistenz� und seiner These, dass Kriege nicht mehr unvermeidlich seien, in unseren Reihen mehr und mehr einer schleichenden Auszehrung erlegen bis hin zu der aberwitzig-abstrusen Konstruktion, geboren im Scho�e der Akademie f�r Gesellschaftswissenschaften beim ZK der SED, von der �Friedensf�higkeit des Imperialismus�. Dieses offensichtliche Nicht-mehr-Verstehen des wahren Charakters des letzten Stadiums des Kapitalismus hat dazu gef�hrt, dass ein Mann wie Hans Modrow, der vierzig Jahre lang Gelegenheit hatte, im Parteilehrjahr Marxismus-Leninismus zu studieren, nach seinem Besuch in Moskau 1990 die angesichts der realen Kr�fteverh�ltnisse makabre Sentenz von sich gab: �Deutschland - einig Vaterland� und damit als Ministerpr�sident diesen Staat endg�ltig preisgab.
So wichtig die nationale Frage ist und zeitweilig sogar Vorrang haben kann, bleibt sie letztlich der Klassenfrage doch nachgeordnet. In den 50er und 60er Jahren h�tte die L�sung der nationalen Frage durch Herstellung der deutschen Einheit oder sp�ter wenigstens einer Konf�deration beider deutscher Staaten der Sicherung des Friedens gedient - unter den Bedingungen von 1989/1990befreitc sie den deutschen Imperialismus von seiner �Fu�fessel", womit der Weg frei wurde f�r neue kriegerische Auseinandersetzungen in Europa.
RolfVellay, 31. Januar 1999
Das Ende des "gl�cklichen Amerika": Kollateralsch�den des Imperialismus. Betrachtungen zum historischen Datum des 11. September 2001
Der wahrscheinlich letzte Artikel von Rolf Vellay, geschrieben Ende September 2001, also etwa zwei Monate vor seinem Tod.
Bekanntlich soll man ja mit den gro�en Worten vorsichtig sein - aber vielleicht werden k�nftige Historiker doch die Bedeutung des 11. September 2001 so einsch�tzen, wie J. W. Goethe den 20. September 1792, den Tag der �Kannonade von Valmy". Damals schlugen die im Gefolge der Revolution von 1789 aufgestellten republikanischen franz�sischen Freiwilligenheere die Truppen der monarchisch-reaktion�ren M�chte Preussen und �sterreich, was Goethe mit seinem genialischen historischen Gesp�r f�r historische Ver�nderungen den zum gefl�gelten Wort gewordenen Ausspruch tun lie�: �Von hier und heute geht eine neue Epoche der Weltgeschichte aus und Ihr k�nnt sagen. Ihr seid dabei gewesen!"
Mit Goethe als �Schlachtenbummler" war sicher nur noch eine Handvoll Beobachter des Epochenwechsels dabei im Zeitalter der Globalisierung wurde an diesem 11. September 2001 gewisserma�en die ganze Menschheit in Echtzeit �ber Fernsehen und Radio Augen- und Ohrenzeuge eines Geschehens, das, wenn vielleicht keinen weltgeschichtlichen Epochenwechsel, so doch auf jeden Fall eine liefe, tiefe Z�sur in der Geschichte der USA darstellt.
�Heute hat das gl�ckliche Amerika aufgeh�rt zu bestehen", wurde sicherlich zutreffend ein US-B�rger im DLF zitiert. In der Tat, auf dem Gipfel ihrer Macht als der Staat mit dem weit �berlegenen, st�rksten wissenschaftlichen, milit�rischen und �konomischen Potential erfahren die B�rger in �Gottes eigenem Land" zum ersten Mal, was Krieg konkret auf heimischem Boden bedeutet. Das muss das gern und oft, teils naiv, teils provozierend zur Schau getragene Selbstbewusstsein der �bergro�en Mehrzahl der US-Amerikaner im Kern treffen. Es ist eben ein Unterschied, ob man �chirurgische Schl�ge� ohne eigene Opfer im Krieg gegen den Irak oder gegen Jugoslawien patriotisch interessiert im Fernsehsessel bei Chips und Cola verfolgt, oder ob man selbst wehrlos Kriegshandlungen ausgeliefert ist. Es ist ein Unterschied, ob man weit vom Schuss nebenbei zur Kenntnis nimmt, �aus Versehen� sei die chinesische Botschaft in Belgrad bombardiert worden, gezielt die lebenswichtige Donaubr�cke in Novy Sad versenkt worden und man versucht, den Staatspr�sidenten Milosevic �ferngelenkt� zu ermorden, oder ob ein nationales Wahrzeichen wie das �World-Trade-Center� in Tr�mmer sinkt, tausende Mitb�rger unter sich begr�bt und das Pentagon als Zentrum der milit�rischen Macht des Landes schutzlos teilweiser Zerst�rung ausgeliefert ist. Ungewollt enth�llend und entlarvend lieferte der ARD-Korrespondent Siegried Buschschl�ter quasi geradezu eine moralische Rechtfertigung des Angriffs gerade auf das Pentagon, als er am 11. September aus Washington �ber die hektischen Aktivit�ten der Regierungsspitzen berichtete: �Nat�rlich wird im `Situationsroom� des Wei�en Hauses beraten, das ist der Raum, in dem normalerweise Kriege geplant werden�. Ja, so ist das wohl, und umgesetzt werden die im Wei�en Haus beschlossenen Kriegspl�ne dann im �Pentagon�.
Das Ausma� des Geschehens �bertrifft bei weitem die Dimension dessen, was man bisher unter �Terror� verstand. Kanzler Schr�der hat recht, wenn er von einer �Kriegserkl�rung� spricht. Mit dieser Aktion ist dem US-amerikanischen Imperialismus der Krieg erkl�rt worden an einer Front, an der er offenbar verwundbar ist. Die Opfer der zivilen Bev�lkerung New Yorks bezahlen mit ihrem Leiden jetzt die Blutrechnung f�r die jahrzehntelangen internationalen Verbrechen des Schurkenregimes, das im Wei�en Haus, im Pentagon und im CIA-Hauptquartier seine finsteren Pl�ne schmiedete. Unsere Oberen von Rau bis Schr�der wie auch all die anderen in- und ausl�ndischen Repr�sentanten der so genannten �freien Welt� m�gen sich ihre Trauertiraden und tr�nenumflorten Bekundungen der Anteilnahme mit den Opfern sparen � alles reine, pure Heuchelei!
Wo war denn, um nur diese Beispiele des seitens der USA ausge�bten Staatsterrorismus zu nennen � ihre Anteilnahme, als die US-Marines 1990 Panama �berfielen, die Armenviertel bombardierten, nur um den einstigen CIA-Agenten Noriega zu fangen! 3.000 � 4.000 Panamesen bezahlten diese Aktion mit ihrem Leben!
Gerade jetzt ist das Buch des US-Journalisten Christopher Hitchins erschienen, in dem der einstmalige US-Au�enminister Kissinger zum Kriegsverbrecher gestempelt wird. In der Rezension der FAZ von �Die Akte Kissinger� am 28. August 2001 hei�t es: �Schlie�lich der Vietnam-Krieg: Hier besteht ein schwerwiegender Anfangsverdacht, dass Kissinger durch die vors�tzlich in Kauf genommene T�tung von Hunderttausenden von Zivilpersonen in Indochina � besonders durch das Bombardement der neutralen Staaten Laos und Kambodscha � zum Kriegsverbrecher geworden ist. Kissinger hat bei den � von ihm mit zu verantwortenden � Eins�tzen f�r milit�rische Zwecke �Kollateralsch�den� in einer Gr��enordnung hingenommen, die durch kein V�lkerrecht (jus in bello) gedeckt ist.� Wo war denn da die Anteilnahme der �freien Welt� am Schicksal dieser Menschen? Aber das war die Zeit, als der Kampf gegen den Kommunismus, gegen das �Reich des B�sen�, jede Untat rechtfertigte!
In dem genannten Buch wird auch belegt, in welchem Ma�e Kissinger verantwortlich war f�r den Sturz Allendes und die Installierung des Pinochet-Regimes in Chile, dessen Terror �ber 3.000 Menschen zum Opfer fielen. Der mutma�liche Kriegsverbrecher und Staatsterrorist Kissinger aber ist nach wie vor ein international hoch angesehener Mann, der sich gerade wieder in der BRD aufhielt zur Er�ffnung der Ausstellung im �Liebeskind-Museum�. Wer die Verbrechen des Herrn Kissinger nicht anklagt, braucht um die Opfer in New York nicht zu trauern!
Wer hat denn hier offiziell protestiert, als die serienweisen Mordanschl�ge des CIA gegen ein Staatsoberhaupt wie Fidel Castro bekannt wurden? Wer hat sich denn hier emp�rt angesichts des durch die USA praktizierten Staatsterrorismus durch Bombardierung Libyens und des Sudan? Schlie�lich: Dem Bombardement der in der NATO vereinigten Staatsterroristen �des Westens� fielen in Jugoslawien 1999 etwa 1.500 Frauen und M�nner aus der Zivilbev�lkerung, Kinder und alte Menschen zum Opfer � kalt l�chelnd und achselzuckend nannte das der ber�chtigte Pressesprecher der NATO, Shea, �Kollateralsch�den�! Das war es dann, von wegen �Anteilnahme� und �Trauer�!
W�re man eines gleichen Zynismus f�hig wie Herr Shea, k�nnte man versucht sein, die Opfer in New York und Washington als �kollaterale Folgesch�den� der jahrzehntelangen staatsterroristischen Politik des US-Imperialismus im Dienste des gro�en Kapitals der USA zu sehen. Wer auch immer die Organisatoren dieser als �logistische Meisterleistung� (DLF, 11.9.�01) bezeichneten Aktion sind, der durchschlagende Erfolg beweist, dass die USA in ihrem Weltbeherrschungswahn auf einem verderblichen Irrweg sind. Tausende Atomwaffen und Raketen, ausreichend als Vernichtungspotential f�r das Ausl�schen der Menschheit, eine f�r Friedenszeiten weit �berdimensionierte Armee, Flotte und Luftwaffe mit St�tzpunkten rund um den Erdball, den man durch Satelliten l�ckenlos bis in den letzten Winkel permanent �berwachen kann, ein Netz von Geheimdiensten, das sich die USA 30 Mrd. Dollar im Jahr kosten lassen � all das sch�tzt die USA nicht davor, mit Reaktionen auf ihre zutiefst kriminelle Politik im eigenen Land konfrontiert zu werden. Warum? Weil diese Art der Kriegf�hrung, gest�tzt auf �logistische Meisterleistungen� in der Vorbereitung der Aktion und als entscheidende Voraussetzung beruht auf der Bereitschaft der Menschen, bewusst das Opfer des eigenen Lebens darzubringen, um den Feind zu treffen. Ohne das gesamte �ffentliche Leben stillzulegen, gibt es dagegen keinen Schutz.
Aber diese in h�chstem Ma�e verzweifelte Form des Widerstandes erw�chst nur da, wo Unterdr�ckung unertr�glich wird. Die Geschichte kennt ja andere Beispiele des bewussten Opfertodes. Etwa das des Schweizer Freiheitshelden Wilkenried, der sich 1396 in der Schlacht bei Sempach in die Lanzen der �sterreicher st�rzte und damit den Weg frei machte f�r den eigenen Sieg. Unter den vielen Partisanengeschichten, die man mir bei meinen Aufenthalten in Sarajewo in den 80er Jahren berichtete, war auch diese: Ein Bosnier bekam den Auftrag, einen voll mit deutschen Soldaten besetzten LKW durch�s Gebirge zu fahren. In einer scharfen Serpentine steuerte er den LKW mit Vollgas in den Abgrund in der Gewissheit, dass keiner �berleben werde � auch er nicht!
Die bedingungslose Bereitschaft zur Selbstaufgabe aber zeigt auch: So �berw�ltigen �berm�chtig in der modernen Welt die Technik uns auch zu beherrschen scheint � letztlich entscheidet der Mensch, wenn er zu allem entschlossen ist! F�r die USA � und ganz allgemein f�r die imperialistischen Staaten � gibt es angesichts dessen nur einen Schutz: Zu brechen mit der bisherigen imperialistischen Politik der r�cksichtslosen Durchsetzung von Profit- und Machtinteressen mit staatsterroristischen Mitteln und Methoden, siehe Panama, siehe Chile, siehe Indochina, siehe Kuba, siehe Irak und siehe Jugoslawien. In weniger direkter Form � aber es k�nnte sein, dass er aus seiner Perspektive das Gleiche meint wie ich � brachte es der Chefredakteur des Deutschlandfunks, Prof. Dr. Rainer Burchardt, in einem Kommentar zu sp�ter Stunde am 11. September mit den Worten zum Ausdruck, angesichts des weltweiten Schocks �ber die Ereignisse �k�nne dieser Tag vielleicht auch eine Wende zu gr��erer globaler Gerechtigkeit werden.
Rolf Vellay, im September 2001
Rolf Vellay ist am 22. 12. 2001 nach schwerer Krankheit gestorben.
Ein k�mpferischer, streitbarer und aufrechter Genosse ist von uns gegangen, ein scharfer Analytiker und gleichzeitig ein praxisbezogener Kommunist, kurz, einer von denen, die wir so notwendig brauchen und von denen wir viel zu wenige haben.
Kurt Gossweiler gab uns wichtige Unterst�tzung, beriet uns und half uns in jeder Hinsicht, um dieses Heft zum Gedenken an Rolf Vellay realisieren zu k�nnen. Ohne Kurt w�re das Vorhaben nicht durchzuf�hren gewesen.
Wir sagen ganz herzlichen Dank.
Im vorliegenden Heft geht es thematisch � nicht ausschlie�lich, aber vordringlich � um die Frage des deutschen Imperialismus.
Die Texte von Rolf Vellay, die im vorliegenden Heft gesammelt sind, haben wir chronologisch geordnet. Deshalb gibt es thematisch zwar kleine Br�che zwischen den Texten, in ihrer Zusammenf�gung ergeben sie aber ein gutes Gesamtbild seines Denkens.
Dem Heft vorangestellt haben wir den �Abschied von Rolf Vellay", den Kurt Gossweiler verfasst hat.
Ein zweites Heft mit Texten von Rolf Vellay erscheint in der Schriftenreihe der KPD, dort geht es schwerpunktm��ig um Texte von Rolf zum Thema �Stalin". Dies zweite Heft ist zu beziehen �ber: Presse-, Publikations- und Informationsdienst der KPD, Dingelst�dter Str. 14, 13053 Berlin
Red. Offensiv, Hannover
Kurt Gossweiler zu Rolf Vellay
Kurt Gossweiler: Abschied von Rolf Vellay
Kurz vor den Weihnachtsfeiertagen, am 22. Dezember des vergangenen Jahres, hat die Krankheit einen Genossen aus unseren Reihen gerissen, - Rolf Vellay - , auf den in vollem Ma�e die Worte Bert Brechts zutreffen: �Die St�rksten k�mpfen ihr Leben lang. Diese sind unentbehrlich.".
Sein Tod ist ein gro�er Verlust f�r die kommunistische Bewegung in Deutschland, ein unersetzlicher Verlust f�r deren noch viel zu schwachen konsequent antirevisionistischen Trupp, und f�r mich pers�nlich der schmerzliche Verlust eines Genossen und Freundes, dem ich eines der ermutigendsten Erlebnisse in der bedr�ckenden Zeit nach dem Sieg der Konterrevolution �ber die DDR verdanke.
Das war die Zeit, als etliche von meinen Historiker-Kollegen und Genossen, die bisher gar nicht genug ihre Treue zur kommunistischen Sache und zur Deutschen Demokratischen Republik beteuern konnten, �berraschend schnell entdeckten, dass jene �demokratischen Sozialisten" Recht hatten, die erkl�rten, der DDR brauche man keine Tr�ne nachweinen, und die selbst das infame Wort Gysis nicht st�rte, erst jetzt, nach dem Untergang der DDR, sei Sozialismus zu machen �berhaupt erst m�glich geworden. Solche bem�hten sich - gew�hnlich durchaus erfolgreich - um das �Ankommen in der BRD" und einige von ihnen statteten und statten ihren Dank f�r die neu gewonnene Freiheit in zahlreichen Artikeln, - manche sogar in B�chern � ab, in denen sie auf ihre Weise den Kinkel-Auftrag zur Delegitimierung der DDR erf�llen; in der Gysi- und Zimmer-Terminologie hei�t das:�Abrechnung und v�lliger Bruch mit der SED-Vergangenheit".
Ein anderer, gr��erer Teil ist � soweit ich das �bersehe � diesem Aufruf zum �v�lligen Bruch" nicht gefolgt; die zu diesem Teil geh�rige Genossen und Kollegen machen deutlich oder lassen wenigstens erkennen, dass sie sich nach wie vor als marxistische Historiker und Sozialisten im Sinne des Manifests von Marx und Engels verstehen; aber ich werde nie vergessen, dass bereits im November 1989 in der Parteiversammlung der Historiker der Akademie der Wissenschaften der DDR die Erkl�rung, der Marxismus-Leninismus sei die weltanschauliche Grundlage unserer Wissenschaft, erstmals zur�ckgewiesen und reduziert wurde auf den Marxismus. Der Leninismus als Bestandteil unserer Lehre wurde ersatzlos gestrichen. Meinem Widerspruch dagegen schloss sich niemand an.
Als Marxist-Leninist war ich - und so d�rfte es �berall gewesen sein - nun auch formal ein einsamer Einzelg�nger. Aber faktisch war ich das schon lange: wer in einer Parteiorganisation von Chruschtschow- und Gorbatschow-Anh�ngern Marxist-Leninist blieb, der war � auch wenn er in allem Anderen fest im Partei- und Arbeitskollektiv verankert war - einsam in seiner Gegnerschaft zu diesen beiden Generalsekret�ren, die Lenin nur im Munde f�hrten, um die Parteimitglieder und das Volk �ber ihre wahren Ziele zu t�uschen. Er blieb umso mehr einsam, als den beiden - Chruschtschow und Gorbatschow - zu glauben ja auch bedeutete, deren Stalin-Verdammung voll zu verinnerlichen, w�hrend f�r mich deren Stalin-Verdammung nur eine betr�gerische Verpackung war, darauf berechnet, ihre antileninistische revisionistische Konterbande als �R�ckkehr zum Leninismus" in die kommunistische Bewegung einzuschmuggeln, um sie auf diese Weise reif zu machen f�r die �Perestroika", den R�ckbau der Sowjetunion und ihrer europ�ischen Verb�ndeten in das, was sie 1990/91 als Ergebnis ihres zielstrebigen Wirkens geworden sind � �vom Kommunismus befreite".
Spielwiesen f�r das internationale Kapital und die sich neu bildende mafiose �eigene" Bourgeoisie. F�r meine Kollegen und Genossen aber � selbst f�r jene, die mir besonders nahe standen und in einigen F�llen auch noch heute stehen � ist Stalin das, als was ihn Chruschtschow in seiner Geheimrede auf dem XX. Parteitag dargestellt hat, also ein Massenm�rder aus niedrigsten Motiven; und einer wie ich, der nicht Stalin, sondern Chruschtschow und Gorbatschow und ihre politische Linie f�r die Zerst�rung der europ�ischen sozialistischen Staatenwelt verantwortlich macht, ist ein �Stalinist", also einer, der - unbegreiflicherweise - einen Massenm�rder verteidigt.
Also einer, der sich nach der R�ckw�rtswende mit seinen Ansichten sehr einsam und verloren f�hlte in der neuen, ungewohnten K�lte, und verzweifelt Ausschau hielt nach Gleichgesinnten, denn es konnte doch nicht sein, dass es nicht auch andere gab, die sich die Augen nicht verkleben und das Gehirn nicht verkleistern lie�en durch das Geschw�tz von der "Humanisierung des Sozialismus" vom �Neuen Denken" und dem �Primat des Allgemeinmenschlichen". Es konnte nicht so sein und es war nicht so. Und es best�tigte sich wieder einmal eine alte Erfahrung: es gibt keinen Verlust, und sei er auch noch so gro� und schmerzlich, der nicht auch einen Gewinn im Gefolge hat � und sei er im Vergleich zum Verlust zun�chst auch nur klein und keineswegs ausgleichend.
Und es best�tigte sich auch etwas anderes: Gleichgesinnte finden mit Sicherheit zueinander, selbst in einem Ozean Andersgesinnter und sogar, wenn sie in unterschiedlichen Welten leben, wenn sie nur diese ihre Gesinnung nicht f�r sich behalten, sondern Signale dieser Gesinnung aussenden und nach gleichartigen Signalen anderer Ausschau halten.
Was ich allerdings am wenigstens erwartet hatte, war das, was eintrat: dass n�mlich das erste so sehns�chtig erwartete Signal gleicher oder �hnlicher Gesinnung, das ich auffing, von einer Pfarrerin kam, und dass ich durch ihre Vermittlung einen Kreis von Theologen kennen lernte, die sich in den Werken von Marx, Engels und Lenin nicht schlechter auskannten als meine Historiker-Kollegen und Genossen, im Unterschied zu vielen von denen aber im Sieg der Konterrevolution und was die Herrschenden aus diesem Siege machten, keine Widerlegung, sondern eine Best�tigung der Lehren des Marxismus-Leninismus erkannten. Hier fand ich vor, was ich vorher f�r ausgeschlossen hielt: dass n�mlich Theologen nicht nur f�hig waren, intellektuell die Gesellschaftslehre von Marx/Engels/Lenin aufzunehmen und zu akzeptieren, sondern dass diese Lehre in engster Verbindung mit ihrem christlichen Glauben f�r sie ein fester Bestandteil ihrer Weltanschauung und Anleitung zum pers�nliches gesellschaftlichen Handeln werden kann.
Die Entdeckung dieses Kreises und diese neue Erkenntnis waren ein unerwarteter Gewinn im Gefolge der Niederlage. Und womit ich auch nie gerechnet hatte: Ausgerechnet dieser Kreis er�ffnete mir die M�glichkeit, meinerseits �Signale" auszusenden, will sagen, meine Gedanken und Auffassungen �ber die Ursachen unserer Niederlage zu publizieren, nachdem mir daf�r keine anderen M�glichkeiten mehr zur Verf�gung standen, (schon gar nicht in den Organen der PDS, deren Mitglied zu bleiben ich bis Januar 2001 aushielt).
Diese meine Signale blieben nicht unbeachtet. Sie gelangten auch bis M�nchen und zu den dort wirkenden Genossen des �Arbeiterbundes f�r den Wiederaufbau der KPD", deren eine Fraktion eine Zeitung, die �KAZ" (Kommunistische Arbeiterzeitung) herausgab, und f�hrten dadurch schlie�lich �gesetzm��ig" dazu, dass auch Rolf Vellay in mein Blickfeld geriet, und zwar mit einem Artikel von ihm mit dem Titel: �Zur�ck zu Stalin!" in der Beilage zur �KAZ", Nr. 219 vom 18.Juni 1991.
�ber das, was ich da aus Rolfs Feder las, konnte ich nur hocherfreut staunen: besser h�tte auch ich nicht meine Position zur �Stalinfrage" in Worte fassen k�nnen: �L�cherlich und absurd ist es, heute, nahezu vierzig Jahre nach seinem Tod, Stalin, dem erfolgreichen Architekten ...des Sozialismus in der Sowjetunion und dem Sieger �ber den Faschismus, die Verantwortung f�r den heutigen kl�glichen und j�mmerlichen Zusammenbruch aufb�rden zu wollen.
Nat�rlich wei� ich, welchen Widerspruch ich mit dem Rekurs auf Stalin provoziere. Doch � den klugen Theoretikern, die mir vom Wissen her zehn- oder zwanzigmal �berlegen sind, gebe ich zu bedenken: Ihr seid alle gescheitert, von Titos �Jugoslawischem Weg zum Sozialismus� �ber die �Eurokommunisten� bis zu den Konstrukteuren der �antimonopolistischen Demokratie�, von den Quacksalbereien �ber den �Dritten Weg� und �Demokratischen Sozialismus� gar nicht zu reden. Stalin ist nicht gescheitert!
Den Moralisten gebe ich ein kluges Wort von Winston Churchill zu bedenken, zitiert in der FAZ vom 6. September 1990: `Wenn die Gegenwart �ber die Vergangenheit zu Gericht zu sitzen versucht, wird sie die Zukunft verlieren.� Damit wird genau das getroffen, was den Kommunisten seit der Verdammung Stalins aus `moralischen Gr�nden� auf dem XX. Parteitag der KPdSU widerfahren ist.
Und den Hochm�tigen und Arroganten gebe ich zu bedenken: Vor anderthalb Jahren noch habt ihr Herrn Gorbatschow bei seinem Besuch in der Bundesrepublik als �Sch�pfer des Neuen Denkens� begr��t und quasi wie einen neuen �Messias des Sozialismus� gefeiert. Ich habe bereits vor drei Jahren auf der �Perestroika�-Konferenz des IMSF in Frankfurt erkl�rt: <
Sp�ter � ich wei� nicht mehr, in welchem Jahr, aber ich empfand es als ein Gl�cksjahr f�r mich � lernten wir uns zur beiderseitigen Freude auf einer Konferenz des Marxistischen Arbeitskreises zur deutschen Arbeiterbewegung in Berlin-Kreuzberg auch pers�nlich kennen. Nach der Konferenz sa�en wir noch Stunden in einer nahegelegenen Kneipe. Ich sagte ihm, wie gl�cklich ich dar�ber war, einen Genossen getroffen zu haben, der, weit entfernt unter den ganz anderen Bedingungen Westdeutschlands lebend, bei der Beurteilung der Entwicklungen im sozialistischen Lager und insbesondere in der Sowjetunion zu einer verbl�ffenden und begl�ckenden �bereinstimmung mit meinen eigenen Einsch�tzungen gekommen ist; und nat�rlich wollte ich wissen, wie sein Weg in der kommunistischen Bewegung verlaufen ist, der ihn zu solchen �abwegigen" und zum �Einzelg�nger" stempelnden Ansichten gebracht hat.
Er erz�hlte also aus seinem Leben, und was ich da zu h�ren bekam, hat meinen Eindruck, es bei ihm mit einem ganz au�ergew�hnlichen Menschen zu tun zu haben, zur Gewissheit werden lassen. Seine Erz�hlung hat auch Antwort auf eine Frage gegeben, die sich mir beim Betrachten seiner H�nde aufgedr�ngt hatte: Das waren nicht die H�nde eines, dessen Werkzeug die Feder oder die Schreibmaschine ist � wie ich bisher wegen der auf einen Journalisten wenn nicht gar auf einen Schriftsteller schlie�en lassenden Sprache seiner Artikel angenommen hatte, - sondern von schwerer Maloche gezeichnete Arbeiterh�nde. Die aber waren ihm nicht angeboren, wie ich jetzt erfuhr, nein, die hatte er sich hart erarbeitet, nachdem er sich zum Bruch mit seiner Klasse, in die ihn seine Eltern hineingeboren hatten, entschlossen hatte. Denn er war � und das kam nun f�r mich v�llig unerwartet � der Spross einer Offiziers- und Grundbesitzerfamilie aus dem Schlesischen. Nat�rlich fragte ich ihn, wie denn so einer zum Kommunisten wird.
Als Jugendlicher folgte er noch ganz der Tradition der Familie, indem er 1944 mit 17 Jahren als Freiwilliger in Hitlers Armee eintrat. Nach dem Kriege entschloss er sich dazu, Journalist zu werden und volontierte zun�chst an einem bayerischen Provinzblatt und stieg dort sogar zum Redakteur auf. Dann aber dr�ngte es ihn dazu, sich durch ein Studium eine solidere Wissensgrundlage zu verschaffen. Er begann also 1950 ein Studium an der damaligen Hochschule f�r Arbeit, Politik und Wirtschaft in Wilhelmshaven und hatte das Gl�ck, dort auch Sch�ler von Wolfgang Abendroth sein zu k�nnen, und das gab den Ansto� daf�r, dass er Marx und Engels studierte und zum �berzeugten Kommunisten wurde.
Die Konsequenz, die er daraus zog, zeigt, dass dieser Rolf Vellay aus einem ganz besonderen Holz geschnitzt war. �Wie aber konnte ich Kommunist sein", sagte er mir, �und den Leuten erz�hlen, dass die f�hrende Rolle im Kampf um den Sozialismus der Arbeiterklasse zukommt, ohne selbst richtig zu wissen, was das ist: die Arbeiterklasse!" Um diesen Mangel zu beheben, beschloss er, selbst als Arbeiter zu arbeiten; aber wenn schon Arbeiter, dann auch gleich dort, wo das Proletariat am proletarischsten ist: als Bergarbeiter! So wurde er 1953 Bergarbeiter unter Tage im Ruhrgebiet, und blieb dem Bergbau rund 25 Jahre lang treu, bis zu seinem Ausscheiden im Jahre 1977.
Nat�rlich wurde der Kommunist Rolf Vellay auch Mitglied der KPD, blieb es selbstverst�ndlich auch nach deren Verbot im Jahre 1956 und lernte durch mehrfache Verhaftungen auch die Gef�ngnisse der Bundesrepublik f�r insgesamt ein Jahr kennen. Der DKP trat er nach deren Gr�ndung nicht bei, sondern blieb �parteiloser Bolschewik." Und zwar einer, f�r den es in einem ganz seltenen Grade unertr�glich gewesen w�re, in seinem Leben eine Kluft zwischen Wort und Tat zuzulassen.
Von unserem Gespr�ch in der Kreuzberger Kneipe an blieben wir in st�ndigem Gedankenaustausch, zumeist schriftlich, aber wenn es sich bei seinen Berlin-Besuchen m�glich machen lie�, auch wieder im pers�nlichen Gespr�ch.
Rolf schien mir �ber ein unersch�pfliches Kr�ftereservoir zu verf�gen. Wo immer es eine Konferenz von Kommunisten mit der M�glichkeit gab, dort seine Positionen � stets k�mpferisch, oft bewusst herausfordernd -, vorzutragen, nahm er diese M�glichkeiten wahr.
Sein Lebensinhalt war der Kampf f�r die Wiederherstellung einer gro�en, einheitlichen marxistisch-leninistischen, vom Opportunismus und Revisionismus v�llig befreiten Kommunistischen Partei in Deutschland.
Er litt schwer unter der Zersplitterung und Uneinigkeit der kommunistischen Bewegung, und er litt auch unter der Diffamierung der DDR und darunter, dass dieser Diffamierung nicht von allen Kommunisten entschieden entgegengetreten wurde. Gegen beides � die Uneinigkeit und die Diffamierung der DDR � f�hrte er einen st�ndigen Kampf, wobei er auch auf originelle Ideen kam, die kaum einem anderen Kopf eingefallen w�ren und die zu verwirklichen auch kaum einem anderen parteilosen Kommunisten ohne jede organisatorische Verankerung in einer der verschiedenen Kommunistischen Parteien und Vereinigungen gelungen w�re. Denn auch das geh�rte zu den ihn auszeichnenden Besonderheiten: seine Auseinandersetzungen mit kommunistischen Genossen, so scharf sie auch in der Sache waren, �berschritten nie die Grenze der genossenschaftlichen Diskussion , lie�en nie den Ton einer Auseinandersetzung mit dem Feind aufkommen, lie�en immer den Respekt vor der Pers�nlichkeit des anderen erkennen.
Nur so l�sst sich erkl�ren, dass ihm gelang, aus Anlass seines 65. Geburtstages eine Diskussionsrunde aus Vertretern von Organisationen an einem Tisch zu vereinen, die sich sonst aus dem Wege gingen, wenn die eine die anderen nicht gar w�tend bek�mpfte. Auf seine Einladung hin fand am 19.September 1992 in Gelsenkirchen ein Streitgespr�ch zum Thema �War die DDR sozialistisch?" statt, zu dem einen �Vorspruch aus der Ferne", n�mlich aus Marburg, Georg F�lberth beisteuerte, und dessen Leitung kein Geringerer als Hans Heinz Holz �bernommen hatte. Teilnehmer am Streitgespr�ch waren: Willi Gerns f�r die DKP, Klaus Arnecke von der MLPD, Michael Br�cher f�r den Arbeiterbund f�r den Wiederaufbau der KPD, Heinz Jung , ehemals DKP, jetzt zur PDS �bergewechselt, und Egon Schansker, damals f�r die KPD/ML-Westberlin.
Die MLPD war von Rolf eingeladen worden, weil er ihre Verurteilung des Chruschtschow-Revisionismus teilte und ihn auch eine pers�nliche Freundschaft mit Stefan Engel, ihrem Vorsitzenden verband; aber er teilte ganz und gar nicht die von der MLPD im Unterschied etwa zum Arbeiterbund f�r den Wiederaufbau der KPD stur und unbelehrt durch die Konterrevolution in der DDR beibehaltene sektiererische Position, nach der die DDR l�ngst ein kapitalistischer Staat gewesen und ihre Annexion durch die BRD als Wiederherstellung der Einheit Deutschlands zu begr��en sei.
Rolf erhoffte sich durch das von ihm arrangierte Streitgespr�ch wohl auch, dass die MLPD, f�r die er trotz allem noch immer eine vielleicht etwas sentimentale Sympathie empfand, von ihrer f�r ihn absolut unakzeptablen DDR-Feindschaft befreit werden k�nnte. Eine solche Hoffnung aber blieb unerf�llt. Das Gelsenkirchener Streitgespr�ch aber war eine denkw�rdige Veranstaltung, und die Lekt�re ihrer von Rolf im Eigenverlag herausgegebenen Dokumentation mit dem Titel: �War die DDR sozialistisch?" lohnt auch heute noch.
Wie sehr Rolf daran lag, gegen die von der MLPD bis zur PDS ge�bte Verleumdung der Deutschen Demokratischen Republik anzugehen, ist besonders aus dem von ihm gehaltenen Er�ffnungs-Referat der Konferenz �Auferstanden aus Ruinen � �ber das revolution�re Erbe der DDR" zu ersehen, die im 50. Jahr seit Gr�ndung der DDR, im November 1999, in Berlin durchgef�hrt wurde. Sein Thema lautete: �Der sozialistische Charakter der DDR". Das Referat kann nachgelesen werden in dem gleichnamigen Protokollband der Konferenz. Rolf beendete dieses Referat mit den Worten:
�Die DDR war nicht das �bessere Deutschland�, sie war das gute Deutschland." Und dann f�gte er dem noch die Worte an, die ihm Peter Hacks geschrieben hatte: �Die DDR war eine Epoche weiter, und bleibts."
Wer die Artikel und Diskussionsbeitr�ge von Rolf liest, dem wird vielleicht auffallen, wie oft er dort aus b�rgerlichen Gazetten, vor allem aber aus dem �Zentralorgan" des deutschen Monopolkapitals, der �FAZ", der �Frankfurter Allgemeinen Zeitung", zitiert. Als kluger marxistisch-leninistischer Propagandist wusste er, dass eines der wirkungsvollsten Mittel der �berzeugungsarbeit darin besteht, unsere Wahrheiten durch den Gegner aussprechen zu lassen. Rolf hat seine Freunde immer wieder mit der Zusendung von Zeitungsausschnitten aus der FAZ �berrascht, die in manchmal ganz erstaunlicher Offenheit die Richtigkeit unsere Kapitalismusanalysen und die Berechtigung unserer Imperialismus-Anklagen best�tigten.
Rolf war aber alles andere als ein intellektueller Stubenhocker. Er liebte vor allem das Gespr�ch mit den sogenannten �einfachen Leuten". Und wenn andere Leute sich ihre Erholung im Urlaub durch Ausruhen und Vermeidung von Anstrengungen suchten, dann tat er das genaue Gegenteil: er verwandelte sich f�r einige Wochen aus dem Bergmann in den Saisonarbeiter in den Weinbergen Frankreichs. Zur Zeit der Weinernte reiste er zu seinen franz�sischen Winzer-Freunden und half ihnen beim Einbringen der Weintrauben. Das war f�r ihn eine echte Erholung, und als er in den letzten beiden Jahren infolge seiner durch die Krankheit geschw�chten Kr�fte dazu nicht mehr in der Lage war, fehlte ihm das sehr. Auch deshalb, weil er durch und durch Internationalist war.
Gegen jeden Anflug von deutschem Nationalismus war er hochempfindlich. Er korrigierte Dich z. B. sofort, wenn Du den Namen einer zu Polen geh�renden ehemals deutschen Stadt nicht bei ihrem polnischen, sondern mit ihrem deutschen Namen benanntest.
Aber es gen�gte ihm nicht, den Internationalismus zu propagieren, er musste ihn auch leben. So ging er 1985 mit einer Arbeitsbrigade f�r drei Monate nach Nikaragua, das nach dem Sturz der Somoza-Diktatur 1979 durch die sandinistische Revolution infolge der st�ndigen Angriffe der von den USA gesteuerten Contras in wachsende Schwierigkeiten geraten war und dringend solidarischer Unterst�tzung bedurfte.
1996 nahmen wir beide an der Internationalen Maifeier der Partei der Arbeit Belgiens und an dem anschlie�enden internationalen Seminar teil und waren vom Erlebnis der internationalen Gemeinschaft von Kommunisten aus aller Welt tief und freudig beeindruckt. Er hat die Verbindung zu den belgischen Genossen weiterhin aufrechterhalten.
Besonders starke solidarische Bindungen empfand er f�r die chilenischen Genossen. Er organisierte f�r Freunde in Chile Solidarit�tslieferungen und unternahm in jedem seiner beiden letzten Lebensjahren eine Reise nach Chile, wobei er nicht vers�umte, auch Margot Honecker zu besuchen und ihr Gr��e aus der Heimat zu �bermitteln.
Rolf Vellay hat uns in seinen zahlreichen Schriften und Reden einen wertvollen Schatz marxistisch�leninistischer Analysen und Wegweisungen hinterlassen. Die Arbeit, die mich am st�rksten beeindruckte, hat er 1989 im Selbstverlag herausgebracht und gab ihr den Titel:
�Das andere Gorbatschow-Buch, der aktuelle Reader: �Mehr Sozialismus� mit Gorbatschow? Vier Jahre �Perestroika� �Glasnost� und �neues Denken� � was hat�s gebracht? Eine marxistisch-leninistische Analyse (nicht nur) f�r Kommunisten."
Ich kenne keinen, der zu diesem Zeitpunkt � Mitte 1989 � schon eine so gr�ndliche und entlarvende Darstellung des Wesens Gorbatschows und seiner Politik gegeben h�tte.
Im Vorwort zu dieser Arbeit schrieb Rolf Vellay:
�Mehr als 35 Jahre habe ich der Politik und den Aussagen �des Kreml� � bei durchaus kritischer Haltung im Detail � von meiner marxistisch-leninistischen Grundposition aus, vertraut. Von Stalin �ber Chruschtschow bis zu Andropow und Tschernenko. Angesichts des Umstandes, dass heute alles, was bisher war, kurz und klein geschlagen und die gesamte Vergangenheit der Sowjetunion auf den Kopf gestellt wird, bin ich endlich gezwungen, nur noch von meinem eigenen kleinen Kopf Gebrauch zu machen. Wenn ich der neuen Sicht der Geschichte folge, - wenn! -, dann ist mein Vertrauen in der Vergangenheit schandbar missbraucht worden. Das soll mir auf meine alten Tage im Hinblick auf gegenw�rtige Politik nicht wieder passieren. Das bin ich auch all den Menschen schuldig, die mir auf meinem politischen Lebensweg vertraut haben und denen gegen�ber ich heute, wenn ich den �neuen� Sicht der Geschichte folge � wenn! � als L�gner dastehe. Ab sofort z�hlen nicht mehr Ank�ndigungen und Versprechen, sondern nur noch �facts and figures�, aus denen ich nach meiner �berlegung und Lebenserfahrung sich ergebende Schlussfolgerungen ziehe und Beurteilungen ableite � auf die Gefahr hin, dass ich allein mit meiner Meinung bleibe. Aber das ist nicht schlimm � wenn ich Unrecht habe, werde ich als Tropfen im Ozean kein Unheil anrichten. Habe ich aber Recht und mache nicht den Mund auf, ist es unverzeihlich und verantwortungslos gegen�ber der Sache, der ich glaube zu dienen."
Mit diesen Worten hat sich Rolf selbst besser charakterisiert, als es irgend ein anderer k�nnte.
Wenn es gel�nge, seine Arbeiten den jungen Leute in die Hand zu dr�cken, die heute nach Antwort auf die Frage suchen: In was f�r einer Welt leben wir denn? Und was muss man tun, um zu einer menschenw�rdigen Welt zu kommen?, dann k�nnte das ein kleiner Beitrag dazu werden, dass die f�r dieses Land und seine Menschen so notwendige Erf�llung von Rolfs dringendstem Wunsch nach der Wiedergeburt einer starken, einheitlichen, fest auf den revolution�ren Positionen von Marx, Engels und Lenin stehenden kommunistischen Bewegung in Deutschland durch die Gewinnung neuer, jugendlicher K�mpfer ein wenig beschleunigt wird.
Deshalb freue ich mich sehr dar�ber, dass die Herausgeber von �Offensiv" und der Schriftenreihe der 1990 in Berlin gegr�ndeten Kommunistischen Partei Deutschlands den Entschluss fassten, Rolf Vellay zu ehren, indem sie es m�glich machten, seinen Gedanken in je einem Sonderheft zur weiteren Verbreitung zu verhelfen.
Kurt Gossweiler, Berlin
Startseite Fanzine Links Aktuelles Texte
Die Notwendigkeit einer revolution�ren Antikriegsopposition
Das neue Jahrtausend wird eines der imperialistischen Kriege sein. Kapitalistische Zivilisation ist Barbarei. Wir Revolution�rInnen sind eine Minderheit in Deutschland. Das werden wir auch noch eine lange Weile bleiben. Aber das darf f�r uns kein Grund sein, inaktiv zu bleiben oder uns anzupassen. Und zur Anpassung w�rde auch eine schwammige "Friedensposition" a la PDS f�hren. Ich habe hier einige Punkte ausgearbeitet, die f�r die programmatische Ausrichtung einer revolution�ren Antikriesgopposition wichtig ist. <
Der Hauptfeind steht im eigenen Land!
F�r viele Linke scheint der US-Imperialismus das Hauptproblem zu sein. Die Beteiligung der BRD an imperialistischen Kriegen ist f�r diese Leute nur ein Problem der �bertriebenen B�ndnistreue. Die materiellen Interessen der deutschen Bourgeoisie werden bei dieser Art von "Analyse" ebenso unterschlagen, wie die gro�en Erfolge des deutschen Imperialismus seit 1989. Es ist richtig, die USA ist ein ungleich m�chtiger Nationalstaat als Deutschland. Aber wir leben hier in diesem Land und wir haben verdammt noch mal die Pflicht den deutschen Imperialismus genau zu analysieren. Damit wir wissen, wen wir da eigentlich bek�mpfen wollen und m�ssen.
Die deutsche Bourgeoisie hat aus ihrer Vergangenheit gelernt, sie legt sich nicht mehr mit ihren m�chtigen Klassenbr�dern in Europa und der USA kriegerisch an, sondern suchte und sucht das B�ndnis zu ihnen. Innerhalb und durch dieses B�ndnis betreibt die BRD sehr erfolgreich imperialistische Politik. Keine europ�ische Macht konnte aus dem R�ckzug des sowjetischen Imperialismus aus Osteuropa und dem Zusammenbruch des Staatskapitalismus so viel Kapital schlagen wie die BRD. Sie schluckte die DDR und revidierte damit ein wichtiges Ergebnis des zweiten Weltkrieges. W�hrend diese Annexion noch friedlich verlief, forderte das Eingreifen des deutschen Imperialismus auf dem Balkan ungleich mehr Tote.
Keine andere Gro�macht hat von Anfang an eine so aggressive Politik gegen Serbien/Jugoslawien betrieben wie Deutschland. Die marktwirtschaftliche Transformation des jugoslawischen Staatskapitalismus versch�rfte die Konkurrenz innerhalb der b�rokratisch herrschenden Klasse Jugoslawiens. Diese Konkurrenz war und ist die politische �konomie des Nationalismus in Jugoslawien. Die kroatischen, serbischen, slowenischen usw. B�rokratInnen sch�rten im eigenen Machtinteresse den Nationalismus. Der BRD-Imperialismus unterst�tzte dabei ganz konsequent alle Nationalismen die sich gegen den serbischen Nationalismus richteten. Deutschland unterst�tze auch das reaktion�re Kroationen. Auch mit dem reaktion�ren gro�albanischen Nationalismus, hatte Deutschland keine Der US-Imperialismus war bis Oktober 1998 in seiner Haltung zum albanischen Nationalismus noch gespalten. Aber der BND setzte von Anfang an auf die albanische Karte, er unterst�tze die UCK, als diese von der CIA noch als terroristische Organisation gewertet wurde. Der US-Imperialismus hatte sich im Oktober 98 auch deshalb f�r Krieg entschieden, um in Konkurrenz zur BRD seine Macht in Europa zu demonstrieren, indem er die Zerst�rung Jugoslawiens nicht mehr der Initiative Deutschlands �berlie�.
Der Krieg gegen Afghanistan wird ebenfalls auch in deutschem Interesse gef�hrt. Der "realsozialistische" Staatskapitalismus wurde vpm "freien Westen" besiegt, jetzt mu� der ehemaligen "dritten Welt" gezeigt werden, wer der Herr im Haus ist. Bin Laden war ein einstiger Verb�ndete der b�rgerlichen Demokratiengegen den sowjetischen Imperialismus in Afghanistan. Nun mu� er zurechtgestutzt werden. Wenn sich der deutsche Imperialismus am Kriegsabenteuer der USA beteiligt, kann er nur eine untergeordnete Rolle spielen. Beteiligt er sich nicht, spielt er gar keine.
Internationalismus
Der Leninismus hat durch seine Parole "vom nationalen Befreiungskampf der vom Imperialismus unterdr�ckten V�lker" den proletarischen Internationalismus durch b�rgerlichen Nationalismus ersetzt. Die Behauptung Lenins, da� die "nationale Selbstbestimmung unterdr�ckter Nationen" der sozialen Revolution der ArbeiterInnenklasse dienlich sei, hat sich klar als falsch erwiesen. Der Nationalismus "unterdr�ckter Nationen" dient allein der herrschenden Klasse dieser Nationen, er strebt danach, die "nationale" Lohnarbeit ohne "fremde" Einmischung auszubeuten. Der leninistische Nationalismus diente nur der b�rgerlichen/antikolonialen Revolution und dem Staatskapitalismus. Seit dem Bankrott des Staatskapitalismus und seiner Ideologie, dem Leninismus, dient er einzig und allein der Verschleierung imperialistischer Kriege. "Hoch die internationale Solidarit�t" ist ein g�ngiger Spruch auf jeder Antifademo. Aber viele, die das begeistert ausrufen, sind keine InternationalistInnen, sondern kleinb�rgerliche MoralistInnen. Egal ob sie als "Antideutsche" dem israelischen Staat die Treue halten, oder als LeninistInnen-StalinistInnen den "palestinensischen Befreiungskampf" hochjubeln oder mit dem staatskapitalistischen Ostblock in nekrophiler Liebe verbunden sind und um die gebliebenen Staaten Kuba und China einen mythischen Kult aufbauen -stets sind sie NationalistInnen, zwar in Gegnerschaft zum eigenem Staat, aber vom proletarischen Internationalismus meilen-weit entfernt. Denn die sentimentale Verbundenheit mit dem israelischen Staat st�rkt das dortige Zwangskollektiv aus Kapital und Arbeit und den zionistischen Rassismus und Imperialismus gegen�ber den arabischen Massen; der "palestinensische Befreiungskampf" nutzt nur den arabischen Oberschichten; "Solidarit�t mit Kuba" ist unsolidarisch mit der vom Staatskapitalismus ausgebeuteten kubanischen ArbeiterInnenklasse usw. Wir stellen dem Imperialismus der m�chtigen Industriestaaten nicht den nationalistischen Wahn ihrer Opfer gegen�ber, wie das ein Teil der b�rgerlichen Linken betreibt, sondern den proletarischen Internationalismus aller Lohnabh�ngigen.
Der Nationalbolschewik Werner Pirker hat in der "jungen Welt" die Afghanen zum nationalen Befreiungskampf aufgerufen. Die Nordallianz hat er schon als nationalen Ver�ter ausgemacht. Pirker bekommt es fertig im gleichem Atemzug den afghanischen Nationalismus zu sch�ren und gleichzeitig positiv auf "zivilisatorische Errungenschaften" des sowjetischen Imperialismus in diesem Land zu verweisen. Richtig, wenn mensch die damalige prosowjetische afghanische Regierung mit den heutigen reaktion�ren Taliban-Mob vergleicht... Aber die Wahl zwischen zwei �beln ist eine schlechte Wahl. Die UdSSR verk�rperte gegen�ber Afghanistan damals b�rgerlichen "Fortschritt".
Militarismus und (klein)b�rgerlicher Pazifismus
Der erste Krieg des deutschen Imperialismus nach 1945 wurde von ehemaligen PazifistInnen gef�hrt. Wer eignet sich auch besser zur F�hrung von Kriegen als ehemalige "Friedesbewegte". Die kleinb�rgerliche Friedensbewegung war noch nie besonders antikapitalistisch. Der gr��te Teil verteidigte in den 80er Jahren den kapitalistischen Frieden gegen das "atomare Inferno".
Der kleinb�rgerliche Pazifismus sieht die Diplomatie als Alternative zum Krieg. Unsinn! Die b�rgerlichen Nationalstaaten greifen in ihrer imperialistischen Konkurrenz nur solange zur Diplomatie, wie sich ihr Hunger "friedlich" stillen l��t. Au�erdem bereitet die Diplomatie imperialistische Kriege vor. Der Pazifismus sieht in Institutionen wie der UNO Organe zur Aufrechterhaltung des Weltfriedens. Unsinn! Eine internationale Organisation b�rgerlicher Nationalstaaten ist niemals in der Lage die kapitalistische Konkurrenz, aus dem der imperialistische Krieg erw�chst, aufzuheben. Au�erdem ist die UNO der NATO hilflos unterlegen. Die NATO-Staaten setzten sich schon im Krieg von 1999 selbst �ber die b�rgerlichen Rechtsnormen hinweg. Die deutsche rot-gr�ne Bundesregierung handelte zum Beispiel gegen das Grundgesetz, welches ein Angriffskrieg ver-bietet. Alle NATO-Staaten handelten gegen das geschriebene V�lkerrecht, welches ein Selbst-Mandat zum Angriffskrieg ausdr�cklich ablehnt. Nur die UNO ist dazu berechtigt. Das schreiben wir nicht, weil wir wie das kleine Licht Gregor Gysi VerfechterInnen des UNO-Gewaltmonopols sind, sondern weil wir demonstrieren wollen, da� Millosevics RichterInnen nicht ihr eigenes geschriebenes V�lkerrecht anerkennen. Das brauchen sie auch nicht. Denn die NATO verk�rpert nach dem Untergang des sowjetischen Staatskapitalismus das wirkliche V�lkerrecht. Die NATO ist die Weltpolizei der US-amerikanischen und westeurop�ischen Bourgeoisie.
Nachdem B�ndnis 90/ Die Gr�nen offen in das Lager des Militarismus �bergegangen sind, ist die PDS die st�rkste Kraft des kleinb�rgerlichen Pazifismus. Eine innerlich hohle Kraft! Schon w�hrend des Jugoslawienkrieges hielt die Koalition zwischen der "konsequent antimilitaristischen" PDS und der "Kriegspartei" SPD in Deutschlands Armenhaus Mecklenburg-Vorpommern auch den h�rtesten Bombenhagel aus. F�r den Medienstar Gregor Gysi war der NATO-Krieg gegen Jugoslawien nur ein Moment, der die Beziehungen zu Schr�der und Fischer vor�bergehend etwas komplizierter gestaltete: "Da meine Angriffe auf B�ndnis 90 /DIE GR�NEN und SPD -zumindest in der Regel -nicht so scharf sind wie fr�her, als sie sich gegen CDU/CSU und FDP richteten, f�llt es den Vertreterinnen und Vertretern der heutigen Regierungsparteien andererseits leichter, damit toleranter umzugehen. Eine Ausnahme gab es beim Krieg gegen Jugoslawien..."( Gregor Gysi, Ein Blick zur�ck, ein Schritt nach vorn)
Und wie sieht es beim gegenw�rtigen Krieg gegen Afghanistan aus?Die Gr�nen zieren sich noch ein wenig, aber am Ende werden sie schon mitmarschieren. Die PDS sprach sich auf ihrem letzten Parteitag in �bergro�er Mehrheit f�r eine "kritische Solidarit�t" mit dem US-Imperialismus aus. Sie billigt den "Kampf gegen den Terrorismus", aber nicht die Mittel. Und wieder ist ihr die Frage des Krieges nicht wichtig genug -Mitregieren ist wichtiger! So buhlte Gysi am 21. Oktober 2001, dem Wahltag in Berlin, um die Gunst der SPD. Er argumentierte, da� ja nicht die Landesregierung in der Kriegsfrage entscheide. Der �bergang vom b�rgerlichen Pazifismus zum Militarismus ist sehr flie�end, wie wir am Beispiel der Gr�nen gesehen haben. Der demokratische Sozialismus befindet sich in dieser Frage noch in der Grauzone. Aber wenn die PDS in ihrer Anpassung an die Herrschenden, weiter so ein Tempo vorlegt, wird sie bald die Gr�nen �berholen ohne einzuholen (frei nach Walter Ulbricht). Gysi gibt sich jedenfalls die gr��te M�he. Seine ganze bisherige Politik geben der Vermutung anla�, da� er selbst einen Joschka Fischer in den Schatten stellen k�nnte, wenn er eines Tages einen Ministerposten aus den H�nden der deutschen Bourgeoisie und ihren sozialdemokratischen Charaktermasken bekommt. Die Kritik der IG-Metallf�hrung an Schr�ders Kriegskurs bleibt im pazifistischen und nationalistischen ("�bertriebene B�ndnistreue")Rahmen.
Orientierung auf eine neue ArbeiterInnenbewegung
Eine revolution�re Antikriegsopposition darf sich nicht auf den kleinb�rgerlichen Pazifismus st�tzen. Ihr Ziel mu� es sein die Weltbourgeoisie zu entmachten. Das geht nur auf revolution�rem Wege. Unser Ziel in Deutschland kann also nur sein, die soziale Revolution hier vorzubereiten. Eine schwierige und langwierige Aufgabe. Die alte ArbeiterInnenbewegung, Sozialdemokratie, Gewerkschaften und die ML-Organisationen sind total verb�rgerlicht. In den "linken" Parteien herrscht wie in den rechten eine b�rokratische Ponzenschicht. Die Gewerkschaften sind national-b�rgerliche Organisationen der Sozialpartnerschaft, und wenn die F�hrung doch mal zum "Klassenkampf" gezwungen wird, dann so, da� es den "ArbeitgeberInnen" nicht weh tut. Mit den alten Organisationen der ArbeiterInnenbewegung ist weder eine proletarische Antikriegsbewegung aufzubauen, noch die soziale Revolution vorzubereiten. Sie sind zu einem absoluten Hindernis geworden.
Was ist die L�sung? Der spontane Klassenkampf der lohnabh�ngigen Bev�lkerung! Viele Menschen machen einen gro�en Fehler: sie untersch�tzen die Wandlungsf�higkeit des Bewu�tseins der ArbeiterInnenklasse. Sie sagen: "Der Gro�teil der ArbeiterInnen denkt doch total b�rgerlich." Richtig! In der stabilen Klassengesellschaft kann die lohnabh�ngige Bev�lkerung gar kein revolution�res Bewu�tsein haben. Es ist aber die Realit�t des Kapitalismus, der die ArbeiterInnen zum Kampf zwingt. Der Klassenkampf ver�ndert dann da� Bewu�tsein der Klasse. Beispiel: 1914 lie� sich die europ�ische ArbeiterInnenklasse noch gegenseitig nationalistisch verhetzen. Doch der Schrecken des imperialistischen Krieges war die beste Agitation gegen ihn. Es entwickelte sich eine gewaltige Antikriegsbewegung, der zum Vorl�ufer der R�tebewegung in vielen L�ndern Europas f�hrte. Die R�tebewegung in Deutschland wurde von der Sozialdemokratie, die in der UdSSR vom Bolschewismus liquidiert.
F�r einen spontanen Klassenkampf au�erhalb und gegen den DGB sind heute weder die subjektiven noch objektiven Bedingungen vorhanden. Sie m�ssen erst reifen. Der wilde Streik bei Opel/R�sselsheim im Juni 2000 zeigt aber in die richtige Richtung. �brigens gab es in der Geschichte der BRD schon 1969 ein gewaltiges Erwachen der bundesdeutschen ArbeiterInnenklasse: "In der westdeutschen Linken zeichnete sich bereits zur Zeit der sogenannten antiautorit�ren Phase der Studentenrevolte und der APO-Bewegung (Au�erparlamentarische Opposition, Anmerkung des Autors) ein verst�rktes Interesse f�r die unorganisierten Arbeiter ab. Dieses Interesse bestand urspr�nglich vornehmlich, um mit den Arbeitern eine �hnliche Solidarit�t in den Aktionen herzustellen oder zu erreichen, wie sie etwa im Pariser Mai von 1968 oder auch in Italien zu beobachten war. Der Kampf der APO und der Studenten sollte nicht auf kleine Bereiche der Ge-sellschaft, soweit sie ihre "eigenen" waren, beschr�nkt bleiben, denn es handelte sich immerhin um Probleme, die alle Be-reiche der Gesellschaft, vor allem auch die der Arbeiterklasse, betrafen; zugleich aber wu�te man die gro�en traditionellen Organisationen der Arbeiterbewegung (SPD und Gewerkschaften) auf der Gegenseite der Barrikade. Dennoch kam es in der Bundesrepublik kaum zu einer Verbindung mit den Arbeitermassen, was die meisten Gruppen der neuen Linken dazu veranla�t, den westdeutschen Arbeitern ein eigenes politisches Bewu�tsein weitgehend abzusprechen.
Eine systematische und weitest gehend unvoreingenommene Diskussion setzte dann allerdings unter einigen Gruppen ein, als sich in den Septembertagen des Jahres 1969 etwas seit dem II. Weltkrieg f�r viele von uns Unglaubliches abspielte:
-Massenhaft legten Arbeiter in der Stahhlindustrie, im Bergbau, in der metallverarbeitenden Industrie und in anderen Wirtschaftsbereichen "spontan" ihre Arbeit nieder, streikten ohne Urabstimmung, ohne Einwilligung der Gewerkschaften; -ja, es kam noch unglaublicher, denn viiele von diesen Streikenden wendeten ihren Unmut nicht nur gegen die Unternehmer, gegen die Direktoren ihres Betriebes, sondern auch gegen die Gewerkschaften in der gerade laufenden Lohnrunde; -der Gipfel des Unglaublichen jedoch waar das Verhalten der DKP, die beispielsweise in Dortmund -aber auch anderswo - "einige hundert Arbeiter" daran hinderte, in die R�ume des Gewerkschaftshauses einzudringen, um dort ihren Unmut gegen die arbeiterfeindliche Gewerkschaftspolitik deutlich sichtbar Ausdruck zu verleihen: die DKP verwandte, wie sie sich hinterher selber r�hmte, "gro�e M�he" darauf, "diese Stimmung umzukehren und die Hauptsto�richtung gegen die Direktion zu lenken" (Die Septemberstreiks 1969. Darstellung, Analyse, Dokumente der Streiks in der Stahlindustrie, im Bergbau, in der metallverarbeitenden Industrie und in anderen Wirtschaftsbereichen, Frankfurt (November) 1969., S. 64.) " (J�rgen Klein, Zur Diskussion in der Bundesrepublik �ber die "andere" Arbeiterbewegung in Deutschland in Au-tonomie im Arbeiterkampf., a.a.O., S. 13.)
Die Militarisierung der Innen- und Au�enpolitik und die asozialen Angriffe des Kapitals auf unsere Arbeits und Lebensbedingungen erfordern eine neue ArbeiterInnen- und proletarische Antikriegsbewegung. Sie wird organisch aus dem spontanen Klassenkampf erwachsen. Was ist die Aufgabe von Revolution�rInnen? Den historischen Materialismus sch�pferisch anzuwenden und die jetzigen, noch beschr�nkten K�mpfe zu befruchten. In der sozialen Revolution mu� sich der wissenschaftliche Sozialismus der kommunistischen Minderheit mit dem Klasseninstinkt der Mehrheit vereinigen und sich zu einer solchen Sprengkraft entwickeln, die der Klassengesellschaft den Todessto� versetzt.
Fortgeschrittene Lohnabh�ngige m�ssen sich schon jetzt auf die kommende Bewegung vorberieten. Sie m�ssen kleine Gruppen gr�nden, indem der Kapitalismus und die imperialistischen Kriege analysiert werden. Wichtig ist nat�rlich auch die praktische Antikriegspropaganda. Kampf dem imperialistischen Krieg! Nieder mit der Lohnsklaverei! Es lebe die klassenlose Gesellschaft!
Startseite Fanzine Links Aktuelles Texte text below generated by server. PLEASE REMOVE -->
Wie sollen wir uns organisieren?
Das Ende des Kapitalismus samt Ausbeutung und Unterdr�ckung - das ist unser gemeinsames Ziel. In Seattle, Melbourne, Prag und Seoul haben wir die Kapitalisten in Erkl�rungsnot gebracht.
Aber das System an sich wurde nur angekratzt, die Maschinerie l�uft weiter. Welche Kraft kann sie zum Stillstand bringen? Die Debatte dar�ber hat Konsequenzen f�r unseren Handeln. Die politische Strategie bestimmt die Art der Aktion und Organisation, argumentiert Ahmed Shah. |
![]() |
"Die Politisierung der Arbeiterklasse ist die Vorraussetzung f�r den Sieg der antikapitalistischen Bewegung" |
Einheit und Massenaktion
Die Aktionen von Individuen oder kleinen Gruppen sind immer ein guter Anfang. Aber sie werden einen zweihundert Jahre alten Kapitalismus mit all seinen Institutionen und seiner Unterdr�ckungsmaschine nicht beseitigen k�nnen. Nur die direkte Aktion der Masse kann das. Klein ist nicht fein. Zahlen z�hlen, weil wir die Mehrheit brauchen.
Die Selbstbegrenzung auf einen eingeweihten Kreis macht uns schw�cher als wir sein k�nnen. Sie isoliert die Minderheit von der Mehrheit, die �Radikalen� von dem Rest. Die Kapitalisten lachen. Ob gegen die Nazis, die Castor-Transporte, gegen den IWF: Wir m�ssen in die Breite gehen.
Unsere Revolution ist eine Bewegung der ungeheuren Mehrheit im Interesse der ungeheuren Mehrheit, nicht die Tat einer aufgekl�rten und organisierten Elite, von karrieristischen Politikern oder einer linken Vorhut. Sie entspringt aus der Energie einer spontanen Massenerhebung von unten. Sie setzt demokratische Energien frei.
Wir m�ssen mit Leuten zusammenarbeiten, die unzufrieden sind, bereit sind, aktiv zu werden zu bestimmten Fragen, die aber unsere �Maximalforderungen� nicht teilen. Ein Austausch in der gemeinsamen Aktivit�t und Debatte kann das �ndern.
Deswegen m�ssen wir immer mit unseren Gemeinsamkeiten und nicht mit den Unterschieden anfangen. Wir m�ssen eine Br�cke zu denen bauen, die noch keine Revolution�re sind. Das gelingt uns aber nicht mit einer elit�ren Haltung, die eine fundamentale Opposition zur Bedingung von Zusammenarbeit macht.
Kollektivit�t und Arbeiter
Eine Bewegung gegen den Kapitalismus mu� seine und ihre Widerspr�che verstehen. Hier sind drei wichtige.
Erstens. Der Kapitalismus hat riesigen Reichtum und technologischen Fortschritt geschaffen. Das brauchen wir auch in unserer zuk�nftigen Gesellschaft. Wir sollten uns nicht zur�cksehnen nach einer idyllischen vor- oder fr�hkapitalistischen Gesellschaft, die es nie mehr geben wird oder nie gegeben hat. Trotz dieses ungeheuren Reichtums verurteilt diese Gesellschaft weltweit Millionen Menschen zu Elend und Tod und vergiftet unsere Umwelt. Und oben sahnt eine Minderheit ab. Wir wollen den Reichtum nicht zerst�ren, sondern nutzen, um die Welt wieder in Ordnung zu bringen.
Zweitens: Die Kapitalisten herrschen durch ihren Griff auf die Produktionsmittel. Die �konomische Kontrolle �ber die Profite ist die Basis f�r ihren politischen Einflu� auf die Gesellschaftsordnung und ihre Priorit�ten. Weder Bill Gates w�re ein �Vorbild f�r die Jugend� noch J�rgen Schremp Deutschlands �Rambo� ohne ihre Einflu� auf die Produktion. Wir werden �ber unser Leben erst selbst bestimmen k�nnen, wenn wir ihnen die Kontrolle dar�ber streitig machen.
Aber die Kapitalisten sch�pfen ihre Profite aus der Ausbeutung von Lohnsklaven, den Arbeitern. Eine Revolution der Lohnsklaven ist also ein Anschlag auf das Herz des Systems. Rosa Luxemburg sagte: Dort wo die Ketten der Kapitalismus geschmiedet werden, dort m�ssen sie auch gesprengt werden - in den Betrieben. In Prag haben wir die Kapitalisten gest�rt, die Arbeiter dagegen k�nnen ihr gesamtes System lahmlegen. Ein Arbeiter an sich kann das aber nicht alleine. Die Arbeiter werden kollektiv ausgebeutet, deshalb k�nnen sie sich auch nur kollektiv wehren und organisieren. Das ist ihre St�rke und der Alptraum der Bosse.
Und Drittens: Die herrschenden Ideen sind die Ideen der herrschenden Klasse. Das war bisher in jeder Gesellschaft so. Diese Ideen � ob Rassismus, Sexismus, Schwulenfeindlichkeit oder Ellbogenmentalit�t - erf�llen eine wichtige Funktion f�r die Politik der herrschenden Klasse: Teile und herrsche. Arbeiter sind keine besseren Menschen. Ein idealistisches Bild von ihnen w�re falsch; die Konkurrenzlogik des Kapitalismus entfremdet auch sie von einander. Ein zynisches, starres Bild ist aber genauso falsch. Die Arbeiter haben als Klasse kein objektives Interesse in der Aufrechterhaltung dieser Ideen. In ihren Reihen sind auch Ausl�nder, Frauen und Homosexuelle. Sich nicht spalten und im Kampf schw�chen lassen, hei�t alle mit einzubeziehen. Der kollektive Kampf kann die ideologischen Fesseln des Kapitalismus in den K�pfen schw�chen. Die Revolution ist deshalb nicht nur eine materielle, sondern auch eine geistige. Es ist der Kampf zwischen den alten, spaltenden Ideen und den neuen Ideen der Solidarit�t.
Unsere Strategie setzt auf die kollektive Massenaktion der Arbeiter gegen den Kapitalismus, die die �konomischen und ideologischen Ketten bricht und Reichtum und Technologie unter die demokratische Kontrolle der Mehrheit bringt.
Wir k�nnen keine Inseln innerhalb der Kapitalismus aufbauen. Einen alternativen Lebensstil zu betreiben, Gegenmodelle oder autonome Freir�ume zu errichten, zeigt den Wunsch, heute frei vom Kapitalismus zu leben. Diese Inseln k�nnen den Herrschenden ein Dorn in Auge sein. Sie werden jedoch die Kontrolle der Kapitalisten �ber die Produktion und damit �ber die Gesellschaft nicht beenden. Nur eine Revolutionierung der Verh�ltnisse in den Betrieben ist dazu in der Lage.
Reformistische F�hrung
Hier haben wir ein Problem. Es gibt eine F�hrung in der Arbeiterbewegung: die Sozialdemokratie. Auch die entschiedenste Gegnerschaft ihr gegen�ber �ndert nichts an dieser Tatsache: sie ist da und sie ist einflu�reich.
Sie tr�gt die Hoffnung der Arbeiter auf eine bessere Gesellschaft, aber h�lt sie gleichzeitig zur�ck. Sie sagt, da� Ver�nderung nur - wenn �berhaupt - �ber ihre T�tigkeit im Parlament und innerhalb des Systems kommen kann. Sie setzt auf die Passivit�t der Massen und eine Politik der Anpassung.
Das kommt auch an. Die Arbeiterklasse ist nicht homogen. Es gibt Arbeiter, die die herrschenden Ideen vollst�ndig akzeptieren, genauso wie solche, die sie restlos ablehnen. Aber dies ist nur eine Minderheit. Die Mehrheit liegt zwischen diesen beiden Extremen. Unzufrieden mit den herrschenden Verh�ltnissen haben sie Sehnsucht nach einer besseren Welt, glauben aber nicht, dass eine grundlegende Ver�nderung m�glich ist. Es sind die Erfahrung des Kampfes, von Auseinandersetzungen, die Bewegung in das Universum der Ideen bringen. Allein die Erfahrung sich selbst aktiv zu wehren, widerspricht dem Stellvertretungsanspruch der Sozialdemokratie. Aber wenn im Lager der Arbeiterbewegung niemand gegen den Reformismus argumentiert, �berlassen wir den immer gleichen Leuten das Feld und letztlich setzen sich weiter die falschen Ideen durch.
Antikapitalisten m�ssen das erkennen und eine politische und organisatorische Alternative zu den traditionellen Parteien aufbauen. Das ist, was wir mit F�hrung meinen. Es ist der Kampf um die Ideen in der Arbeiterbewegung.
Das hat sich in der Geschichte immer wieder gezeigt. Es gab nie eine Wahl zwischen F�hrung oder keiner F�hrung, sondern immer nur zwischen revolution�rer oder reformistischer F�hrung.
Die SPD konnte die Deutsche Revolution 1918 abw�rgen, weil es keine politische und organisatorische Alternative gab � die KPD war neu, klein, und ohne Masseneinflu�. Die Anti-AKW-Bewegung geriet Ende der 70er Jahre in die Sackgasse, weil sie keinen Anschlu� an die Arbeiterbewegung fand, die von der Sozialdemokratie mit M�he davon abgekoppelt wurde. Die revolution�ren Organisationen hatten wenig Einflu� und befanden sich in einer tiefen politischen und organisatorische Krise. Die Gr�nen sammelten die Reste auf und los ging�s auf die Reise nach rechts in und durch die Parlamente.
Die Linke mu� den reformistischen Parteien ihre F�hrung in den Bewegungen streitig machen und eine alternative F�hrung aufbauen.
![]() |
"Um den zentralisierten Staat mit seinen Robocops zu schlagen, brauchen wir eine demokratisch-zentralistische Organisation." |
Staat
Wenn die ideologische Kontrolle nicht ausreicht, greifen die Kapitalisten zur Staatsmacht. Der Staat ist keine neutrale Instanz. Er ist aber auch nicht das System an sich. Hier zentralisieren sich die Kapitalisten, um eine Infragestellung ihrer Macht zu kontern. Das haben wir in Prag erlebt. Der Staat ist also der bewaffnete Fl�gel der herrschenden Klasse. Ein Kampf gegen die Polizei, manchmal n�tig, ist kein Ersatz f�r einen Kampf gegen die kapitalistische Dominanz in den Betrieben.
Aber der zentralisierte Staat ist ein gro�es Hindernis f�r eine Bewegung f�r Emanzipation. Wir brauchen eine Symmetrie zum Staatsapparat. Wir wollen nicht seine Hierarchie nachahmen, aber wir m�ssen auch unseren Kampf zentralisieren, wenn wir gewinnen wollen. Eine Gegenwehr, die dezentral bleibt, hat keine Chance gegen die Herrschenden. Polizei, Justiz, Medien und Bildungssystem sind aufeinander abgestimmt Ein Kampf gegen diesen Staat braucht eine Organisation, die die Str�nge der emanzipatorischen Bewegungen zusammenbringt und zentralisiert.
Was wir brauchen
Wir brauchen also eine Organisation, die zwei Bedingungen erf�llt. Erstens: sie mu� sie die spaltenden Ideen und die reformistische Politik, die die Massenaktion und Emanzipation der Arbeiter verhindert, mit ihrer ganzen Kraft bek�mpfen. Zweitens mu� sie in der Lage sein, den Ausschu� zur Vertretung der Interessen der herrschenden Klasse � den Staat -, in die Knie zu zwingen. Das pr�gt der Organisationsform.
Scharnier: Die Organisation mu� ein Scharnier sein zwischen der aktiven antikapitalistischen Minderheit und der Mehrheit der Arbeiter. Wir d�rfen die Arbeiter nicht Schr�der und seinen Freunden in der Gewerkschaftsf�hrung �berlassen. Wir k�mpfen f�r den Wiederaufbau einer revolution�ren Str�mung in der Arbeiterbewegung, die Arbeiter in den Betrieben f�r eine antikapitalistische Perspektive gewinnen kann. Wir wollen zeigen, wie sie in ihrem Alltagswiderstand davon profitieren. Daf�r m�ssen wir die Trennung zwischen den politischen K�mpfen der antikapitalistischen Bewegung und den �konomischen Auseinandersetzungen der Arbeiterbewegung �berwinden.
Theorie: Unsere Theorie stammt aus der Analyse der Erfahrungen der Arbeiterbewegung. Wir m�ssen das Rad nicht neu erfinden. Wir wollen aus den St�rken und Schw�chen der Geschichte lernen. Sie ist keine von Untertanen, die Untertanen bleiben wollen, sondern eine von Widerstand. Es gibt eine lange Tradition der direkten Aktion. Vom Aufstand der schlesischen Weber Mitte des 19. Jahrhunderts �ber die Revolution�re Obleute, die in Berlin Anfang des letzten Jahrhunderts 200.000 Arbeiter organisierten, bis zum Basis-Netzwerk in den Betrieben Anfang der 70er Jahre � und international ist die Bandbreite nochmal deutlich gr��er.
Jede Bewegung braucht ein historisches Ged�chtnis. Und zwar nicht wie in der Schule � eine Aneinanderreihung von Fakten und Daten. Durch eine Analyse der Geschichte k�nnen wir eine eigene Theorie und Weltanschauung entwickeln, um gemeinsam das kapitalistische System zu st�rzen.
Gemeinsame Praxis: Das hei�t nicht, dass alles, was gestern richtig war, heute noch immer gilt. Die Welt ist im wesentlichen, wie sie im Kapitalismus immer war. Klassenspaltung und Klassenkampf existieren weiter. Sie hat sich aber weiterentwickelt. Durch eine gemeinsam organisierte Praxis in den heutigen Auseinandersetzungen k�nnen wir die G�ltigkeit unsere Positionen �berpr�fen. Das ist der beste Weg, um herauszufinden, was richtig ist und was nicht. Er fordert und f�rdert eine gemeinsam organisierte Debatte �ber die Verh�ltnisse heute.
Aktive Demokratie: F�r diese Debatte brauchen wir Demokratie. Keine Demokratie als Selbstzweck, sondern weil sie n�tig ist, um die n�chsten Schritte der Bewegung zu entscheiden. Also eine wirklich aktive Demokratie. Auch wenn die Bewegung abflaut, brauchen wir Strukturen, um Debatten weiter zu f�hren: was war gut, was ist schief gelaufen, wie geht�s weiter, welche Themen k�nnen Leute wieder mobilisieren? Ohne demokratische Debatte werden wir die Stand der Bewegung falsch einsch�tzen und realit�tsferne Entscheidungen treffen.
Zentralismus : Zentralismus ist so wichtig f�r die Handlungsf�higkeit einer Organisation wie Demokratie f�r die Debatte. Demokratie hilft uns Entscheidungen zu treffen. Die Mehrheitsentscheidung mu� aber umgesetzt werden. Und zwar von jeder und jedem - auch denen, die anderer Meinung waren. Nur dann k�nnen wir in der Praxis testen, ob unsere Entscheidungen richtig waren. In der gemeinsamen Debatte k�nnen wir die Lehren aus den Erfahrungen ziehen und Korrekturen in unserer Praxis vornehmen.
Antikapitalisten k�nnen viel von der Arbeiterbewegung lernen. Ein Streik, demokratisch von der Mehrheit beschlossen, mu� durchgesetzt werden. Und zwar auch gegen die Arbeiter, die gegen den Streik sind. Streikposten sind dazu da, Entscheidungen durchzusetzen. Sonst ist die Entschlossenheit und Kollektivit�t hin � der Streik zerbr�selt.
Die Arbeiter m�ssen als Einheit handeln. Zu einem Streikposten m�ssen alle zur gleichen, vorher abgemachten, Uhrzeit kommen. Es kann nicht jeder kommen wann er will. Disziplin ist n�tig, aber nicht eine von oben aufgedr�ckte, sondern eine von unten gemeinsam beschlossene.
F�hrung: In jeder Bewegung gibt es eine F�hrung. Bestimmte Meinungen, richtige oder falsche, gewinnen Anh�nger und bestimmen den Ausgang der Bewegung. Wir wollen das nicht dem Zufall �berlassen, sondern organisiert um Meinungen K�mpfen.
Auch Innerhalb horizontal organisierten Zusammenh�nge gibt es eine F�hrung, sichtbar oder unsichtbar. Eine unsichtbare oder informelle F�hrung ist nicht rechenschaftspflichtig. Sie kann nicht korrigiert oder abgew�hlt werden. Falsche Positionen bleiben, richtige kommen nicht hoch. Alles andere als eine transparente, sichtbare F�hrung. ist undemokratisch und gef�hrlich.
Jede F�hrung mu� in der Praxis beweisen, da� ihre Einsch�tzungen und Vorschl�ge richtig sind. Daf�r ist die gemeinsame Aktivit�t aller n�tig. Auf diese Weise k�nnen die Leute aus den gemeinsam gemachten Erfahrungen heraus sehen, was effektiv und richtig ist. Die Aktivit�t erm�glicht dar�ber hinaus, auch viele andere mit einzubeziehen. Passivit�t f�hrt zu Hierarchie. Das ist es, was reformistische und stalinistische Parteien ausmacht. Die F�hrung entscheidet, was zu tun ist, und die F�hrung agiert. F�r sie ist die Selbstaktivit�t der Mitglieder ein Hindernis, f�r uns die Grundlage zum Erfolg.
Das l�uft dezentral und zentral, horizontal und vertikal ab. Die Agitation findet in Betrieben, Schulen, Unis oder auf der Stra�e statt - eben dort, wo die einzelnen Aktivisten sind. Sie suchen Anschlu� an das, was abgeht, wo Widerstand m�glich ist. Die F�hrung lernt daraus und hilft, diese Erfahrungen in der gesamten Organisation zu verallgemeinern. Die Erfahrungen in den verschieden Bereichen und Orten werden zentralisiert und ausgewertet. Schlie�lich werden hieraus die neuen Perspektiven entwickelt.
Eine F�hrung ist f�r uns nicht da, F�hrung zu sein und zu bleiben, sondern, um andere f�hrungsf�hig zu machen. Das bedeutet, sie zu bef�higen, andere um sich zu ziehen und zu politisieren. Das finden wir emanzipatorisch. Emanzipier dich selber ist einfach gesagt. Daf�r brauchst du F�hrung, Menschen, die dabei helfen.
Wir streben die Emanzipation von jeder und jedem an, der bei uns organisiert ist. Die Menschen, die zu uns kommen oder zu uns schauen, leben im Kapitalismus. Die Ungleichheiten, die er schafft, sind auch in unserer Organisation da. Wir m�ssen sie nicht akzeptieren, aber erkennen und versuchen, sie zu �berwinden. Das ist die Aufgabe der F�hrung.
Die Zukunft
Die Zukunft ist gro�. Nach den vielen Jahren des linken Niedergangs bietet die neue weltweite antikapitalistische Bewegung und die bittere Erfahrungen von Millionen unter sozialdemokratischen Regierungen in Europa eine �ffnung f�r Neues. Linke Einheit in der Praxis und eine neue Strategie-Debatte �ber Perspektiven sind wichtiger denn je. Die hier dargelegten Positionen sind nur ein kleiner Beitrag mit keinem Anspruch auf Vollst�ndigkeit. Ich hoffe auf eine Fortsetzung. Die Zukunft h�ngt davon ab, welche Schlu�folgerungen wir aus den heutigen Debatten ziehen.
Linke und rechte Sozialisten vereint -
gemeinsam schlagen wir jeden Feind!
Eine Kampfschrift, die den Revolution�r im jeweils anderen Lager zum Nachdenken anregen soll von Micha Togram Im Interesse einer notwendigen Zusammenarbeit rechter und linker Antikapitalisten sollten Pauschalurteile vermieden werden. Viel wichtiger ist die W�rdigung des ehrlichen Bem�hens in beiden Lagern um einen Br�ckenschlag. Konzentrieren sollte sich daher die Kritik auf reaktion�re und internationalistische Kreise, die in beiden Lagern die Politik einer antikapitalistischen Aktionseinheit gegen den Weltfeind der V�lker sabotieren. 1960 erschien im Kohlhammer-Verlag das Buch von Otto-Ernst Sch�ddekopf �ber "Linke Leute von Rechts". In diesem Buch beschreibt der Verfasser den Versuch eines Br�ckenschlages von Nationalrevolution�ren zu Kommunisten in der Weimarer Republik. Diese linken Leute von rechts unternahmen den Versuch, die Rechten vom b�rgerlichen Klassennationalismus und die Linken vom Internationalismus zu heilen. Auf diese Weise sollten in beiden Lagern verh�ngnisvolle Fehlentwicklungen gestoppt werden, die letztlich nur den Herrschaftsinteressen des internationalen Kapitals dienten. In �hnlicher Weise kann man auch von "Rechten Leuten von Links" sprechen, die einen Sozialismus in den Farben ihrer jeweiligen Nation anstrebten und dabei in einen heftigen Gegensatz zu den international und kosmopolitisch orientierten marxistischen Dogmatikern gerieten. Der Kampf zwischen "rechten" Nationalisten und "linken" Internationalisten innerhalb des marxistischen Lagers l��t sich bis ins 19. Jahrhundert zur�ckverfolgen:
In Deutschland erstrebte Ferdinand Lassalle (1825 - 1864) zeit seines kurzen Lebens einen Sozialismus auf nationaler Grundlage. F�r Lassalle waren Nation und Sozialismus keine Gegens�tze. Nach seiner Auffassung war das B�rgertum mit seinen kapitalistischen grenz�berschreitenden Interessen weit weniger an der Nation interessiert als das Proletariat, das mit allen seinen Wurzeln fest an den Boden seiner Heimat gebunden bleibt, weil es keine kosmopolitischen wirtschaftlichen Interessen vertritt. Lassalle war ein scharfer Gegner des Liberalismus. Zu seiner Bek�mpfung war er auch bereit, mit Konservativen ein B�ndnis zu schlie�en. Ber�hmt sind seine Gespr�che mit Bismarck �ber ein soziales Volksk�nigtum und staatlich gef�rderte Produktivgenossenschaften f�r die Arbeiter. Marx hat diese nationalsozialen Konzepte Lassalles scharf verurteilt. Nach dem tragischen Duelltod Lassalles setzte v. Schweitzer die Ann�herung zwischen nationalen Sozialdemokraten und Bismarck fort. Sp�ter setzte sich allerdings der Internationalismus Bebels in der SPD durch und verhinderte alle weiteren nationalsozialen Entwicklungen. Bei der Ausgestaltung des deutschen Sozialstaates standen die Sozialdemokraten zusammen mit den Liberalen beiseite und pflegten ihre sch�bigen antinationalen englandfreundlichen Vorbehalte gegen das neugegr�ndete Kaiserreich. Ferdinand Lassalle ist die ber�hmte Ausnahme von jener Regel, die f�r die marxistische Linke den Internationalismus j�discher Intellektueller als bestimmend ansieht. In dem Buch von Zeev Sternhell "Die Entstehung der faschistischen Ideologie" schreibt er von den "internationalistischen und revolution�ren j�dischen Intellektuellen - Luxemburg, Hilferding, Parvus, Radek, Trotzki, Otto Bauer, Max Adler, Karl Renner und viele andere ... sie verabscheuten den v�lkischen Nationalismus... Keiner verehrte die Volksgemeinschaft und ihren Boden... Ihnen lag nichts an der Heimat an der so viele westeurop�ische Sozialisten hingen." Insbesondere in Frankreich stie� dieser j�dische Internationalismus auf scharfen Widerstand innerhalb der Linken bis zur offenen Kampfansage. Henryk M. Broder verweist in seinem Buch "Der ewige Antisemit" auf judenkritisch eingestellte franz�sische Fr�hsozialisten: Charles Fourier, einer der Begr�nder des franz�sischen Sozialismus bezeichnete die Juden als Parasiten, deren Emanzipation der "besch�mendste aller gesellschaftlichen Fehler" gewesen sei. Alphonse Toussenel, ein anderer wichtiger Fr�hsozialist ver�ffentlichte im Jahr 1845 ein Buch unter dem Titel "Die Juden - K�nige unserer Zeit", in dem er u. a. darlegte, Europa sei der Herrschaft der Juden unterworfen. Pierre Leroux, der den Begriff "Sozialismus" erfunden hat, bezeichnete die Juden als "Verk�rperung des Mammons". Pierre Joseph Proudhon bezeichnete die Juden als Feinde der Menschheit, die man nach Asien zur�ckschicken sollte... Frankreich ist das erste Land in Europa, in dem sich um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert eine sozialistisch - nationalistische Synthese mit syndikalistischer (antiparlamentarischer) Tendenz entwickelte. Der ultralinke Gewerkschaftler Bietry gr�ndete 1905 erstmals eine nationalsozialistische Arbeiterorganisation. Ein hervorragender Vertreter dieser sozialnationalistischen Bestrebungen war Georges Sorel (1847 - 1922). Von Marx kommend, gelangte er auf dem Umweg �ber den Revisionismus zum revolution�ren Syndikalismus. Im Gegensatz zur Sozialdemokratie glaubte er nicht an den parlamentarischen Weg zur Beseitigung des Kapitalismus. Er bekannte sich zum revolution�ren Kampf gegen das Kapital. Die wichtigste revolution�re Triebkraft der Geschichte war f�r Sorel der Nationalismus. Aus dem Klassenkampf der Arbeiter gegen das Kapital sollte ein Volkskampf aller schaffenden Schichten des Volkes (Kleinb�rgertum, Bauernschaft, schaffendes Kapital) werden. Mit der Verbreiterung der sozialen Basis erfolgte auch gleichzeitig eine Vereinfachung des kapitalistischen Feindbildes auf das Finanzkapital. Endziel der antikapitalistischen Revolution sollte ein Syndikalistischer Staat der sich selbst verwaltenden Produzenten sein. Im Gegensatz zum AnarchoSyndikalismus vertrat Sorel einen Nationalsyndikalismus auf berufsst�ndischer, staats - und eigentumsbejahender Grundlage. In dem Buch mit dem demagogischen Titel "bis alles in Scherben f�llt - Die Geschichte des Faschismus" (Bertelsmann 1973) schreibt Otto-Ernst Sch�ddekopf die folgenden interessanten Zeilen:
"Andere faschistische Bewegungen in Europa aber nahmen den Sozialismus durchaus ernst, so da� in der Typologie auch von 'Linksfaschismus' gesprochen wird. Die franz�sischen Faschisten Marcel Deat, Eugene Deloncle, Jaques Doriot und Valois kamen vom Sozialismus und waren bestrebt, ihn in einer nationalen Form zu realisieren. Auch im Faschismus Mosleys war die sozialistische Komponente durchaus ernst zu nehmen. Seine an Keynes orientieren wirtschaftspolitischen Auffassungen hatte er in der Labour-Party und sogar in der linksgerichteten Independent Labour Party entwickelt. Es ging ihm in erster Linie um die �berwindung der Abeitslosigkeit und die Schaffung gesunder wirtschaftlicher Verh�ltnisse. Auch Drieu La Rochelle, der mit sp�ter f�hrenden Kommunisten befreundet war und f�r Doriot schrieb, zeigte noch Anfang 1945 kurz vor seinem Tod nationalbolschewistische Tendenzen. Die ungarischen Pfeilkreuzler forderten eine radikale Bodenreform mit Abschaffung des Gro�grundbesitzes." So wie der Begr�nder des Faschismus, Benito Mussolini, ein f�hrender Mann des italienischen Marxismus war, so gilt dies auch f�r viele europ�ische Faschistenf�hrer, die teilweise sogar aus der Kommunistischen Partei kamen. In den Augen der konservativen Reaktion waren diese sozialnationalen Kr�fte "schwarze" "braune" bzw. "gr�ne Bolschewisten" entsprechend der Farbe ihrer jeweiligen italienischen, deutschen bzw. ungarischen Parteihemden. Ein wesentlicher Grund f�r die Niederlage Deutschlands im Zweiten Weltkrieg war die mangelhafte Unterst�tzung dieser national - und sozialrevolution�ren Bewegungen in Europa. Stattdessen buhlte das Dritte Reich um die Gunst reaktion�rer Milit�rcliquen (Antonescu, Franco, Mannerheim, Horthy, Petain), die insgeheim mit den Westalliierten im Bunde standen bzw. unentschlossen zwischen den Kriegsparteien hin - und herschwankten. Gleiches gilt auch f�r Mussolini, der erst nach dem Verrat der Badoglio-Clique in der Italienischen Sozialrepublik (R.S.I.) zu seinen sozialistischen Urspr�ngen zur�ckkehrte und den vollst�ndigen Bruch mit der Reaktion vollzog. "Rechte Leute von Links" finden sich nat�rlich auch im Kommunistischen Lager. Solange es den Kommunismus gibt, tobte in seinen Reihen ein heftiger Kampf zwischen Nationalisten und Internationalisten. Mal siegte die eine, mal die andere Seite. Damit zeigt der Kommunismus ein �hnlich widerspr�chliches Gesicht wie der zwischen Revolution und Reaktion hin - und herschwankende europ�ische Nationalismus der Zwischenkriegs - und Kriegsperiode.
Entsprechend seiner marxistischen Taufurkunde war der Kommunismus eine grunds�tzlich internationalistische Bewegung. In dem Buch "Rot-Braun" (Hoffmann und Campe 1999) beschreibt der Verfasser Thierry Wolton den Einflu� des englischen Liberalismus auf Karl Marx. Dieser sei nachhaltig vom Internationalismus der Freihandelslehre gepr�gt worden. Seine Schlu�folgerung: "Kurzum, da der Kapitalist kein Vaterland kennt, mu� das Gleiche f�r den Proletarier am anderen Ende des gesellschaftlichen Kontinuums gelten." (S. 213). Auf der gleichen Seite findet sich der Hinweis da� die j�dische Herkunft von Marx ein Motiv bei seiner Entscheidung gegen das nationale Denken gehabt hat. "Sein Wanderleben und das internationale Milieu, in dem er sich entwickelte, mussten ihn einfach in der Gewi�heit best�rken, da� die Nation von nebens�chlicher Bedeutung sei." �hnliches gilt auch f�r den nationalen Nihilismus vieler j�discher Revolution�re. Das gleiche Buch verweist auch auf Seite 141 auf Lenins j�dische Herkunft, um sp�ter dann seine Haltung zur nationalen Frage als opportunistisch und rein taktisch zu erkl�ren. Er sah in der Nation lediglich ein Mittel zur Aufl�sung des Zarenreiches und eine Etappe auf dem Wege zur proletarischen Weltrepublik. Mit dem Erscheinen Stalins kommt zum erstenmal ein nationalkommunistischer Ansatz zur welthistorischen Entfaltung. Seine ersten Ma�nahmen bestehen in der Vernichtung der Internationalisten (Trotzki- Kamenew-Sinowjew-Clique) und der Verk�ndigung des fast nationalsozialistischen Grundsatzes vom "Sozialismus in einem Land". Bereits in seiner Schrift "Der Marxismus und die nationale Frage" aus dem Jahre 1913 schrieb Stalin: "Die Nation ist eine menschliche Gemeinschaft, die historischen Ursprungs ist und sich auf eine Gemeinsamkeit der Sprache, des Gebiets, des wirtschaftlichen Lebens und der psychischen Eigenschaften gr�ndet, die in einer Kulturgemeinschaft zum Ausdruck kommen." Auch nach Zerschlagung der Trotzki-Clique verf�gten die nichtrussischen Internationalisten �ber starke Machtpositionen in Partei (Kaganowitsch-Sippe), Politische Hauptverwaltung der Roten Armee (u.a.Mechlis) und der GPU (u.a. Jagoda). Intensive Kontakte zu den herrschenden Kreisen des US-Imperialismus pflegte der Sowjetau�enminister und sp�tere Botschafter der UdSSR in Washington Maxim Litwinow (korrekt: Wallach-Finkelstein), der zusammen mit dem "Franzosen" Leon Blum und dem "US-Amerikaner" Morgenthau eine aggressive antideutsche Einkreisungspolitik betrieb. Er galt als scharfer Gegner des deutsch-russischen Nichtangriffspaktes. In dem Buch des russischen Nationalisten und KGB-Opfers Anatoli M, Iwanow "Logik des Alptraums" (Verlag der Feunde, Berlin 1995) stehen folgende interessante Hinweise zum Nationalisierungsproze� innerhalb des Bolschewismus: "Es sei daran erinnert da� Trotzki Stalin 1930 des 'nationalen Sozialismus' bezichtigte. J. Schnurre, Beamter im deutschen Au�enministerium, machte in seinem Memorandum vom 27. Juli 1939 seine Chefs darauf aufmerksam, da� die Verschmelzung des Bolschewismus mit der nationalen Geschichte Ru�lands, die sich in der Verherrlichung gro�er Russen und Heldentaten ...zeige, den internationalen Charakter des Bolschewismus ver�ndert h�tten. Auch Graf Ciano, italienischer Au�enminister und Schwiegersohn Mussolinis, vermerkte, die Sowjetunion habe mit dem Internationalismus gebrochen und sei zu einer Art 'slawischem Faschismus' gelangt. Tats�chlich nahm der Sozialismus in der Sowjetunion gegen Ende der 30er Jahre �u�erlich deutliche Z�ge des Nationalsozialismus an..." Den deutsch-sowjetischen Nichtangriffspakt vom 23.August 1939 bezeichnet Iwanow als "ein B�ndnis zweier Nationalsozialismen". Unabh�ngig von dieser Einsch�tzung w�re der deutsch-sowjetische Pakt mit Sicherheit die entscheidende Grundlage f�r eine enorme Aufw�rtsentwicklung beider V�lker geworden. Unter der sozialistischen Anleitung beider F�hrungsm�chte h�tte sich der eurasische Raum zu einem gewaltigen und prosperierenden Bollwerk gegen den US-Kapitalismus und seine isolierten europ�ischen Satrapen England und Frankreich entwickelt. Dieser Nichtangriffspakt stand in der Tradition eines guten deutsch-russischen Einvernehmens von Tauroggen 1812 (deutsch-russisches B�ndnis gegen Napoleon) und Rapallo 1922 (gegenseitiger Verzicht auf Reparationen). Im Zuge des deutsch-sowjetischen Paktes entwickelte sich auch ein lebhafter Warenaustausch, der England und Frankreich zur Planung von Luftangriffen auf die sowjetischen Erd�lfelder des Kaukasus (Baku) veranlasste. Da� die USA ebenfalls nicht unt�tig waren, um diesen Pakt mithilfe ihrer internationalistischen Helfer innerhalb der Sowjetunion selbst zu Fall zu bringen liegt klar auf der Hand. Wie gro� aber mu� erst der Druck des Wei�en Hauses auf jenes Land gewesen sein, da� mit dem "Erzschurken" Hitler und mit dem F�hrer eines "Gangsterstaates" ein Freundschafts - und Wirtschaftsabkommen abgeschlossen hatte. Diese Fakten bed�rfen keines Beweises, weil sie der geschichtlichen Logik jener Jahre entsprechen. Stalin selbst war gepr�gt von der Niederlage Ru�lands im 1. Weltkrieg gegen Deutschland.
Noch w�hrend der Gespr�che im November 1940 in Berlin bem�hte sich Hitler, Molotow davon zu �berzeugen, da� die zwei gr��ten V�lker Europas mehr erreichen w�rden, wenn sie zusammenhielten, als wenn sie gegeneinander wirkten. Je mehr Deutschland und Ru�land, R�cken an R�cken stehend, im Kampf gegen die Au�enwelt vorank�men, desto gr��ere Erfolge h�tten sie in Zukunft, und diese Erfolge w�rden geringer ausfallen, wenn beiden L�nder gegeneinander st�nden (s. Iwanow S. 214). Wir alle kennen den tragischen Ausgang eines hoffnungsvollen Beginns. Im Zeichen von Antifaschismus und Antikommunismus schlugen sich Deutsche und Russen die schlimmsten Wunden. In jenen Jahren, da der Lebensraum zweier V�lker in Schutt und Asche versank, zerbrach in den USA nicht eine Fensterscheibe durch kriegerische Einwirkung. In welchem Ausma� die sowjetische Besatzungspolitik in Deutschland den Interessen des deutschen und russischen Volkes schadete und dem US-Imperialismus diente, wurde bereits beschrieben und braucht hier nicht noch einmal wiederholt zu werden. Erw�hnen m�ssen wir aber in jedem Falle, da� es deutsche Kommunisten gab, die sich dieser verh�ngnisvollen Fehlentwicklung entgegenstemmten. So z.B. Anton Ackermann, der als Chefideologe der SED Anfang der F�nfziger Jahre das Konzept von "besonderen deutschen Weg zum Sozialismus" verk�ndete. Ackermann geh�rte zum sog. "Zaisser-Herrnstadt-Fl�gel". Diese oppositionelle Gruppe wollte aus der SED eine "Partei des Volkes" machen, d.h. sie sollte ihre proletarische Basis um andere Klassen und Schichten verbreitern und auch deren berechtigte Interessen vertreten. Gr��ere Zugest�ndnisse sollten an den Mittelstand gemacht werden. Auf eine Kollektivierung der Landwirtschaft sollte verzichtet werden. Der Kampf Stalins gegen den Zionismus ("wurzelloses Kosmopolitentum") fand auch in der DDR seinen Niederschlag in der Ausschaltung j�discher Westemigranten wie z.B. Paul Merker, dem Kontakte mit dem US-Agenten Noel Field vorgeworfen wurden. Jahrelang weigerte sich die DDR, Wiedergutmachung an "j�dische Kapitalisten" zu leisten. Da sich die DDR als .antifaschistischer Staat empfand, ersparte sie den Mitteldeutschen ein �berma� an antinationaler Selbstkasteiung. Trotz eines hohen Anteil an j�dischen Parteifunktion�ren wurde die Politik Israels durchaus kritisch gesehen. Delegationen der Pal�stinensischen Befreiungsbewegung waren h�ufige G�ste der DDR.
W�hrend ein ungedienter Greis und Feind preu�isch-deutscher Milit�rtraditionen die Remilitarisierung der westdeutschen Jugend im Auftrage des US-Imperialismus betrieb, bem�hten sich ehemalige hohe F�hrer der Hitlerjugend mit dem Zentralrat der FDJ um gemeinsame Gespr�che. Vordringlich ging es um die Vermeidung eines deutschen Bruderkrieges sowie Fragen der Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Sports, der Kultur, des Jugendverkehrs Ost-West, der Wirtschaft und Berufsausbildung. Es wurden auch Gespr�che mit Erich Honecker gef�hrt. Dessen sp�tere Ehefrau, Margot Feist, k�mmerte sich um die Betreuung der Delegationsteilnehmer. N�here Angaben zu dieser Aktion "Deutsche an einen Tisch" finden sich in den Lebenserinnerungen des ehemaligen Reichsjugendf�hrers des Gro�deutschen Reiches, Arthur Axmann mit dem Titel "Das kann doch nicht das Ende sein" auf Seite 532 ff. Die Spalterpolitik der Westm�chte bedeutete dann auch das Ende aller sowjetischen Versuche, das SED-Regime zugunsten einer blockfreien Deutschlandl�sung zur Disposition zu stellen, um auf diese Weise eine westdeutsch-us-amerikanische Machtkombination zu verhindern und von einer gesamtdeutschen Wirtschaft zu profitieren. Die Folgen der Adenauer-Politik mu�ten die Mitteldeutschen dann 40 Jahre ertragen, indem die Fr�chte ihrer Arbeit in hohem Ma�e von der sowjetischen Zentrale gepfl�ckt wurden. Aus Protest gegen die zunehmende Auspl�nderung der DDR nahm sich 1965 der h�chste Wirtschaftsfunktion�r der DDR, Erich Apel, das Leben. Apel z�hlte zu den SED-Funktionstr�gern, die einen eigenen deutschen Weg zum Sozialismus anstrebten. Erfolgreicher dagegen war der Weg nationalkommunistischer Bewegungen in Asien (China, Korea, Vietnam). Sie waren als sozialistisch-kommunistische Klassenparteien zugleich aber auch antikoloniale Befreiungsbewegungen ihrer jeweiligen V�lker. Ihr erfolgreicher nationaler Freiheitskampf richtete sich nach der Niederlage der Japaner gegen die alten europ�ischen Kolonialm�chte, die nach dem 2. Weltkrieg ihre alten imperialistischen Positionen in Asien wieder einnehmen wollten. Nat�rlich darf man nicht �bersehen, da� die USA die Niederlage ihrer europ�ischen Konkurrenten in Asien durch die Kommunisten begr��ten und zu diesem Zwecke auch bereit waren, den roten Vormarsch in Asien zu tolerieren. In Vietnam bewies der asiatische Nationalkommunismus, da� er auch in der Lage war, den USA eine empfindliche Niederlage zu bereiten. Eine hochtechnisierte Milit�rmacht verwandelte ein ganzes Land in eine einzige Gaskammer ("agent orange") und mu�te trotzdem dem Mut und der Z�higkeit hochmotivierter Dschungelkrieger weichen. Auch die Moskauer Zentrale hatte ihre liebe Not mit den nationalkommunistischen Genossen aus Asien, die sich allen internationalen Paktstrukturen (Warschauer Pakt, Comecon) verweigerten. Am Ende des 20. Jahrhunderts m�ssen wir feststellen, da� der Nationalisierungsprozess des Kommunismus in allen Teilen der Erde gescheitert ist. Das Ergebnis ist entweder der v�llige Zusammenbruch (Ru�land, Osteuropa) oder die schrittweise kapitalistische Zersetzung wie in Asien. Insbesondere die "Liberalisierungs-Politik" der chinesischen Kommunisten macht das Riesenland zu einer Beute ausl�ndischer Kapitalisten. Im Rahmen der Welthandelsorganisation (WTO) mu� sich China dem ausl�ndischen Kapital �ffnen. Massenhafte Agrareinfuhren ruinieren die chinesischen Bauern. China verhilft mit seinen Billigprodukten den multinationalen Konzernen zu Riesenprofiten zulasten der Hochlohnl�nder. Millionen Wanderarbeiter durchziehen heute als wurzellose wirtschaftliche Verschiebemasse das Land. In Sonderwirtschaftszonen erzielt das internationale Kapital auf steuerfreie Weise Maximalprofite. Chinas Gro�st�dte gleichen immer mehr einem chaotischen und amerikanisierten Mega-Chicago. An die Stelle der Roten Fahne tritt die rote Cola-Reklame. Der kapitalistische Kurs der chinesischen Kommunisten wird von Kritikern als "Mc-Maoismus" verspottet.
Wo liegen die Ursachen f�r das Scheitern eines nationalen Weges zum Sozialismus in den kommunistischen L�ndern? Er ist nicht gescheitert, weil er unm�glich ist sondern weil er von Anfang an auf den Widerstand internationalistischer und dogmatischer Parteikreise stie�. Sie waren nicht bereit, das proletarische Massen - und Klassendenken zugunsten einer volksgemeinschaftlichen Perspektive zu �berwinden. Nur mithilfe einer solchen Umorientierung w�re es m�glich gewesen, alle �brigen schaffenden Schichten des Volkes (selbst�ndiges Bauerntum, Mittelstand, schaffendes Kapital) auf sch�pferische Weise in den Aufbau des Sozialismus miteinzubeziehen. In gleicher Weise l�hmte auch der imperialistische moskaufixierte Zentralismus die nationalen Energien und F�higkeiten der kommunistisch beherrschten V�lker Europas. Unter dieser Vormundschaft litt insbesondere die Kreativit�t der Deutschen in der DDR, die sogar am Aufbau einer eigenen Flugzeugindustrie durch Moskau gehindert wurden. Die Ersetzung des Privatkapitalismus durch einen alles l�hmenden Parteikapitalismus behinderte viele sch�pferische und unternehmerische Kr�fte im Volke. Dieser Parteikapitalismus war nicht in der Lage, �ber seinen roten Schatten zu springen, um die Stupidit�t einer eigentums - und verantwortungslosen Massengesellschaft durch die Kreativit�t einer gegliederten Volksgemeinschaft zu ersetzen. Anstatt das Steuer herumzurei�en und alle nationalen Energien in den V�lkern zum Aufbau eines wahren Volkssozialismus aller produktiv Schaffenden zu mobilisieren, sahen die f�hrenden Parteifunktion�re angesichts der angerichteten wirtschaftlichen Katastrophe und des Drucks von unten nur noch die M�glichkeit einer Rettung ihrer Regime durch ausl�ndische Kapitalinvestitionen. Das Betteln um fremde "Hilfe" war nat�rlich einfacher als die Reorganisierung vernachl�ssigter bzw. vernichteter nationaler Wirtschafts - und Sozialstrukturen im b�uerlichen und mittelst�ndischen Bereich. Der Zusammenbruch des Kommunismus erfolgte 50 Jahre nach seinem von den USA finanzierten Sieg �ber den deutschen Nationalsozialismus. Im Gegensatz zum internationalen Sozialismus ist der nationale Sozialismus nicht von innen verfault sondern von au�en zerst�rt worden. Dennoch mu� auch dem Dritten Reich ein hohes Ma� eigener Schuld an der Niederlage vorgeworfen werden. Der Sabotage internationaler Kreise bei der Nationalisierung des Sozialismus im Kommunismus entsprach die Sabotage reaktion�rer Kreise innerhalb des Nationalsozialismus bei der Sozialisierung des Nationalismus. Dies bedeutete die fortw�hrende Existenz einer mit den Westm�chten lieb�ugelnden Milit�r - und Wirtschaftsopposition, die mangelhafte Unterst�tzung national - und sozialrevolution�rer Bewegungen in Europa, das Schwanken zwischen einer englandfreundlichen West - und einer prorussischen Ostorientierung. Das Buhlen um die Gunst Englands f�hrte zur strategischen Katastrophe von D�nkirchen. Die ungekl�rte Haltung zu Ru�land f�hrte zu einer widerspr�chlichen Besatzungspolitik mit teilweise kolonialistischen Ausw�chsen. Dies beg�nstigte die kommunistische Partisanenbewegung und verlieh Stalin den Nimbus des F�hrers im "Gro�en Vaterl�ndischen Krieg". Hauptnutznie�er des Zusammenbruchs zweier sozialistischer Systeme im eurasischen Raum ist das internationale Kapital und sein us-imperialistischer Golem. W�hrend in Deutschland Sozialstaat und Staatsbetriebe demontiert werden, versinkt Ru�land und der ehemalige Ostblock im Sumpf von Drogensucht, Aids und einer w�sten kapitalistischen Gesch�ftemacherei. Armut und Not breiten sich �berall in Europa schlagartig aus. Soziale Sicherheit wird von den kapitalistischen Propagandisten als "W�rmestube" verh�hnt Sie praktizieren daf�r soziale K�lte und eine brutale Ellbogengesellschaft, die weder W�rme noch Geborgenheit kennt.
Rechte und linke Antikapitalisten geh�ren somit in der Tat zu den "Verlierern der Weltgeschichte". Allerdings enth�lt jede Niederlage in sich die Chance eines Sieges sowie auch jeder Sieg das Risiko einer Niederlage enth�lt. Kein Sieg w�hrt ewig und kein Baum w�chst in den Himmel. Dies gilt vor allem erst recht f�r ein wurzelloses System wie den Kapitalismus. Nat�rlich ist das Beschw�ren von Endzeitvisionen kein Ersatz f�r eine sinnvolle Politik. Hinweise f�r eine erfolgreiche antikapitalistische Strategie liefern uns die Gegner selbst mit ihren hysterischen Warnungen vor einem "rot-braunen" B�ndnis von "Extremisten beider Lager". In Anlehnung an die einleitenden Worte des "Kommunistischen Manifests" l��t sich heute mit Fug und Recht behaupten: "Ein Gespenst geht um in Europa - das Gespenst des Sozialnationalismus. Alle M�chte der westlichen "Werteordnung" haben sich gegen dieses Gespenst verb�ndet, Konzerne und Gewerkschaften, liberale Konservative und demokratische Sozialisten, CIA und Verfassungsschutz." Bereits 1944 warnte Friedrich August v. Hayek, ein unerm�dlicher Einpeitscher des kapitalistischen Individualismus, in seiner polemischen Schrift "Der Weg zur Knechtschaft" vor Nationalismus und Sozialismus als den beiden gef�hrlichsten Feinden der Zivilisation (wie Hayek den Kapitalismus umschreibt). Ohne sich jetzt auf Einzelheiten dieser kaum differenzierenden Totalitarismus-Theorie einzulassen, mu� festgestellt werden, da� sie auf einer fundamentalen L�ge beruht, wenn sie den Kapitalismus mit der Freiheit des Einzelnen gleichsetzt. Die kapitalistische Freiheit ist eine Dschungelfreiheit d.h. der wirtschaftlich St�rkste fri�t den wirtschaftlich Schw�chsten. Die Willk�r des Marktes und der ihn beherrschenden Geldtyrannen bestimmt und begrenzt den pers�nlichen Spielraum und die Selbstentfaltungsm�glichkeiten des Einzelnen bis zur Nullgrenze. Im Kapitalismus herrscht der Totalitarismus des Marktes und die Willk�rherrschaft der Marktmachthaber. Gegen�ber dieser kapitalistischen Wild-West-Freiheit bleibt die Idee der sozialen Gemeinschaft das wichtigste Bollwerk, um den Einzelnen vor der Knechtschaft des Kapitals zu bewahren. Nur die soziale Gemeinschaft gibt dem Einzelnen Halt, Geborgenheit und Selbstverwirklichungsm�glichkeiten. Denken wir nur an die Bildungspolitik, die in einem sozialistischen System allen die gleichen Chancen einr�umt ohne R�cksicht auf Herkunft und Geldbeutel. Denken wir weiter an die F�lle von sozialen Gemeinschaftsaufgaben, deren Bew�ltigung vielen Menschen Selbstwertgef�hl und Lebenssinn verleiht. Mit dem scheinbaren Endsieg des internationalen Kapitalismus und der globalen Machtergreifung einer gr��enwahnsinnigen internationalen Geldoligarchie wird sich �berall in der Welt die nationale und soziale Frage mit voller und nie gekannter Entschiedenheit stellen. Der nationale Zorn �ber die Fremdherrschaft ferner internationaler Konzernzentralen wird sich verbinden mit der sozialen Emp�rung der V�lker �ber den dadurch ausgel�sten wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und kulturellen Niedergang. Dann ist die Stunde gekommen, in der sich alle Kr�fte solidarisieren und vereinigen m�ssen, die den Antikapitalismus sowohl im rechten als auch im linken Lager immer als ein ernsthaftes Anliegen betrachtet haben. In Umrissen ist heute bereits schon eine antikapitalistische Aktionseinheit rechter und linker Kr�fte sichtbar: In den "Antifaschistischen Nachrichten" (4/99) werden in einem von Jean Cremet verfassten Artikel "APO-Veteranen auf dem Eilmarsch nach rechtsau�en" interessante Namen genannt: Horst Mahler G�nter Maschke, Reinhold Oberlercher usw. Es seien gerade die Alt-68er und fr�heren Kader des SDS, die die Theoriedebatte der extremen Rechten vorantreiben. Diese "rechten Leute von links" haben in der Tat durch ihren Kampf gegen die multikriminelle Massengesellschaft und die Amerikanisierung unseres Lebens die antikapitalistischen, antiimperialistischen und sozialistischen Wurzeln des Nationalismus wieder freigelegt. Als Linke haben sie bewu�t einen Schlu�strich gezogen zur Antifa-Linken, die im Interesse des US-Imperialismus die eigene Nation beschmutzt. In gleicher Weise haben sie aber auch einer neoliberalen "Rechten" die antikapitalistischen Leviten gelesen. Im Zuge dieser Entwicklung hat sich auf der rechten Seite des politischen Spektrums die einst liberal-konservative Thadden-NPD in eine national - und sozialrevolution�re Kraft einer antikapitalistisch gesinnten Jugend verwandelt. Mit ihren gro�en Volksaufm�rschen bildet sie heute die Speerspitze des nationalen und sozialen Widerstandes gegen die kapitalistische Globalisierung in Deutschland. Sie bietet auch heimatlosen Linken eine Heimstatt, die das kapitalistische �berl�ufertum von SPD, Gr�nen und PDS aus Treue zu ihren alten Idealen verurteilen und bek�mpfen. Mit dieser bewu�t antikapitalistischen Positionierung hat die NPD das herrschende System gezwungen, die demokratische Maske fallen zu lassen, um zur Verbotskeule zu greifen. Gleichlaufend mit der Unterdr�ckung rechter Protestbewegungen erfolgt die Integration der Kommunisten in das kapitalistische Parteiensystem mit der Aufgabe, das soziale Protestpotential den Rechten zu entziehen und systemkonform "einzubinden". Diese Taktik wird umso n�tiger, je mehr die Emp�rung der Deutschen �ber Ausl�nderinvasion, Abbau des Sozialstaates, Verschleuderung des Volkseigentums und Demolierung des Rentensystems um sich greift. Ob und inwieweit die PDS dieser Rolle gewachsen sein wird, ohne selbst dem Rechtsruck zu erliegen, ist heute bereits zu einer sehr interessanten Fragestellung geworden. Ende 2000 erfolgte in der PDS ein bemerkenswerter F�hrungswechsel. An die Stelle der radikal-antinationalen Gysi-Bisky Brie-Clique wurde Gabriele Zimmer zur neuen Vorsitzenden gew�hlt, die ungewohnte patriotische T�ne anschlug. Dies l�ste bei den vorerst abgehalfterten Internationalisten scharfe Kritik aus. In ihrer Arbeit kann sich die neue Vorsitzende auf eine breite Mitgliederbasis und einen "Mittelbau" st�tzen, der im wesentlichen noch "DDR-patriotisch" gepr�gt ist. F�r die meisten dieser Mitglieder ist das Wort "Vaterland" kein Unwort, �ber das man die Nase r�mpft, wie es linke Weltb�rger im Westen Deutschlands gerne tun. Die DDR wurde �brigens nie in dem Ausma�e russifiziert wie die BRD amerikanisiert. Nicht wenige deutsche Kommunisten empfanden der sowjetischen F�hrungsmacht gegen�ber ein gewisses nationales �berlegenheitsgef�hl. Nicht umsonst bremste der Gro�e Bruder in Moskau die Aktivit�t des kleinen Bruders in Berlin, um das Hochkommen einer zweiten F�hrungsmacht im Ostblock zu verhindern. Moskau kannte und f�rchtete nur zu gut die deutschen Tugenden wie Sauberkeit, Ordnung und Disziplin. Sie waren f�r die DDR B�rger keine "Sekund�rtugenden" wie f�r den SPD-Kanzlerkandidaten und kleinen "Saar-Napoleon" Oskar Lafontaine, sondern wichtige Elemente einer "sozialistischen Menschengemeinschaft". Ausl�nder erhielten in DDR Ausbildungsm�glichkeiten aber kein Bleiberecht mit dem Recht auf Familiennachzug und Sozialhilfe. Mochte auch manche Bevorzugung der Ausl�nder (Zuweisung von Neubauwohnungen!) Unmut bei den einheimischen Deutschen erzeugen, Zust�nde wie in der ausl�nder�berschwemmten BRD waren in der DDR undenkbar. Von daher ist auch den heutigen PDS-Mitgliedern die Wahnidee einer multikulturellen Gesellschaft nicht zu vermitteln. Sollte die PDS in dieser Frage sich weiterhin internationalistisch positionieren, k�nnen sich mindestens 19% der PDS-Anh�nger vorstellen, eine rechte Partei zu w�hlen. Wenn die PDS einer ungebremsten Zuwanderung allzu laut das Wort redet, k�nnte dies die Partei vor eine Zerrei�probe stellen (siehe auch S�ddeutsche Zeitung 22.11.2000 S.5). Der vielgepriesene "proletarische Internationalismus" blieb in der DDR drau�en vor der T�r der eigenen Datsche. Stattdessen erfolgte eine Pflege nationaler Traditionen auf dem Gebiete der Kultur, der Geschichte (Gro�er Deutscher Bauernkrieg, Freiheitskrieg gegen Napoleon, Wiederaufstellung des Denkmals Friedrichs des Gro�en Unter den Linden) und des Milit�rwesens (Uniformen und Milit�rparaden im Stile der fr�heren Wehrmacht). Die DDR wirkte insgesamt deutscher als die mac-donaldisierte BRD. H�tte die DDR den Mut zu einem "Preu�ischen Sozialismus" gehabt, w�re sie in der Tat zu einer gef�hrlichen Alternativordnung zum westdeutschen Ausbeuter - und Drogenparadies geworden. So aber hatte sie in ihrem heruntergewirt- schafteten Zustand dem Talmiglanz der westlichen Konsumwelt keine �berzeugende Alternative entgegenzusetzen. Der real-degenerierende Kapitalismus hat jedoch in Mitteldeutschland vielen die Augen ge�ffnet. Das Positive von gestern und das Negative von heute f�hrt auch und gerade in den Kreisen der SED-Nachfolgepartei PDS (der Gysi �brigens den Namen "Einheit und "Deutschland" mopste) zu einer brisanten Protesthaltung aus Nationalismus und Antikapitalismus. Aber auch dar�ber hinaus zeigen insbesondere die Mitteldeutschen im Gegensatz zu den Westdeutschen vielfach wieder jene Zivilcourage im Kampf gegen �berfremdung und andere westliche Zumutungen, die sie einst beim Ansturm auf die Mauer am 9. November 1989 bewiesen. Damit verbunden ist die Idee einer sozialen Volksgemeinschaft, die der Willk�r einer internationalen Geldoligarchie nationale Grenzen setzt, die Eigentumskonzentration durch breite Eigentumsstreuung �berwindet und den Geist der Volkssolidarit�t �ber den Ungeist der Ellbogengesellschaft zum Siege verhilft. Wer nicht zur�ck will ins liberale Neandertal, der mu� als Linker und Rechter gemeinsam den Weg zu einer gemeinschaftsverpflichteten Sozialistischen Nation beschreiten. Tony Cliff
Lenin 1
|
�Gute Streiks� ? |
�B�se Streiks� ? | |
Juni 1953: Wenn�s nach dem bundesdeutschen Chefhistoriker Guido Knopp geht, fand da die erste deutsche Revolution statt, was Lenin L�gen strafen w�rde, da der doch tats�chlich mal behauptete, die Deutschen w�rden zuerst eine Bahnsteigkarte l�sen, bevor sie Revolution machten (ZDF, 1.6.03). Da sich der so genannte Volksaufstand des 17. Juni aber weniger auf Bahnsteigen abspielte, beh�lt Lenin vielleicht doch recht. Begonnen hat das, was Knopp �Revolution� nennt und so super findet, mit Streiks in Betrieben gegen Normenerh�hung. Scharfe Einschnitte in die Versorgungslage der Bev�lkerung ohne ausreichende Diskussion, hatten gro�en Unmut hervorgerufen. Westberlin und Westdeutschland nutzten die Gunst der Stunde und mischten sich v�lkerrechtswidrig in diese inneren Auseinandersetzungen ein, um das von Anfang an verfolgte Ziel der Einverleibung der DDR zu erreichen. Die Medien heizten die Stimmung gewaltig an und viele Westberliner und BRD-B�rger randalierten kr�ftig mit. So mussten schlie�lich (acht Jahre nachdem sie das deutsche Volk vom Hitlerfaschismus befreit hatten) sowjetische Panzer verhindern, dass der Versuch, auf deutschem Boden den Sozialismus aufzubauen, schon im Keim erstickt wurde. Dies brachte uns 36 Jahre mehr an Erfahrung und die l�ngste Friedensperiode imperialistischer Zeiten! Dass dieser Versuch schlie�lich doch noch scheiterte und uns 1990 einholte, was uns 1953 noch erspart geblieben war, erleben wir tagt�glich mit Bildungsk�rzungen, fehlenden Lehrstellen, Arbeitslosigkeit, Sozialabbau und massiver Aufr�stung zur Kriegsvorbereitung. Lasst uns die gro�deutsche Katastrophe diesmal rechtzeitig verhindern! |
Juni 2003: Die IG Metall ruft ihre Besch�ftigten in den ostdeutschen Betrieben zum Streik auf f�r die 35-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich, die im �Westen� lange tariflich umgesetzt ist. Ein Aufheulen geht durch die Medien. Laurenz Mayer (CDU) meinte bei Sabine Christiansen, dass die ostdeutschen IGM-Funktion�re �v�llig irre� geworden seien und den �letzten Standortvorteil� Ostdeutschlands vernichten wollen (1.6.03). Aber was hat uns dieser Standortvorteil gebracht? Massenarbeitslosigkeit oder 3 Euro fuffzich die Stunde? Dieser Streik ist also absolut b�se, soll uns zumindest verklickert werden. Da hat Angela Merkel (auch CDU) eine Super-Idee, denn sie sieht schon ein, dass Gerechtigkeit vonn�ten ist: Nicht die ostdeutschen Metaller sollen 35 Stunden arbeiten, sondern die westdeutschen wieder 38 Stunden wie ihre Kollegen aus dem �Osten�. Die FDJ hatte ihren Mitgliedern also doch ein bisschen Marx beigebracht, und Ex-FDJlerin Angela hat brav aufgepasst und gelernt, dass die Kapitalisten zur Steigerung ihres Profits t�glich m�glichst lange ausbeuten m�ssen. Wenn sich die IGM durchsetzte, w�rden dem Kapital, das Frau Merkel ja nun vertritt, doch jeden Tag 36 Minuten geklaut. Bei Merkels Vorschlag kriegte es 36 Minuten geschenkt, und das bei einer h�heren Zahl Erwerbst�tiger im Westen als im Osten! Weiter so, Angela! Da gab�s k�rzlich noch einen Streik, der war offenbar sogar so schlimm, dass man ihn lieber gleich tot schwieg: Im April streikten 4000 Schweinfurter Arbeiter gegen den Sozialraub Na, wenn das Beispiel Schule machte! | |
Lieber sozialistische Experimente als gro�deutsche Katastrophen! |
download des Flugblatts als PDF
An die streikenden Metaller im Bezirk Berlin/Brandenburg-Sachsen
Solidarit�t mit eurem Kampf!
download als PDF |
"Bodo Finger, du verbaust uns die Zukunft, wir deine T�r" war das Motto der s�chsischen IGM-Jugend, als sie am 5. Juni den Eingang der Chemnitzer Zahnradfabrik GmbH zumauerten. Der VSME hatte zum 1.5. den Fl�chentarif gek�ndigt, und damit die �bernahmegarantie ausgehebelt. Eine gute Aktion, denn andere Sprache scheinen sie nicht zu verstehen, die Herren von den Unternehmerverb�nden. Der Kampf, den ihr mit eurem Streik f�hrt, der ist auch f�r uns! Die Arbeitslosenzahlen erreichen mal wieder Rekordzahlen, es sind die h�chsten Maizahlen seit der so genannten "Wiedervereinigung". Blo� was ist wiedervereinigt, wenn im Osten immer noch l�nger gearbeitet werden muss als im Westen? Und dass l�ngere Arbeitszeiten Arbeitspl�tze sichern w�rden, geh�rt zu den Ammenm�rchen, mit denen sie uns seit 13 Jahren einlullen wollen. Und was ist wiedervereinigt, wenn die Arbeitslosenquote im Osten bei 18,6% liegt und im Westen bei 8,2%? Wir buckeln l�nger und f�r weniger Geld und als Dank sinkt nicht die Arbeitslosigkeit, sondern der Arbeitslose in die Sozialhilfe. Und im Angesicht von schon rein rechnerisch 170.000 fehlenden Lehrstellen meint Frau Bulmahn, dass Jugendliche, die sich "unbedingt auf eine bestimmte Ausbildung" versteifen, auch kein Recht auf Sozialhilfe h�tten. Wo bleibt denn ihr tolles Grundgesetz, nach dem man ein Recht auf freie Berufswahl hat und auf Freiz�gigkeit (schlie�t auch ein, dass man zu Hause im Osten bleiben darf, wo man aufgewachsen ist)? So hatten wir uns das nicht vorgestellt, und wenn die Unternehmerverb�nde und deren Regierung mauert - wir k�nnen das auch! Viel Erfolg f�r eueren weiteren Kampf bis zum Sieg! Mit solidarischen Gr��en |